Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
Vom Netzwerk:
quasi irreale Ebene einführen wollen. Das ist nichts als ein übler Trick. Ich mache mir das ultimativ bewusst. Ich will nicht mehr andauernd ein schlechtes Gewissen haben.
    Am ersten Abend hast Du, als Du mit Freude festgestellt hattest, dass ich werbe, gesagt: ›Die große Liebe wird es wohl nicht sein.‹ Du hattest recht. Nur anders, als Du jetzt glaubst. Du hattest recht, weil es in der Liebe groß und klein nicht gibt, sonder nur ›ja‹ oder ›nein‹. Gelebt oder nicht gelebt.«
    Jetzt stockte der Mann in seinem Schreiben. Er musste, besser, er wollte zu einem Ende kommen. Wie es formulieren? Wie diesem Mädchen, dieser wunderbaren Künstlerin, dieser – nein, dachte er sich, jetzt keine erotischen Vorstellungen! – wie sollte er ein »Aus!« formulieren, das eines ist, aber nicht so klingt? Der Mann war an die Grenzen seiner Argumentationskunst gestoßen. Wie sollte er unkitschig ausdrücken, dass er sich nach wie vor nicht für monogam hielt, aber das Bedürfnis hatte, es ab jetzt sein zu wollen?
    Irgendwo läutete sein verhasstes Mobiltelefon. Es war nicht einfach zu orten, woher das penetrante Geräusch kam. Aber dann realisierte er doch: Klo. Er hatte es zum morgendlichen Gang mitgenommen, weil er den üblichen Sonntagsanruf seines wesentlich jüngeren, seiner Meinung nach schwachsinnigen Halbbruders erwartete. Dieser erwog gerade eine Scheidung – ungeachtet dreier Kinder – und wollte immer die gleichen Auskünfte, weil er sich den Namen eines Anwalts nicht merken konnte oder wollte.
    Der Angerufene nahm das Telefon in die Hand, setzte sich auf die Brille und hörte sich lange an, was die Frau des Halbbruders schon wieder für neue und unberechtigte Forderungen stellen wollte.
    Irgendwann einmal gelang es ihm, das Gespräch zu beenden. Er öffnete die Tür seines Zimmers mit dem Schreibtisch. Da stand seine Frau reglos vor dem Computer und las den Brief. Er blieb starr in der offenen Tür stehen, mit diesem gewissen Heiß-kalt-Gefühl.
    Noch mit dem Rücken zu ihm sagte sie: »Ja, so bist du eben.«
    Dann drehte sie sich um, ging an ihm vorbei, mit einem leicht streifenden Blick, und sagte nur:
    »Aber ich gebe dich trotzdem nicht her.«
    Er schrieb den Brief nicht zuende. Er schrieb ein Lied dessen Inhalts. Vielleicht hört sie’s, dachte er.

Lebensrettungen
    DIE ÄRZTIN LAS ihre Privatpost. Soll heißen, sie suchte sie routinemäßig in dem Wust an täglichen Werbebotschaften der Pharmazie. Da war nun ein Brief dabei, mit dem sie zunächst nichts anfangen konnte. Die Frau saß in ihrer geschmackvollen kleinen Single-Wohnung am Frühstückstisch, schon fertig angezogen für die Fahrt in die Klinik. Zwischen Schlucken und Bissen riss sie einen Briefumschlag auf, auf dem der Absender, ein mit dem Titel »Mag.« angereicherter Eigenname ihr gar nichts sagte. Dann las sie:
    »… werden sich sicher wundern, von mir zu hören. Aber ich habe in der Zeitung Ihr Foto gesehen, anlässlich Ihrer Ernennung zur ›Primaria‹ – herzlichen Glückwunsch! –, da habe ich mir gedacht, das wäre der richtige Moment, mich bei Ihnen zu bedanken, dass Sie mir das Leben gerettet haben. Das war genau vor zehn Jahren, ich hätte es Ihnen schon bei der Entlassung sagen müssen, aber es ist mir erst Jahr für Jahr bewusster geworden. Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich nach Ansicht des Fotos sagen muss, Sie sehen noch fabelhafter aus als damals. Mit den besten Wünschen …«
    Die Ärztin legte den Brief halb verwirrt, halb geschmeichelt weg. Vor zehn Jahren. Da war sie gerade Oberärztin geworden. Auch an diesem Krankenhaus. Auch damals als »Jüngste«.
    Aber wem hätte sie »das Leben gerettet«? Und – vor allem – wie? Sie hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken. Sie räumte das Geschirr weg, warf die Post in den Papierkorb, legte aber den Brief zur Seite.
    Als sie abends wieder nach Hause kam, überlegte sie, in welcher Reihenfolge sie ihre Liebhaber per SMS fragen sollte, wer heute Zeit und Lust hätte. Da ihr die Entscheidung nicht leichtfiel, nahm sie wieder den Brief dieses dankbaren Patienten in die Hand. Es dämmerten Bilder, verschiedene Typen, sie erinnerte sich an Diagnosen, die bei Kollegen Widerspruch erregt hatten, mit denen sie aber recht behielt. Einen männlichen Patienten, der Grund hätte, so einen Brief zu schreiben, konnte sie nicht bestimmen. Sie sah sich den Briefkopf an. Da stand auch eine Telefonnummer. Sie wählte. Der Mann dieses Namens hob ab.
    »Das ist aber nett,

Weitere Kostenlose Bücher