Partials 1 – Aufbruch
der Motor arbeitete
zuverlässig. Marcus steuerte es aus dem Hafen in Richtung Norden zur Gruppe D.
»Weiter von der Küste weg!«, verlangte Samm. Marcus ging auf die
Aufforderung ein und steuerte ein Stück in den Sund hinaus. Samm beobachtete
nervös den Strand. »Noch weiter!«
»Aber dann sehen wir die Küste nicht mehr«, wandte Marcus ein. »Wir
könnten uns verirren.«
»Ich erkenne die Küste«, erklärte Samm. »Und das bedeutet, dass uns
jeder sieht, der dort am Strand steht. Fahr weiter hinaus!«
Marcus runzelte die Stirn und warf Kira einen fragenden Blick zu,
lenkte das Boot aber noch weiter hinaus. Schließlich war das Festland nur noch
eine dünne, kaum sichtbare Linie am Horizont. Samm beobachtete das Gestade
genau und hieß Marcus hin und wieder kleine Kurskorrekturen ausführen. Kira,
Xochi und Jayden lagen im Bug unbequem auf Fiberglasbänken und versuchten zu
schlafen.
Marcus bemerkte nun auch das aufziehende Unwetter.
»Wie lange sind wir unterwegs?«, fragte er, ohne das Steuerruder
loszulassen. »Kann der Himmel am Vormittag wirklich so dunkel sein?«
»Der Wind frischt auf«, sagte Samm. »Es wird auch kühler.«
Jayden richtete sich auf. »Ich habe einige dieser Unwetter vom
Strand aus beobachtet.« Er schien besorgt. »Hier draußen sind sie ziemlich
heftig, oder wenigstens kam es mir so vor.«
»Ich steuere den Strand an«, beschloss Marcus, doch Samm hielt ihn
auf.
»Wir sind gerade auf Höhe des Rebellengebiets«, gab der Partial zu
bedenken. Er betrachtete die Karte und spähte nach Norden. »Es ist nicht sicher.«
»Hast du den Himmel gesehen?« Marcus deutete auf die dicken grauen
Wolken. »Das da ist auch nicht gerade sicher.«
»Das Boot ist mit uns fast schon überladen«, warnte Kira. Die See
war inzwischen kabbelig und wiegte das Boot hin und her, während es sich durch
die Wellen schob. »Wenn der Seegang weiter zunimmt, wird es kentern.«
»Wir dürfen nicht zum Land steuern«, beharrte Samm. »Das ist zu
gefährlich.«
»Dann haltet euch gut fest!«, riet Marcus. »Es wird gleich viel
aufregender, als euch lieb ist.«
Das Unwetter raste auf sie zu, und sie gerieten mitten hinein. Schon
spürte Kira die ersten Regentropfen im Gesicht, die sich mit der salzigen
Gischt des Meerwassers mischten. Sie holten die Decken hervor und kauerten sich
darunter, um etwas Schutz zu finden, doch der Wind peitschte den Regen fast
horizontal über das Wasser. Über ihnen zog sich der Himmel zu, und im
gespenstischen Zwielicht schaukelte das Boot auf den Wellen hin und her.
»Ich fahre näher an den Strand.« Marcus zog das Steuerruder herum,
ehe Samm protestieren konnte. »Bei diesem Unwetter kann man sowieso nichts sehen,
also wird uns auch niemand entdecken.«
Der Sturm wurde schlimmer, die Tropfen verwandelten sich in dünne,
schneidende und eiskalte Fäden. Kira hielt sich mit einer Hand am Dollbord fest
und klammerte sich mit der anderen an Xochi. Sie fürchtete, die nächste
stärkere Welle könnte sie über Bord spülen. Nach kurzer Zeit war sie bis auf
die Haut durchnässt, und es war fast so dunkel wie in tiefster Nacht.
»Bring uns näher an die Küste heran!«, rief sie Marcus zu und packte
Xochis Arm unwillkürlich fester, als eine Welle das Schiff nach oben hob und
zur Seite kippte.
»Ich halte schon darauf zu!«, rief Marcus zurück. »Jedenfalls habe
ich das getan, als ich das letzte Mal Land gesehen habe. Ich fürchte nur, das
Meer schiebt uns willkürlich hin und her.«
»Wir sind zu schwer!«, schrie Jayden. »Wir müssen Ballast abwerfen.«
Gehorsam schleuderte Kira den Beutel mit ihrer Ersatzkleidung über
Bord. Die Waffen behielt sie, die Sanitätstasche schlang sie sich über die
Schulter. Xochi wühlte in ihrem und Marcus’ Beutel herum, nahm so viel Munition
an sich, wie sie tragen konnte, und warf den Rest ins Wasser. Das Boot schwankte
heftig, bis Kira den Eindruck hatte, sie könne nicht einmal mehr die Richtung
der Wellen bestimmen. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie überhaupt trieben und
wohin die Reise ging. Auf einmal tauchte unmittelbar vor ihnen im Regen ein
riesiger Felsen auf. Marcus fluchte und drehte ab, um daran vorbeizugelangen.
Die nächste Welle riss sie mit, der Regen verdeckte den Felsen, und sie trieben
wieder durch graues Chaos. Einmal glaubte sie, auf der linken Seite einen Baum
zu erkennen – einen Baum, mitten im Meer –, doch auch er verschwand rasch
wieder, und sie war ihrer Sache nicht sicher. Wir müssen nahe am Strand
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