Partials 1 – Aufbruch
stirbt, dann sterben wir alle. Nicht heute, aber es ist
unvermeidlich, und wir können es nicht verhindern.«
»Das ist eine Besessenheit«, sagte Delarosa. »Eine edle zwar, aber
trotzdem eine Besessenheit und deshalb gefährlich. Wir lassen nicht zu, dass
Sie die Menschheit vernichten.«
»Sie sind diejenigen, die alles zerstören.« Kira schossen Tränen in
die Augen.
»Wie ich schon sagte, immer das gleiche Palaver«, bemerkte Senatorin
Kessler. Sie beäugte Kira von oben bis unten. »Sie klingen genau wie Xochi. Wie
eine Agentin der Stimme , die sinnlosen,
aufrührerischen Unfug verbreitet.«
Kira rang um Worte, doch die Antwort blieb ihr in der Kehle stecken.
»Ihre Aufgabe ist die Zukunft«, sagte Mkele leise. »Unsere ist die
Gegenwart. Ich sagte es Ihnen ja schon: Falls unsere Ziele jemals im
Widerstreit liegen sollten, hat unser Ziel Vorrang. Ein organisierter Angriff
der Stimme auf East Meadow steht unmittelbar bevor,
und wir müssen schon viel zu viele Schlachten gleichzeitig schlagen. Bevor wir
etwas anderes tun, muss der Partial vernichtet werden.«
Kira blickte zu Samm hinüber. Wie immer war ihm äußerlich nichts
anzumerken, doch er wusste, was ihm bevorstand. Sie wandte sich wieder an die
Senatoren. »Einfach so? Ohne Verhandlung, Anhörung oder …«
»Die Anhörung war vor vier Tagen«, antwortete Weist. »Sie waren
dabei und kennen die Entscheidung.«
»Sie haben uns fünf Tage für die Forschung gegeben«, erwiderte Kira.
»Es sind erst drei Tage vergangen.«
»Das Labor wurde zerstört«, sagte Skousen. »Dazu der größte Teil
Ihrer Arbeit. Sie sind nicht fähig, die Arbeit fortzusetzen, und es sind nicht
genug Daten vorhanden, um zu beenden, was Sie begonnen haben. Jedenfalls nicht
in absehbarer Zeit.«
»Dann stellen Sie uns ein anderes Labor zur Verfügung!«, verlangte
Kira. »Irgendwo müssten wir doch noch Geräte haben. Wir brauchen nur Zeit. Die
fünf Tage waren sowieso schon eine willkürliche Festsetzung.«
»Sollen wir wirklich weitere Angriffe riskieren? Keinesfalls«, widersprach
Delarosa.
Hobb beugte sich vor. »Der Plan, über den wir nachdenken, lässt Spielraum
für …«
»Dann lassen Sie ihn frei!«, drängte Kira unvermittelt. Sie
schluckte vor Aufregung und beobachtete, wie sich die Augen der Senatoren
verdüsterten und verengten. Sie sprach weiter, ehe sie protestieren konnten.
»Er hat uns in keiner Weise geschadet und sogar bei der Forschung geholfen. Es
gibt keinen Grund, ihn zu töten.«
»Soll das ein Witz sein?«, fauchte Kessler.
»Es dient unseren Zielen«, erklärte Kira. »Wenn Sie ihn gehen
lassen, ist er verschwunden. Wenn überhaupt, dann verringert dies die
Wahrscheinlichkeit einer Vergeltungsaktion der Partials.«
Skousen und Kessler machten finstere Mienen, Weist schüttelte den
Kopf. »Glauben Sie wirklich, das bringt etwas?«
»Natürlich glaubt sie das«, sagte Mkele. »Sie ist eine Idealistin.«
»Sie ist ein Seuchenbaby«, fuhr Kessler dazwischen. »Sie hängt an diesem
Ding, aber sie hat keine Ahnung, wie die Partials wirklich sind.«
»Und Sie?«, gab Kira zurück. Sie wollte aufstehen, keuchte vor Schmerzen
und blieb auf dem Stuhl sitzen. »Sie haben vor elf Jahren gegen die Partials
gekämpft. Vor elf Jahren. Ist es denn völlig ausgeschlossen, dass sich in der
Zwischenzeit etwas verändert hat?«
»Glauben Sie diesem Ding kein Wort!«, warnte Mkele.
»Er ist Soldat und kein Spion«, gab Kira zu bedenken. Sie wandte
sich zu Samm um und rang in diesem letzten Augenblick mit sich, ob sie ihm tatsächlich
vertrauen konnte. Ob er in den letzten Tagen aufrichtig gewesen war oder ob er
wirklich das Monster war, als das die Senatoren ihn darstellten.
Er sah sie an und blieb äußerlich ruhig, konnte jedoch seine
Erregung nicht völlig verbergen. Seine Entschlossenheit und seine Hoffnung. Sie
erwiderte seinen Blick. »Samm hat Gefangenschaft und Folter durch die Menschen
auf sich genommen, die sein ganzes Volk vernichten wollen, und er hat es ohne
Klagen, ohne Beschwerden, ohne Betteln getan. Er hat nichts als Stärke und
Entschlossenheit gezeigt. Wenn die anderen Partials nur halb so mitfühlend sind
wie er, dann haben wir vielleicht doch noch eine Chance …«
»Ich bin auf einer Friedensmission«, sagte Samm. Er sprach mit
fester, selbstbewusster Stimme. Kira wandte sich zu ihm um. Die Tränen schossen
ihm in die Augen, während er so weit vortrat, wie es die Fesseln erlaubten. Die
Senatoren schwiegen. »Meine Abteilung sollte
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