Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen
handelnde Person und exhibitionistisch veranlagt.
Der Zeichner war sich aber sicher, für die Frau des Freundes träfe beides nicht zu. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses Buch keine eheliche Katastrophe auslösen würde.
Daher war die erste Frage, die er dem Erzähler am Telefon stellte: »Sag, kennt das deine Frau schon? Wie ich es finde, sag ich dir dann gleich, aber – sei mir nicht bös – die Frage ist primär.«
»Sie hat alles gelesen.«
»Und?«
»In zwanzig Minuten im Café.«
Der Zeichner war sitzengeblieben. Er war sich sicher, die Frau des Erzählers würde den Druck dieses Buches nicht zulassen, würde nicht akzeptieren können, dass ihr Mann ein Doppelleben geführt haben musste , nein, dachte der Zeichner, das ist natürlich falsch, es muss heißen: würde nicht akzeptieren, dass er diese Geschichten einem Leserpublikum mitteilt, wenn dieses Leserpublikum der Meinung sein muss , das alles sei wiedergegebene Realität. In diesem Skript standen Passagen, die zu zitieren man vor Zeiten aufgrund von Erziehung nicht gewagt hätte, die allerdings heute keinen Menschen mehr aufregen und daher als Zitat entbehrlich sind.
Der Erzähler kam, und das Erste, was er mitteilte, war:
»Sie hat natürlich gesagt: ›Das kannst du nicht veröffentlichen.‹«
»Das versteh ich.«
»Wieso?!?« Der Erzähler war empört. »Du weißt doch, was heutzutage alles auf dem Markt ist. Wenn du eine Chance haben willst, musst du in die Vollen gehn.«
»Ja schon. Aber ich rede von ihr. Die sagt sich doch, wenn sich mein Mann sogar in Richtung Sado-Maso outet, wie stehe ich dann da? Als seine Frau.«
»Sie hat gesagt, ich soll das Buch nicht machen, weil es mir ›schaden‹ würde. Was mir schadet und was nicht, bestimme immer noch ich.«
Die Freunde konnten sich nicht einigen. Daher trat das Problem »Reaktion der Ehefrau« in den Hintergrund. Der Erzähler begann, seinem interessierten Freund zu schildern, wann, wo, unter welchen Umständen dieses oder jenes wirklich (fast) so stattgefunden hätte. Kurz, die Herren schweinigelten.
»Die dunklen Stellen« erschienen. Sie wurden wenig beachtet. Ein der katholischen Kirche nahestehendes Wochenblatt schrieb einen empörten Verriss, die eigentliche literarische Öffentlichkeit registrierte ein Buch mehr in diesem Genre. Jedweder Skandal, und sei es nur im privaten Umkreis, blieb aus. Die Entdeckung eines Hemingway des Sexismus schon überhaupt.
Bei freundschaftlichen Zusammentreffen entzog sich die Frau des Erzählers den gelegentlichen Anspielungen des Zeichners durch Lächeln und verständnisvolles Achselzucken.
Aber ein Jahr darauf wusste der Zeichner, was sie mit dem Satz »Es wird dir schaden« gemeint hatte. In einem renommierten und dem Feminismus verpflichteten Verlag erschien ein Buch »Der Mann. Eine Richtigstellung«. Verfasst von einem interessanten Frauennamen, den die Verlagswerbung als Pseudonym bezeichnete. Dieses enttarnte man erst, nachdem das Buch in der Vorpresse immer mehr Interesse fand.
Der »Roman« war die bis in die Haarspitzen genaue und erkennbare Demontage eines literarisch ambitionierten Stellvertretenden Pressechefs der Stadtregierung. Es beschrieb mit grausamer Genauigkeit einen Mann, der für das breite Leserpublikum als literarische Figur gelten konnte, für jeden Menschen aber, der den Erzähler kannte – und das waren viele –, dessen Hinrichtung bedeuten musste.
Zu allem Überdruss wurde »die Senkrechtstarterin der Frauenliteratur« noch medial herumgereicht und antwortete auf die Frage, ob dieser Mann Realität sei, so provozierend verlogen »Natürlich nicht«, dass auch der Dümmste den richtigen Schluss ziehen musste.
Der Erzähler, der schon seit einiger Zeit im Hotel wohnte, war ein gebrochener Mann. Stockend beantwortete er die Fragen des Zeichners, etwa die, wie denn die Frau es verheimlichen konnte, ein dickes Buch zu schreiben. Sie habe von einem Lehrwerk über Kinderpsychologie gesprochen, erklärte der Erzähler. Das hätte ihn natürlich nicht interessiert, nicht einmal zum Hinschauen gereizt.
»Die Scheidung ist eingereicht. Aber ihr Anwalt will jetzt auch noch Geld. Ist das zu glauben? Da verdient die mit mir Länge mal Breite, und ich soll zahlen auch noch.«
»Wolltest du die Scheidung?«
Der Erzähler bekam feuchte Augen.
»Nein. Mir wäre lieber gewesen, sie hätte ihn mir abgeschnitten.«
Der schwule Kritiker
DER SCHAUSPIELER LAS UND LAS Seit dem Morgen trug er die
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