Party Prinzessin
ich würde so gern auch in Tinaland wohnen.
Mittwoch, 10. März, Mittagspause
Als ich vorhin in die Cafeteria kam, war sie schon da. Sie hatte einen Stand aufgebaut und lauter Plakate an die Wand geklebt, auf denen der Verkauf der ersten Ausgabe der neuen Literaturzeitschrift der Schule angekündigt wurde.
Mir blieb nichts anderes übrig. Ich musste mitspielen und, na ja, eben nett sein. Weil Lillys familiäre Situation im Moment doch so belastend ist. Oder belastend sein wird, auch wenn sie es noch nicht weiß.
Deswegen bin ich auf sie zu und hab gesagt: »Gibst du mir eine Ausgabe?«
Worauf Lilly voll geschäftsmäßig sagte: »Das macht fünf Dollar.«
Ich konnte echt nicht anders. »FÜNF DOLLAR??? MACHST DU WITZE????«
»Was regst du dich so auf?«, fragte Lilly. »Es ist eben nicht billig, eine Zeitschrift herauszubringen. Du warst doch diejenige, die die ganze Zeit rumgejammert hat, dass wir das Geld irgendwie wieder erwirtschaften müssen, das wir für die Mülltonnen auf den Kopf gehauen haben.«
Ich biss die Zähne zusammen und rückte die fünf Dollar raus, obwohl ich meine Zweifel daran hatte, dass es das wert sein würde.
War es nicht. Außer meiner Geschichte und Kennys Zwergstern-Artikel waren zwei Mangas im Heft, eines der Gedichte von JP und… sämtliche fünf Kurzgeschichten, die Lilly für den Wettbewerb von Sixteen geschrieben hat. Alle fünf. Sie hat in ihrer eigenen Zeitschrift FÜNF ihrer eigenen Kurzgeschichten veröffentlicht!
Nicht zu fassen. Ich meine, ich weiß ja, dass Lilly sich ganz schön viel auf sich einbildet, aber…
In diesem Moment kam Mrs Gupta in die Cafeteria. An der Schule erzählt man sich, dass sie irgendwann mal auf einer Kartoffelkrokette ausgerutscht ist, die jemandem runtergefallen war, und davon so angewidert war, dass sie seitdem nie mehr einen Fuß in die Cafeteria gesetzt hat. Aber heute kam sie rein und marschierte, ohne auf irgendwelche möglicherweise herumliegenden Kartoffelkroketten zu achten, quer durch den Raum schnurstracks auf Lillys Verkaufsstand zu!
»Oh, oh«, murmelte Ling Su, die neben mir saß. »Die kriegt Ärger.«
»Vielleicht hat die Gupta was gegen das Coverfoto«, vermutete Boris.
»Ich könnte mir eher vorstellen, dass sie was gegen Lillys Geschichten hat.« Tina hielt ihr Heft hoch. »Habt ihr die gelesen? Das ist absolut nicht jugendfrei.«
Ich hatte Lillys Geschichten bisher nicht gelesen. Sie hatte mir nur von ihnen erzählt. Aber obwohl ich sie nur flüchtig überflog, war mir sofort klar…
… dass Lilly richtig Ärger kriegen würde.
Und so war es. Sämtliche Ausgaben von Fat Louies rosa Rosette wurden von Mr Wheeton konfisziert, der eigens zu diesem Zweck einen großen schwarzen Müllsack mitgebracht hatte.
»Das ist eine Verletzung unseres Rechts auf freie Meinungsäußerung!«, kreischte Lilly, als Mrs Gupta sie aus der Cafeteria führte. »Mensch, Leute! Sitzt nicht so passiv da!
Steht auf und protestiert! Lasst euch vom System nicht in die Knie zwingen!«
Aber alle blieben sitzen und kauten weiter. Die Schüler der AES sind total daran gewöhnt, vom System in die Knie gezwungen zu werden.
Als Mr Wheeton das Heft in meinen Händen sah, kam er mit dem Müllsack auf mich zu. »Tut mir Leid, Mia. Wir werden dafür sorgen, dass du dein Geld zurückbekommst.« Ich ließ das Heft in den Sack fallen.
Na ja, was hätte ich denn tun sollen?
JP und ich blickten uns an.
Ich weiß nicht, ob ich es mir nicht nur eingebildet hab, aber er sah aus, als würde er leise LACHEN.
Gut, dass wenigstens einer es von der lustigen Seite sehen kann.
Kurz darauf nahm Tina mich beiseite…
»Hör mal, Mia«, flüsterte sie. »Ich wollte es vor den anderen nicht sagen, aber ich glaub, mir ist gerade etwas klar geworden. Ich hab mal einen Liebesroman gelesen, der handelte von einem Mädchen und ihrer bösen Zwillingsschwester, die beide in denselben Mann verliebt waren. Und die böse Zwillingsschwester hat alles Mögliche gemacht, damit die Heldin vor ihm schlecht dastand. Vor dem Helden, meine ich.«
»Ja, und?« Ich fragte mich, was das alles mit mir zu tun haben sollte. Ich habe keine böse Zwillingsschwester.
»Na ja, du hast Lilly doch ein paar Mal gebeten, ›Nie mehr Mais!‹ nicht abzudrucken, und sie hat sich geweigert, obwohl sie genau wusste, dass JP verletzt sein würde, wenn er sie liest.«
Worauf wollte sie bloß hinaus? »Ja?«
»Na ja, könnte es nicht sein, dass Lilly die Geschichte nur deshalb unbedingt drucken
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