Partials 1 – Aufbruch
für
möglich gehalten hätte, doch sie durfte nicht aufgeben. Sie wollen Samm töten,
dachte sie. Sie biss die Zähne zusammen und ging weiter, überwand sich, die
nächste und die übernächste und die folgende Stufe hochzusteigen. Absatz um
Absatz, Stockwerk um Stockwerk. Als sie die dritte Etage erreicht hatte,
stürzte sie auf die Fliesen und kroch weiter, bis ihr ein Soldat, der den
Konferenzraum bewachte, zu Hilfe eilte. Der Wächter, der auch beim letzten
Treffen vor der Tür gestanden hatte, erkannte sie. Kira schickte ein stummes
Dankgebet zum Himmel. Hoffentlich hatte ihm niemand gesagt, dass sie dieses Mal
nicht an der Konferenz teilnehmen durfte. Aber warum hätte man das tun sollen?
Eigentlich war sie ja bettlägerig.
»Alles klar?« Er half ihr beim Aufstehen. »Ich wusste gar nicht,
dass Sie auch kommen.«
Danke, flüsterte sie im Stillen. Sie rappelte sich auf und hielt
sich mit einer Hand an dem Soldaten und mit der anderen an dem Infusionsständer
fest. »Das will ich doch nicht verpassen. Helfen Sie mir bitte hinein!« Sie
stützte sich auf seinen Arm und humpelte zur Tür, die sie mit aller Kraft
aufriss, die ihr zu Gebote stand.
Mkele und die Senatoren saßen an einem Tisch, Samm stand gefesselt
in der Ecke. Alle starrten sie erschrocken an, und Kira spürte den Hass in Kesslers
Augen, als träfe sie ein Laserstrahl. Delarosa zog nur die Augenbrauen hoch.
Hobb wandte sich an Skousen. »Sie sagten doch, sie sei zu schwer
verletzt, um sich zu bewegen.«
»Anscheinend ist er doch kein so guter Arzt.« Kira zuckte zusammen
und schleppte sich hinein. Der Soldat packte sie an der Schulter und hielt sie
fest.
»Es tut mir leid, Senatoren«, sagte er. »Ich wusste es nicht. Ich
bringe sie zurück.«
»Nein«, widersprach Delarosa. »Wenn sie es bis hierher geschafft
hat, wollen wir uns wenigstens anhören, was sie zu sagen hat.«
»Wir wissen genau, was sie sagen wird«, warf Kessler ein.
Delarosa wandte sich an den Soldaten. »Danke. Warten Sie bitte
draußen! Und falls noch jemand auftaucht, melden Sie ihn bitte an, ehe Sie ihn
einlassen.«
»Natürlich, Madam.« Der Soldat, der knallrot angelaufen war, schloss
die Tür. Kira blickte zu Samm hinüber. Er war seit der Explosion nicht
gewaschen worden, die Uniform hing ihm in Fetzen am Körper. Soweit sie die Haut
sehen konnte, war diese mit Kratzern und Schnittwunden übersät, die bereits
heilten, aber offensichtlich wehtaten. Er sagte nichts, sondern begrüßte sie
mit einem kurzen Nicken.
Keuchend vor Anstrengung wandte sich Kira zu den Senatoren um und
sank auf einen Stuhl. »Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe.«
»Diese Sitzung hat nichts mit Ihnen zu tun«, erklärte Weist. »Ihr
Projekt ist beendet, und wir beseitigen dieses … dieses Ding. Wenn wir Glück
haben, können wir danach das Chaos aufräumen.«
»Aber das Projekt funktioniert«, sagte Kira. »Ich war fast damit fertig,
die Entwicklung des Virus nachzuzeichnen, und wenn ich nur etwas mehr Zeit
habe, dann …«
»Sie haben nichts erreicht«, fiel ihr Skousen ins Wort. »Wir haben
die Sicherheit unserer Stadt und die Integrität dieses Senats in Gefahr gebracht,
damit Sie einen Partial untersuchen konnten, und wenn wir nach Resultaten
fragen, haben Sie nichts Besseres zu tun, als um weitere Zeit zu bitten.«
»Aber wir verstehen jetzt …«, setzte Kira an. Skousen war jedoch zu
aufgebracht, um sich aufhalten zu lassen.
»Sie verstehen rein gar nichts! Sie behaupten, das Virus habe
verschiedene Formen. Was löst die Verwandlung der einen in die andere Form aus?
Können wir das aufhalten? Können wir es umgehen? Kann man eine der Formen angreifen
oder ausschalten? Wissenschaft fragt nach konkreten Details, Miss Walker, nicht
nach ebenso großartigen wie hilflosen Trotzgebärden. Wenn Sie uns den
Mechanismus der Veränderung oder bestimmte Abwehrmechanismen beschreiben
können, dann tun Sie das, aber wenn nicht …«
»Bitte, ich brauche doch nur etwas mehr Zeit!«
»Wir haben keine Zeit!«, rief Delarosa. Zum ersten Mal erhob sie überhaupt
die Stimme. Kira verzagte vollends, als sie diese Worte hörte. »Unsere Stadt
zerfällt, die ganze Insel zerfällt. Die Stimme greift
uns auf unseren eigenen Straßen an, im Krankenhaus gehen Bomben hoch, Rebellen
dringen in die Stadt ein, infiltrieren die Verteidigung und töten die Bürger.
Wir müssen unsere Zivilisation retten.«
»Sie hören mir nicht zu!« Kira staunte selbst, wie heftig sie
sprach. »Wenn Samm
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