Partnerschaft und Babykrise
Partner voneinander.
Als sich John Lennon und Yoko Ono derart verliebten, dass sie selbst (so wurde berichtet) gemeinsam auf die Toilette gingen, waren die Tage der Beatles gezählt.
Yoko Ono arbeitete als Künstlerin allein; John Lennon mit drei engen Freunden. Es gelang weder, Yoko Ono in die Band einzubetten, noch die Gruppe in der bisherigen Intensität zu erhalten. Daher ist für manche Yoko Ono die Totengräberin der Beatles, was ein wenig an den mittelalterlichen Glauben erinnert, dass es Hexen gibt, welche einen Mann durch ihre Zauberkunst vom rechten Weg abbringen.
Das Sehnen nach der verlorenen Hälfte
»Von so langem her ist also die Liebe zueinander
den Menschen angeboren, um die ursprüngliche Natur
wiederherzustellen, und versucht aus zweien eines
zu machen und die menschliche Natur zu heilen.«
Platon, Symposion, 191.d
Zu den schönsten und gefährlichsten Zuständen im menschlichen Leben gehört die Verliebtheit. Die Beteiligten verschlingen einander mit den Augen und fühlen sich, als hätten sie sich schon in früheren Leben gekannt: »Ach, du warst in abgelebten Zeiten – meine Schwester oder meine Frau«, dichtete Goethe. Der Panzer schmilzt, den wir gegen die Pfeile des Schicksals angelegt haben, die Hornhaut wird weich, die uns im Umgang mit Eltern, Geschwistern, Kolleginnen und Kollegen gewachsen ist. Wo zwei eines werden, ist Rivalität vergessen; in geheimnisvoll-durchsichtiger Blase, wie auf den Gemälden von Hieronymus Bosch, reift das Paar.
Da die Beteiligten glauben, einander ganz zu verstehen und buchstäblich zu verschmelzen, tun sie sich schwer mit jeder Wirklichkeit, welche den Zauberkreis verletzt, in den sie sich eingeschlossen haben. Gleichzeitig aber ist die Triebkraft ihrer Verbindung kreativ, ja explosiv. Das verliebte Paar kann beschließen, gemeinsame Realitäten außerhalb des Kreises zu schaffen: eine Wohnung zu kaufen, ein Geschäft zu eröffnen, eine Familie zu gründen. Oder aber es fällt unter
eine Schwangerschaft wie unter die Räuber – etwas Drittes wächst plötzlich in dem magischen Kreis, sprengt ihn, lenkt den gefesselten Blick vom Gegenüber ab auf dieses Neue, das Kind.
Wenn ich Paare in jenen posttraumatischen Zuständen antreffe, die nach dem Zusammenbruch einer Verliebtheit aufzutreten pflegen, suche ich immer wieder nach Metaphern und nach Erinnerungen, um ihnen zu verdeutlichen, warum jetzt etwas so schrecklich geworden ist, was sich früher einmal köstlich anfühlte.
Oft ist es traurig zu sehen, wie wenig sich diese Menschen überhaupt daran erinnern können, dass sie sich früher nahe waren. Besonders krass ist der Fall einer Lehrerin aus Kalabrien, die überzeugt war, die Mutter ihres Ehemanns hätte ihr damals einen magischen Trank, einen filtro, gegeben – anders sei es schlicht unerklärlich, weshalb sie sich mit diesem Kretin verbunden habe, bei dem sie nur der gemeinsamen Kinder wegen bleibe.
Ehe der Arzt Blut eines Spenders in den bedrohten Kreislauf eines Kranken überträgt, macht er eine Probe, ob sich die beiden Flüssigkeiten vertragen. Es sind nur sehr wenige Faktoren, welche hier einen allergischen Schock auslösen können, verglichen mit der reichen Vielfalt menschlicher Werte. Aber der Arzt weiß sehr genau, wie gefährlich es ist, solche Unterschiede zu missachten, während die Verliebten gänzlich unbekümmert davon ausgehen, dass sich ihre Wertvorstellungen nicht nur vertragen werden, nein: auch aufs Beste ergänzen und bereichern. Sie sind überzeugt, dass jeder von ihnen durch die Verbindung genau dort gestärkt werden
wird, wo er sich bisher schwach und unvollkommen fühlte.
Ein verliebtes Paar täte gut dran, schnell einen neuen, diesmal gemeinsamen Panzer gegen die Pfeile der Außenwelt anzulegen und – wenn irgend möglich – sich auch gegen die inneren Sprengkräfte der Schwangerschaft zu schützen. Das klingt zynisch. Aber da für viele die Verliebtheit die einzige Erlösung ist, an die sie glauben können, ist auch die Enttäuschung an ihr ein Massenproblem. Und wenn ein Traum erst zerbrochen ist, wünschen sich doch viele, sie hätten ihn nicht überlastet.
Es ist schwer, geplatzte Illusionen zu flicken. Eine Firma, die Kinder, das Haus oder die gemeinsam erworbene Kunstsammlung (man denke an den unvergesslichen Film vom »Rosenkrieg«) hängen dann wie Bleigewichte an den desillusionierten Partnern und hindern sie, eine neue Blase zu schaffen und in ihr davonzusegeln.
Wer akzeptieren kann, dass seine
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