Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen
Bedürfnis, diesem Mann die Frage zu stellen, die er ihm in all den Jahren nicht gestellt hatte.
»Sag, und wie ist es privat? Hast du jemanden?«
Der Kritiker sah ihn triefäugig an.
»Ich kann mich doch keinem mehr zumuten.«
Von dem Tag an konnte der Schauspieler Schwulenwitze und Tuntenparodien nicht mehr ertragen.
Die Drehbücher
DER JUNGE AUTOR FÜHLTE SICH GUT. Er hatte den Dramatikerwettbewerb zwar nicht gewonnen, wohl aber einen der drei Förderpreise. Das war für ihn unheimlich wichtig. Erstens, weil es doch ein für seine Verhältnisse gutes Geld war, zweitens, weil er bei der Preisverleihung ein paar für ihn wichtige Leute zu treffen hoffte. Und das war so. Ein Feuilletonchef einer führenden Tageszeitung sprach ihn an, gab sich als Jurymitglied zu erkennen und lobte ihn für seine »filmische Phantasie«.
»Und wie geht’s Ihnen so?«
»Na ja. Wenn Sie ›finanziell‹ meinen, eigentlich gar nicht. Zurzeit bin ich Platzanweiser im Staatstheater.«
Der Feuilletonchef lächelte und setzte dann eine ernste Förderermiene auf.
»Können Sie Drehbücher schreiben?«
»Natürlich.« Die Antwort kam spontan und war deshalb nicht gelogen, weil es nichts gab, von dem der junge Autor nicht glaubte, es zu können. In Wahrheit hatte er noch nie in seinem Leben ein Drehbuch gesehen.
Der Förderer sagte: »Passen Sie auf, gehen Sie doch einmal zu der …« Er nannte den Namen der Leiterin der Abteilung Fernsehspiel in der Staatlichen Fernsehanstalt. »Ich kenn die Dame gut. Ich kündige Sie an. Die müsste was für Sie haben.«
Als der junge Autor am Tag darauf im Fernsehen anrief, wusste die Sekretärin der Abteilungsleiterin bereits Bescheid. Er bekam einen Termin.
Die Zeit bis dahin nützte er. Er ging in das führende Buchgeschäft und machte die Erfahrung, dass nicht wenige gedruckte Drehbücher von filmischen Meisterwerken vorlagen. Die las er in einer Nacht. Zudem erinnerte er sich, dass ein Kollege einer der Autoren der Serie »Ein Fall für Mankoff« war. Bei dem fuhr er vorbei und bat, in ein, zwei Büchern blättern zu dürfen, die der Kollege für besonders gelungen hielt. Es ging ihm aber nur um die Art der Notation, da ihm die gedruckten Drehbücher fürs Fernsehen allzu ausführlich erschienen waren.
Als er – naturgemäß mit weichen Knien – im Lift der Fernsehanstalt hochfuhr, fragte er sich, warum das Schreiben von Drehbüchern auf Filmschulen und speziellen Seminaren gelehrt würde. Das kann man oder kann man nicht, dachte er. Die Technik des Aufschreibens ist in einem Tag erlernbar. Dramaturgischer Instinkt ist eine Frage der Genetik.
Die Leiterin der Abteilung Fernsehspiel war eine durchaus sympathische, gar nicht unelegante Endvierzigerin, mit allerdings sehr strenger Brille.
Sie bot dem jungen Autor einen Platz in der Besuchergarnitur an, erwähnte, vom Feuilletonchef Gutes gehört zu haben, und beendete die Präliminarien mit der Frage:
»Also, was bieten Sie uns an?«
Der junge Autor erstarrte vor Schreck. Er hatte überhaupt keinen Vorschlag. Er war davon ausgegangen, dass man ihm vielleicht einen Probeauftrag geben würde.
Der Schreck dauerte allerdings nur eine Zehntelsekunde. Dann hörte er sich schon ganz ruhig sagen: »Mich nervt, dass diese Kriminalisten alle so ambitioniert sind. Ich könnte mir einen vorstellen, den jeder Fall unendlich anödet, der sich durch Verbrechen gestört fühlt. Einen Schöngeist, Opernnarr zum Beispiel, der sich nach seiner Pensionierung sehnt. Das fände ich komisch. Und …«, der Einfall kam ihm beim Reden, »es müsste bei der Lösung der Fälle immer seine Bildung eine Rolle spielen.«
Er skizzierte aus dem Stand einen Mord in der Oper, bei dessen Aufklärung ein Alibi platzt, weil der angebliche Logengast nicht gehört hatte, dass der Sopran aufgrund von Indisposition das hohe d nicht riskierte.
»Sie meinen, das wäre eine Serienfigur?«
Der junge Autor hatte gar nichts gemeint, bejahte aber.
»Wissen Sie was«, sagte die Abteilungsleiterin, »reden wir nicht lange herum, machen wir Nägel mit Köpfen. Sie bekommen einen Vertrag für ein Probebuch.«
Von nun an ging es rasend bergauf. Das Probebuch wurde für gut befunden. Dreizehn Folgen wurden in Auftrag gegeben. Zwei Jahre danach lief die Serie »Dr. Conrads Verbrechen« mit größtem Erfolg, sehr früh schon wurde eine Verlängerung fixiert, die Branche hatte einen Shootingstar.
Privatsender machten ihm Angebote. Er konnte auswählen. Der ohnehin schon gut
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