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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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hätten Sie sich auch nur ein wenig mit der Geschichte der Lager beschäftigt, dann wüssten Sie, dass es dort alles gab. Es gab Bordelle; es wurden Kinder geboren; und manchmal hat jemand überlebt, der schon unter einem Berg von Leichen gelegen hatte. Verstehen Sie: Es gab wirklich alles.»
    Valerie blickte zu Boden. Offensichtlich hatte sie die Schärfe in Madame Delaunays Ton überrascht. Ihr nächster Einwand kam bereits deutlich kleinlauter. «Aber was, wenn es sich bei dem Manuskript um eine Fälschung handelt?», fragte sie.
    «Nein», sagte Monsieur Hofmann, «dafür kannte sich mein Vater zu gut aus.Auf eine Fälschung wäre er niemals hereingefallen.»
    «Aber ist Ihnen klar, was das hieße? Wenn die Partitur wirklich echt ist, dann wäre das eine Sensation. Dann würden Sie einen riesigen Schatz in Händen halten. Dann wären Sie ab sofort ein reicher Mann.»
    DerAlte schaute sie an, als begriffe er ihre Worte nicht.
    «Eine neuentdeckte Operette von Jacques Offenbach wäre wahrscheinlich Millionen wert. Die Musikverleger würden ich um die Rechte reißen. Ein solches Werk, wenn es denn etwas taugt, würde in der ganzen Welt gespielt.»
    Monsieur Hofmann hatte keine finanziellen Sorgen, und er hatte nie darüber nachgedacht, was er tun würde, wenn er mit einem Malwirklich reich wäre. Es war eher ein Gedanke, der ihn beunruhigte.
    «Es freut mich, dass mein Vater diese Blätter hat retten können», sagte er. «Dass er sie bei sich haben konnte, dort, wo er war.»
    «Würden Sie mir das Manuskript für einen Tag überlassen?», fragte Valerie. «Ich würde es gerne einem Freund zeigen, der viel von Musik versteht.»
    «Was für einem Freund?»
    «Er ist Pianist. Ich habe Ihnen von ihm erzählt.»
    Monsieur Hofmann hob dieAugenbrauen: «Sie meinen… MonsieurArsch?»
    Valerie lachte: «Ja», sagte sie, «den meine ich.» Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Bereits am nächsten Tag brachten sämtlicheAgenturen die Meldung von der wiederentdeckten Operette des weltberühmten Komponisten. Der Fernsehsender arte zeigte noch am selbenAbend in einer Sondersendung den kleinen Film, den Valeries Team in Savigny gedreht hatte. Die Telefonein der Redaktion läuteten unentwegt. Es meldeten sich Journalisten und Theaterleute. Fünf Musikverlage gaben ihr Interesse kund, die Rechte amGeheimnis einer Sommernacht zu vertreten.
    Valerie wurde von sämtlichen Aufgaben freigestellt, um die Geschichte der verlorengeglaubten Partitur weiterzurecherchieren. Wieder bat sie Monsieur Hofmann um ein Treffen, dem dieser widerstrebend, aber freundlich wie immer zustimmte.
    Sie saß bereits imJournal an derPlace Nadaudund wartete auf den alten Herrn.Als er zur Tür hereinkam, stand sie auf, um ihn zu begrüßen. Sie streckte ihm beide Hände entgegen.
    «Ist esnicht phantastisch… Es ist, wie Sie gesagt haben; das Manuskript ist echt. Und Sie werden in Kürze berühmt sein.»
    In ihrem Überschwang schien sie nicht zu bemerken, dass Monsieur Hofmann ihre Hochstimmung keineswegs teilte.Aber auch bei ihm hatten sich nach der Sendung zahlreicheAnrufer gemeldet. Und bereits am Morgen hatte ihmeine Fotografin vor seiner Haustür aufgelauert und ihn gebeten, mit ihr aufden Friedhof Montmartre zu fahren, wo er vor dem Grab Jacques Offenbachs für sie posieren sollte.
    Er setzte sich auf die Bank neben Valerie, behielt aber seinen Strohhut auf, als wolle er damit zeigen, dass er nicht daran interessiert war, dieses Treffen länger als nötig auszudehnen.
    «Sie glauben also inzwischen auch, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt?», fragte er.
    «Ja.Als wir aus Savigny zurückwaren, habe ich sofort Victor angerufen, Sie wissen schon, meinen Monsieur…»
    «Ich weiß.»
    «Seine Frau ist Musikwissenschaftlerin. Ich habe mir einen Termin bei ihr geben lassen und sie gestern Morgen im Institut besucht.»
    «Sie haben was gemacht? Sie waren bei der Frau des Mannes, dessen Geliebte Sie bis vor zwei Tagen waren? Und hat die Frau gewusst, mit wem sie spricht?»
    «Nein, natürlich nicht», erwiderte Valerie.
    Monsieur Hofmann nickte und schwieg.
    «Wir sind sofort ins Musikarchiv der Bibliothèque Nationale gefahren und haben das Manuskript mit den dort lagernden Handschriften verglichen. Es besteht keinerlei Zweifel an der Echtheit. Es handelt sich um eine frühe Operette Jacques Offenbachs.»
    «Ich habe einen Fehler gemacht», sagte Monsieur Hofmann unvermittelt. Valerie sah ihn erstaunt an. «Ich hätte mich niemals auf Sie

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