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Partnerschaft und Babykrise

Partnerschaft und Babykrise

Titel: Partnerschaft und Babykrise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schmidbauer
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Widerspruch des tobenden Vaters und der still leidenden Mutter einen Handwerker. Es verging auch später kaum ein Familientreffen, ohne dass der Vater angetrunken dem Schwiegersohn vorhielt, er habe nicht einmal Abitur, höhnisch dessen Gebrauch von Fremdworten kritisierte oder ihm vorwarf, sein politischer Sachverstand sei auf dem Niveau der Bild-Zeitung stehen geblieben.
    Die Mutter schwieg verkniffen. Erika tobte gegen den Vater, nannte ihn niveaulos, besoffen. Beim nächsten Treffen begannen Tochter, Schwiegersohn und Vater höflich, die Konflikte waren aber nicht begraben; es genügte ein kleiner Anlass, schon brach der Streit wieder aus.
    Als Klaus seine neue Freundin Meike nach Hause brachte, waren die Eltern hoch begeistert und warben um die junge Frau, denn Meike kam aus einem Akademikerhaushalt und studierte wie Klaus Medizin, schien also geschaffen, den narzisstischen Mangelzustand der Eltern von Erika und Klaus zu lindern. Meike fand die Eltern von Klaus etwas laut, aber herzlich und
schluckte ihren leisen Protest gegen die Bevormundungen durch seine Mutter und die Übergriffe des Vaters, der anzügliche Bemerkungen über ihre Figur machte.
    Klaus schätzte Meikes Eltern, die einander in einer Harmonie begegneten, die einem neutralen Betrachter vielleicht ein wenig zu ausgeprägt, zu betulich erschienen wäre, dem in diesem Punkt aber gar nicht anspruchsvollen Klaus jedoch verhieß, er werde sich mit Meike zu einem ebenso harmonischen Paar verbinden.
    Nach drei Ehejahren und der Geburt einer Tochter, die jetzt ein Jahr alt ist, landet Klaus sehr hart. Er denkt oft an Scheidung, er hält es einfach nicht mehr aus. Meike ergeht es ebenso. Klaus findet, dass seine Frau eine unverständliche Abneigung gegen seine Eltern entwickelt hat. Meike wirft ihm taktierendes Schwanken zwischen ihr und seiner Mama vor. Während Klaus nach wie vor, sich hier als Vorbild und Tugendbold in die Brust werfend, Meikes Eltern gut findet, kann sie die seinigen nicht ertragen und will sie nicht in ihrem Haus haben.
    Meike hat Klaus einmal dafür bewundert, dass er so durchsetzungsfähig ist, sich nichts gefallen lässt, auf seiner Meinung beharrt. Jetzt ist ihr das ganze Klima in Klaus’ Familie zu laut.
    Dort wird ständig gestritten – nein, korrigiert er, wir sind nur lebhafter, Rheinländer eben, du denkst nur, dass wir immer streiten! Die Mutter mische sich überall ein, wisse alles besser, renne lieber mit dem weinenden Kind im Arm ins Nebenzimmer, um es fern der Mutter zu trösten, als das Einzige zu tun, was das Kind wolle, nämlich aus den drückenden Armen der Oma in die der Mutter zurückzukehren.
    Ob sie koche, putze, räume, wickle – nirgends sei sie vor der
Besserwisserei von Klaus’ Mutter sicher. Diese Mutter würde nicht einmal fragen, wenn sie zu Besuch kämen. Sie würde den Zeitpunkt erläutern und das Gästezimmer beanspruchen, als sei es ihr Recht. Neulich sei sie nackt im Bad gestanden, der Vater sei hereingeplatzt. Statt mit einer Entschuldigung die Tür zu schließen, sei er stehen geblieben und habe sie angestarrt, von oben nach unten. Sie musste sich das verbieten!
    »Du kennst doch meinen Vater«, sagt dann Klaus. »Du musst ihm seine Grenzen zeigen, er meint es nicht böse, er ist eben so. Früher bist du doch ganz anders mit ihm umgegangen, da konntest du ihn um den Finger wickeln!«. In der Tat fällt es Meike auch deshalb so schwer, die Grenze zu den Eltern von Klaus zu finden, weil sie anfangs zusammen mit Klaus versucht hat, vorbildhaft auf die zerstrittenen Eltern des Ehemannes zu wirken.
    Jetzt erkennen Meike und Klaus, dass nicht der Friede den Streit besiegt hat, sondern der Streit den Frieden. Sie beginnen zu streiten, zur Freude von Klaus’ Schwester Erika, die bisher ganz unten in der Familienhierarchie siedelte, da weder sie noch ihr Mann Akademiker sind. Jetzt falle sie Meike in den Rücken, als diese von ihr ein wenig Frauensolidarität im Kampf gegen die sexistischen Sprüche des Vater möchte – was sie da habe, wie zimperlich sie sich anstelle, sie sei da wohl verklemmt.
    Meike will nicht mehr dulden, dass ihre Tochter mit Klaus zur Oma reist. Sie gönnt der bösen Alten den Triumph nicht und behauptet, Klaus’ Mutter gefährde das seelische Wohl des Kindes. Jetzt fühlt sich Klaus entwertet. Schließlich wurde er von eben dieser Mutter erzogen und ist keineswegs überzeugt, ein schlechterer Mensch zu sein als Meike.

    Meike passt nicht mehr zu dem Bild, das er sich gemacht

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