Partnerschaft und Babykrise
Prozess seelischer Reifung erst mit dem Tod endet.
Wo Eltern ihre kindlichen Bedürfnisse nicht erleben und in ihr erwachsenes Selbstbild einbetten können, wird die Regression sprachlos und daher unverständlich. Da es zum symbiotischen Repertoire gehört, die Grenzen des Partners
nicht wahrzunehmen, wird seine Schwäche als absichtlich, als böse ausgelegt.
Wenn der junge Vater schlagartig todmüde wird, sobald er sich seiner Familie nähert, steckt darin eine sprachlose Konkurrenz um die Rolle des Babys, das doch ebenfalls gehätschelt und bewundert wird, ohne einen Finger krümmen zu müssen. Hier entspricht die Sprachlosigkeit der Eltern der des Babys. Da dieses darauf angewiesen ist, dass seine Bedürfnisse erraten werden, schwindet die Bereitschaft der Partner, Bedürfnisse des erwachsenen Gegenübers zu enträtseln.
Folgerichtig erleben die Partner einander jetzt als »kompliziert«, als schwer verständlich, als aggressiv und abweisend. Sie vergleichen ihr Gegenüber mit dem Baby. Dieses ist dankbar, der Partner aber undankbar. Es gelingt entweder beiden oder einem von ihnen, die Bedürfnisse des Kindes zu erraten und zu befriedigen. Hier sammeln sie umso eifriger Erfolgserlebnisse, als sie sich gegenseitig Misserfolgserlebnisse bereiten.
Je mehr ein Elternteil seine symbiotischen Bedürfnisse auf das Baby verlagert, desto weniger Anerkennung erntet er noch von dem anderen Elternteil und desto ausgeprägter wird er das Baby in den Mittelpunkt rücken.
Vor einigen Jahren hat die junge Frau als leidenschaftliche Liebhaberin ihren spröden Mann an sich gebunden. Jetzt, nach der Geburt des zweiten Kindes, sagt sie zu ihm: »Geh doch ins Bordell, wenn du das haben musst!«
Selbst in dieser Äußerung können wir noch die symbiotischen Nöte aufspüren. Die junge Mutter fühlt sich schuldig, dass sie nicht genauso liebeslustig ist wie ihr Partner. Sie kann ihm nicht in aller Ruhe erklären, wie sie sich fühlt und was ihr wichtig ist. Sie stellt sein Problem in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit und sucht eine schnelle Lösung, die sie selbst als Frau entwertet. Sie sucht die Sexual-Amme für ihn , die ihn »stillt«.
Es gelingt ihr nicht, die Rollen der Liebhaberin und der Mutter getrennt wahrzunehmen. Sie erlebt, dass sie nur das eine oder das andere sein kann. Daher nimmt sie in ihrem Vorschlag auch dem Mann gegenüber die versorgende Position ein. Sie ist auf die symbiotische Symmetrie angewiesen. Sie ärgert sich, dass er sie durch sein Begehren derart in Verlegenheit bringt und gegenwärtig nicht genauso viel Abstand von seinen sexuellen Wünschen hat wie sie. So straft und versorgt sie ihn in einem Atemzug, wünscht ihm eine Liebhaberin, die allen Ansprüchen gerecht wird und entwertet ihn als Sexmonster.
4.
ABHÄNGIGKEIT UND WUT
Die Müdigkeit der Väter lässt zwar Frauen und Kinder unzufrieden zurück, schützt diese jedoch auch vor Schlimmerem. Jährlich sterben in Deutschland vielleicht tausend Babys, vielleicht auch erheblich mehr an einem Schütteltrauma. Entdeckt werden nur die wenigsten Fälle. In einer Großstadt wie München sind es fünf bis acht pro Jahr. Früher wurden diese Kinder manchmal mit der Diagnose »plötzlicher Kindstod« als tragische Opfer jäh aufgetretener Infektionen begraben. Heute erleichtert eine Kernspintomographie die Diagnose. Dennoch bleibt die Dunkelziffer hoch. Der Gedanke, dass trauernde Eltern den Tod ihres Babys verursacht haben, will niemandem in den Kopf,
Es ist die dritte Ehe des 47-jährigen Managers, der im Herbst des Jahres 2007 in München-Stadelheim in Untersuchungshaft sitzt. Nach zwei fast erwachsenen Kindern aus erster Ehe trug er wohl schwer an der Beweislast, dass ein moderner Vater genauso gut für seine Kinder sorgen kann wie die Mutter, eine Psychologin, die ihm vor sieben Monaten Zwillinge geboren hat. Er hat den Beruf zurückgestellt, um sie zu entlasten; beide haben sich die Aufgaben so geteilt, dass sie tagsüber für die beiden Mädchen zuständig ist, er nachts.
In einer dieser Nächte kann der Vater den Schlaf seiner Frau nicht mehr beschützen. Er weckt sie um drei Uhr morgens: Eines der Babys liege schlaff in seinem Bettchen. Als der Kinderarzt kommt, ist das Kind klinisch tot. Es kann reanimiert werden,
kommt in die Intensivstation einer Kinderklinik und stirbt dort nach wenigen Stunden. Die Obduktion ergibt eine Gehirnblutung mit Gehirnödem. Die Ursache: Ein Schütteltrauma.
Bei Babys ist die Nackenmuskulatur noch so wenig
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