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Partnerschaft und Babykrise

Partnerschaft und Babykrise

Titel: Partnerschaft und Babykrise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schmidbauer
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hat und das zu dem der gegen den Vater keifenden Mutter kontrastierte. Wie durch einen Fluch ist jetzt Meike zum Drachen geworden, mit dem verglichen seine Mama eine harmlose alte Dame ist, zugegeben manchmal distanzlos und kindlich-ansprüchlich in ihrem Geltungsbedürfnis.
    Das Geheimnis der Partnerwahl
    »Nachdem nun die Gestalt entzweigeschnitten war,
sehnte sich jedes nach seiner anderen Hälfte,
und so kamen sie zusammen, umfassten sich
mit den Armen und schlangen sich ineinander,
und über dem Begehren zusammenzuwachsen
starben sie aus Hunger und sonstiger Fahrlässigkeit,
weil sie nichts getrennt voneinander tun wollten.«
    Platon, Symposion, 191.b

    Man sollte meinen, dass Ähnlichkeiten die »Verdauung« des Fremden in der durch die Verliebtheit geschaffenen, symbiotischen Blase erleichtern. An diesem Beispiel wird jedoch deutlich, dass das vielleicht statistisch gilt, aber im Einzelfall ganz andere Dynamiken entstehen.
    Erika und ihr Mann, deren Ehe von den Eltern entwertet wird, schließen sich defensiv zusammen und bilden eine gemeinsame Front. Meike jedoch wird zuerst freudig begrüßt und erlaubt Klaus, in der Rivalität mit Erika zu triumphieren. Aber das ist teuer erkauft, denn Meike wird auch vereinnahmt
und reagiert schließlich so ungerecht und allergisch auf die Eltern von Klaus, dass dessen frühe Bindung an die Mutter, die er in seiner Ehe lösen wollte, plötzlich über die neue Beziehung zu triumphieren droht.
    Die Geheimnisse der Liebeswahl haben schon viele Autoren beschäftigt, Romanciers und Wissenschaftler, von denen vielleicht Leopold Szondi der Merkwürdigste ist: Er hat behauptet, dass sich Menschen aufgrund der in ihnen unterdrückten Triebanlagen wählen und sogar einen Test entwickelt, der aufgrund der spontanen Sympathie für die Fotos verschiedener Triebtäter oder Nervenkranker solche Anlagen zu rekonstruieren versprach.
    Das Schulkind lernt, dass Leistung den Platz in der Welt sichert, Versagen jedoch ihn gefährdet. Es ist nicht nur Opfer von Zensuren, sondern es wird selbst zum Zensor und richtet seine Kritik auf emotionale und moralische Mängel der Eltern.
    Darin wurzelt eine der vielen entscheidenden Situationen der Entwicklung. Wenn das Kind in seinen moralischen Urteilen ernst genommen wird, kann sich dieses Urteil differenzieren und realistischer werden. Häufig wird das moralisierende Kind entwertet, nach dem Motto: Solange du deine Beine unter meinen Esstisch streckst, hast du nichts zu sagen! In solchen Fällen kann das Kind die Stärken der Eltern nicht mehr wahrnehmen, es sieht nur noch ihre Mängel und fixiert sich an eine Phantasie, diese zu kompensieren.
    Desto heftiger wird dann später in der Partnerwahl die Suche nach einer Kompensation, welche die Sicherheit verspricht, nicht in die Falle zu geraten, in der die Eltern nach
einem voreiligen und wenig ausgereiften Urteil saßen. Klaus hat Meike ausgesucht, weil er beobachtet hat, dass ihre Eltern liebevoll miteinander umgehen. Damit meinte er vermeiden zu können, was er als Kind so negativ als einen chronischen Kampf zwischen seinen Eltern erlebte.
    Solche Probleme sind oft in interkulturellen Beziehungen besonders virulent.
    Das von dem Mangel an Nestwärme enttäuschte Mädchen verliebt sich beispielsweise nicht nur in den jungen Kurden, der Asyl sucht und verspricht, sie auf Händen zu tragen, sondern vor allem in dessen Familienklima, in die selbstverständliche Wärme und Nähe dort, die Zeit füreinander, die uneigennützige Gastfreundschaft.
    So ist sie zu einer Ehe bereit. Als Ehefrau aber erlebt sie sich wie eine Gefangene, eine Sklavin, die stets zum Sex bereit sein und ihr Geld bei der Schwiegermutter abliefern soll, während der Ehemann seine Tage im Kaffeehaus verbringt. In ihrer Kränkung sucht sie juristische Hilfe und erhält den Rat, die Ehe annullieren zu lassen, weil sie in betrügerischer Absicht geschlossen worden sei, um sich Asyl zu erschleichen. So endet die Verliebtheit in Entwertung und Hass. Der Ehemann wird abgeschoben.

    Mario ist ein Brasilianer, der seit seinem Studium in Deutschland lebt. Er stammt aus einer Ehe zwischen einem Brasilianer und einer Deutschen. Seine Mutter hat sich während seiner Schulzeit mit heftigsten Entwertungen vom Vater getrennt und ihn beim Vater in Brasilien gelassen. Als dieser sich weigerte,
dem Sohn ein Studium zu bezahlen, kam Mario zur Mutter nach Deutschland, fühlte sich aber von ihr nicht angenommen und zog sehr schnell in ein Studentenheim.

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