Partials 1 – Aufbruch
Sie
umklammerte die Spritze noch fester. »Madison stand bereits kurz vor der
Geburt, als wir East Meadow verließen. Vielleicht liegt Arwen schon im Sterben.
Aber wir können sie retten.«
Marcus nickte, Kira sah ihm an, wie es in ihm arbeitete, wie er die
Informationen so gut wie möglich verdaute. Nach einer Weile richtete er sich
auf. »Es könnte stimmen.« Er nickte noch einmal. »Auf der Grundlage deiner bisherigen
Arbeit, über die ich leider nur wenig weiß, scheint es mir möglich zu sein.
Aber bist du bereit, dafür dein Leben aufs Spiel zu setzen?«
»Bist du bereit, unsere Spezies aufs Spiel zu setzen?«
Marcus schlug die Augen nieder. Xochi fing Kiras Blick ein, sagte
aber nichts.
Der Wald wurde lichter, die Straße stieg an und führte über eine
schmale Bucht. »Da unten liegen Boote«, sagte Jayden. Samm schüttelte jedoch
den Kopf.
»Wir müssen weiter. Sie schicken uns ganz sicher Leute hinterher,
sobald sie mit den anderen Partials fertig sind. Beide Gruppen werden uns verfolgen.
Wir müssen uns so weit wie möglich entfernen, ehe sie sich organisieren und uns
folgen.«
»Zuerst müssen wir dieses Auto loswerden«, sagte Jayden. »Wir
sollten uns so weit wie möglich absetzen, aber dann verstecken wir den Wagen
und vergessen ihn. Er ist viel zu laut. Man hört uns ja über den halben
Kontinent hinweg.«
»Sie wird uns trotzdem finden«, widersprach Samm.
»Wen meinst du?«, fragte Marcus erstaunt.
»Heron. Spezialeinheit. Ganz egal, was wir tun, um die Spuren zu
verwischen, sie wird uns finden.«
Das Auto lief gut – nicht sehr schnell, weil die Straßen holprig und
voller Schlaglöcher waren, aber immer noch schneller, als wenn sie zu Fuß
gegangen wären. Jenseits der Brücke fuhren sie auf einen großen Highway und
nahmen sich die Zeit, sich nach Verfolgern umzusehen. Sie entdeckten nichts.
Einige Kilometer weiter bog die Straße unvermittelt nach Norden ab. Dort
verließen sie den Highway und fuhren durch eine bewaldete ländliche Siedlung
nach Süden. Die Straßen waren schmal und gewunden und wechselten unberechenbar
die Richtung. Nicht lange, und sie mussten das Auto am Straßenrand unter
überhängendem Blattwerk stehen lassen. Kira durchsuchte das nächstbeste Haus
nach Kleidung, doch aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit war alles verschimmelt
und unbrauchbar.
Im Gegensatz zu den Menschen spürte Samm bereits das Meer, und Kira
hätte schwören können, ebenfalls den schwachen Salzgeruch wahrzunehmen, behielt
dies aber für sich. Sie wanderten in etwa nach Südwesten und suchten sich in
dem dünn besiedelten Gebiet, das die Natur fast vollständig zurückerobert
hatte, einen Weg. Junge Bäume wuchsen hier nicht nur vor, sondern sogar in den
Häusern. Der Kudzu, der Schimmel und die Feuchtigkeit setzten den Gebäuden zu,
bis die Dächer einsanken und die Wände unter dem Ansturm der Wildnis nachgaben.
Auf Veranden sprossen Blumen, und in den Möbeln, die sie durch geborstene
Fenster erkennen konnten, hatte sich Unkraut festgesetzt. Als sie den Hafen erreichten,
atmete Kira tief durch, als wäre sie aus einer schlecht belüfteten Höhle ins
Freie getreten.
»Wir sind auf der falschen Seite herausgekommen.« Marcus deutete
nach vorn. »Hier stehen Wohnhäuser, dort drüben liegt der Hafendamm.«
»Anscheinend gibt es im Süden größere Häuser«, überlegte Jayden.
»Eins von ihnen muss doch eine private Anlegestelle haben.« Sie gingen am
Wasser entlang, suchten nach Booten und sahen sich gleichzeitig um, um in
keinen Hinterhalt zu geraten. Kira hatte Heron in Aktion gesehen. Diesen Kampf
hatte sie binnen Sekunden verloren. Mit einer solchen Gegnerin wollte sie es
nicht noch einmal zu tun bekommen.
»Dort!«, rief Xochi. Sie rannten los. Vor dem Gestade erstreckte
sich ein langer weißer Kai, den Wind und Wetter fast zu Treibholz zerlegt
hatten. Am Ende dümpelte ein breites Motorboot mit einer zerfetzten Segeltuchplane
auf den Wellen. Jayden sprang hinein und suchte nach den Schlüsseln, während
Samm sich in der Nähe nach Treibstoff umsah. Keiner der beiden fand etwas.
Fluchend eilten sie zum nächsten Strandhaus. Dort lag ein kleines Segelboot,
das keiner von ihnen bedienen konnte. Das Boot verfügte jedoch über einen
Hilfsmotor, und die Schlüssel steckten im Schloss. Der Motor stöhnte und sprang
beim siebten Versuch an. Samm entdeckte sogar Benzinkanister, die allerdings
leer waren.
»Ihr braucht zur Sicherheit Reserven«, sagte er. »Wir sind viel
weiter im Osten
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