Pasdan
Flirren und Dunst war, die Hügel schmolzen und eine unerfüllbare Verheißung über allem zu schweben schien, konnte er bisweilen fast glücklich sein, die inneren und äußeren Narben vergessen. Stumm drehte er das Wort »Verheißung« in seinem Kopf, während er den Teebecher leerte und in die Ebene starrte. Dann erinnerte er sich an die Verabredung mit der Gouverneurin und fror plötzlich, als die fatalen Entdeckungen des Tages sich mit Wucht in Erinnerung brachten. Aus dem Schankraum näherten sich Schritte. Eine junge Frau von der Gendarmerie trat zu Barakuda; sie lächelte ihn an, offensichtlich erleichtert, ihn zu sehen.
»Seit einer Stunde, Sekretär, läßt der Präfekt Sie suchen. Es ist dringend, fürchte ich.«
Ataratz schwieg, bis Barakuda sich gesetzt hatte. Er reichte ihm einen Aschenbecher und baute sich dann vor Dante auf, mit dem Rücken zum Fenster. Barakuda sah ihn als Silhouette vor dem glühendroten Sonnenuntergang und dem glitzernden Meer.
»Schießen Sie schon los, Vito. Was gibt’s? Ich hab heute genug Katastrophen gehabt; bitte nicht noch eine.«
Ataratz kicherte; es klang nicht besonders fröhlich. »Sie meinen die Kästchen? Maqari hat mich informiert; ich weiß schon Bescheid. Tja. Aber das ist eher harmlos. Maqari sagte, Sie wollen gleich noch zur Gouverneurin?«
Barakuda nickte ganz langsam.
»Das ist schön. Dann können Sie ihr noch etwas erzählen. Ich habe es vor einer Stunde erfahren und absolutes Stillschweigen angeordnet.«
Barakuda wartete, folgte Ataratz mit den Augen. Der Präfekt ging vom Fenster zum Schreibtisch, lehnte sich an die Kante und verschränkte die Arme vor der Brust. Das Gesicht war grau. »Sagen Sie mir eines, mein Lieber. Wie viele Schußwaffen gibt es auf Shilgat?«
»Je vierhundertvierzehn Karabiner und Pistolen in der Garnison«, sagte Barakuda automatisch. Dann kroch eine Eisschlange langsam seinen Rücken hoch, bis in die Haare, vermehrte sich dort und kroch wieder hinab. Er dachte an die Kästchen; an die Räuberbanden der Steppe, an die fanatischen Mönche in Banyadir, die Matriarchinnen in Pasdan, die Anarchovegetarier in Gashiri und daran, was diese mit ihren Nachbarn anstellen mochten, wenn sie statt Messern moderne Feuerwaffen besäßen. Er dachte an einen Planeten, der eine Bombe war, an der eine Lunte zu glimmen begonnen hatte.
Ataratz nickte, als könnte er Gedanken lesen. »Vor einer Stunde habe ich über Funk erfahren, aus dem Norden, daß dort letzte Nacht ein Pferd erschossen wurde. Es sind mehrere Schüsse gefallen, und vom Reiter keine Spur außer einer Blutlache. Aber viele weitere Pferdespuren.« Er ging zur Wand und deutete auf die Karte des Territoriums. »Hier, bei Barameq.«
Dante fühlte sich zu schwach, um aufzustehen. Mühsam wandte er den Kopf. Barameq lag nahe an der Nordgrenze; die Karawanenroute führte hindurch, ebenso eine Ost-West-Straße.
»Maqari hat das Arsenal schon überprüft; keine Waffe fehlt.«
Barakuda schloß die Augen. »Die Fürsten der Banyashil haben mir von einem alten Mann berichtet, der sich immer dort aufhält, wo eine Katastrophe droht. Seit dem vergangenen Winter an unserer Nordgrenze.«
Auszug: Das Shilgat-Abkommen
… Als Rechtsnachfolger der Erde und ihrer Siedlungswelten erkennt das Commonwealth der Menschheit seine Verantwortung für die von illegalen Siedlern und ihren Nachkommen an den Shil-Völkern verübten Verbrechen an. Die Völker von Shilgat erklären den Wunsch, bis auf Widerruf bei innerer Autonomie und in Freiheit von jeglicher Beeinflussung hinfort den Schutz des Commonwealth gegen weitere Bedrängung zu genießen. Das Commonwealth der Menschheit und die Völker von Shilgat schließen daher folgendes Abkommen:
1. Mit Beginn der Rechtsgültigkeit dieses Vertrages ist der Planet Shilgat Protektorat des Commonwealth…
2. Zur Einrichtung der notwendigen Behörden räumt das Volk der Banyashil dem Commonwealth die unmittelbare Hoheit über das Territorium des Isthmus zwischen 6° N, 6° S, 5° W und 4° O ein. Der genaue Grenzverlauf bedarf der endgültigen Festlegung…
… 4. Vertreter des Commonwealth ist ein Gouverneur mit Sitz in Cadhras, Isthmus. Er untersteht dem Sekretär für Dominien und Protektorate im Außenamt von Gaia und wird für jeweils fünf Jahre ernannt.
5. Aufgabe des Gouvernements ist die Erfüllung des Abkommens. Zum Schutz der hierin garantierten Rechte der Shil… hat es alle Vollmachten im Rahmen der… Gesetze.
… 7. Begrenzte
Weitere Kostenlose Bücher