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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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nur eine Kleinigkeit« – einiges an Aufräumarbeiten zu tun. Danach wollte sie für eine lange Zeit ungestört ins Bad. Er hatte also Zeit und Ruhe. Er setzte sich vor seinen PC, pumpte Luft ein und schrieb:
    »Geliebtes Mädchen! Wie ist alles so gekommen? Ich habe Dich gesehen. Nun, das ist ja die Voraussetzung. Ich hätte eine andere junge Frau sehen können, damals, nach der Preisverleihung von ›Junge Solisten‹. Du warst nur Zweite mit Deinem Cello und hast sicher nicht gewusst, ob Du froh oder wütend sein sollst. Der kleine Koreaner hatte wirklich phänomenal Klavier gespielt. Aber Du warst – ich finde keine Worte. Diese Symbiose zwischen Frauenkörper und Instrument. Mir wird heiß, wenn ich das jetzt hinschreibe. Ich höre Dich fragen: Wenn das so ist, warum soll es aus sein zwischen uns?
    Mädchen, mir war von Anbeginn bewusst, ich würde Deine Wellen von Zärtlichkeit nicht so erwidern können, wie ich es erträume, mir war von Anbeginn an bewusst, dass ich mit jedem Jahr vor Deiner Jugend nicht nur ein Jahr älter werde. Ich erkläre Dir das gerne mit dem Tennis. Ein Vierzigjähriger kann, vorausgesetzt, er ist sehr gut, gegen einen Zwanzigjährigen spielen. Bei Fünfzig gegen Dreißig wird’s schwierig. Bei Sechzig gegen Vierzig sinnlos.
    Weißt Du, die Vorstellung macht mich panisch: Ich liege flach, werde von meiner Frau ›gepflegt‹ und muss Dir am Telefon ein geplantes Treffen absagen. Du schiebst dieses Argument weg, Du willst mir einreden, dass die wahre Liebe – was auch immer das ist – jede Situation meistert. Ich kann Dir das Gegenteil nicht beweisen, außer Du begreifst meine Vorstellung nicht schon als Gegenbeweis.
    Natürlich werde ich immer stolz sein, von Dir geliebt worden zu sein. Natürlich waren die Tage unbeschreiblich, wenn Deine Konzerttermine und meine Auftritte Begegnungen möglich machten. Natürlich tut mir der von mir beschlossene Verlust dieser Frau gewordenen Musik – Scheiße! Jetzt werde ich pathetisch! – weh. Aber weh tut auch – wohl auch Dir – das Läuten des Telefons, wenn man nur die Wahl hat, entweder nicht abzunehmen oder vor einer Zeugin zu lügen.
    Ich habe Dir gesagt, Du bist meine ›letzte Liebe‹. Du hast mir das geglaubt und willst, dass ich daraus die Konsequenzen ziehe. Widrigenfalls hätte ich gelogen.
    Nein, das mit der letzten Liebe war nicht gelogen, nur ungenau. Es hätte heißen müssen, die letzte neue Liebe. Denn damit ist nicht gesagt, dass alte Lieben nicht weiterbestehen, damit ist nicht gesagt, dass nicht eine davon bis zum Ende hält.
    Du bist nicht nur eine letzte Liebe, sondern auch eine letzte Illusion. Durchschau mich!
    Mädchen, meine Tochter ist älter als Du, Dein Vater jünger als ich. Ich höre Dich sagen: Na und? Das macht mich ratlos. Du willst mich nicht aus Deinem Leben schmeißen. Langsam habe ich kein schlechtes Gewissen mehr. Mehr als gegen mein Gefühl zu argumentieren, zu raten, kann ich nicht tun. Doch. Ich kann. Ich kann beschließen.
    Kennst Du diese Stelle bei Ringelnatz?
    ›Ich bin eine alte Kommode / oft mit Tinte oder Rotwein begossen / manchmal mit Fußtritten geschlossen / der wird kichern, der nach meinem Tode mein Geheimfach entdeckt …‹?
    Wie ich Gymnasiast war, hat mir der Tonfall so gefallen. Heute projiziere ich mich in den Text.«
    Es klopfte. Seine Frau trat gleichzeitig mit dem Klopfen ein.
    »Sag mal, wo ist denn der Fön?«
    »Wo du ihn zuletzt hast liegen lassen«, antwortete er gewohnheitsmäßig.
    Sie ging nicht gleich. »Was schreibst du?«, fragte sie.
    »Geschäftlich, quasi«, sagte er und beugte sich ein wenig über den Schirm.
    »Ach so«, sagte sie und war schon wieder weg.
    Er setzte seinen Brief fort.
    »Tu mir eine Liebe: Zweifle nicht an Dir, nur weil ich mich – Du kannst das Verbum einsetzen. Wenn Du Dich für ›davonstehlen‹ entscheidest, kann ich auch nicht widersprechen. Stelle bitte nie die Frage, vor allem nicht Dir!, ›Was hat sie, was ich nicht habe?‹, oder gar ›Was haben sie, was ich nicht habe?‹
    Du hast mich einmal gefragt: ›Was fühlst du, wenn du an mich denkst?‹ Die Antwort ist einfach: Dich. Ich vergleiche nicht. Ich formuliere keine Rankings. In Sinnlichkeit, Intellekt, Zuwendung und und und. Ein Mensch ist ein Mensch. Eine Frau ist eine Frau. Nur ein Unterschied ist nicht wegzuschwindeln. Der der Jahre.
    Ich habe – und wirklich nicht nur bei Dir – bei sogenannten Betrügereien immer von »außer Zeit und Raum« gesprochen, also eine

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