Pasdan
Tugrik. Der junge Shil hatte eine Messerwunde im Rücken; seine Kehle war zerschnitten. Die Soldaten waren durchlöchert von Karabinerkugeln. Auf dem Achterdeck über der Kajüte lag Cuthbert Pinto neben dem kreiselnden Steuerrad. Auch der Magier war Messerwunden erlegen. Barakuda kniete neben dem Toten nieder und drückte ihm die Augen zu.
Vom vierten Mann der Besatzung des Schnellboots fehlte jede Spur, ebenso von Fimfinella und Koryna Delaware.
»Weiter«, sagte Barakuda. »Bei der Rückkehr werden wir die Toten bergen. Jetzt sind die Lebenden wichtiger.«
Sie rasten nach Nordwesten, Richtung Golzain. Barakuda sprach mit der Gouverneurin und kapitán Cebrian in Cadhras; danach rief er die Gleiter, die in den Bergen oberhalb der Kaskaden als Relais dienten. Er wies einen der Piloten an, zu starten und Ausschau nach dem Schnellboot zu halten, sich aber auf keinen Fall zu nähern. Außerdem warnte er die vierte Gruppe, die den Golzain hinaufritt.
Sarela reichte ihm Kaffee. »Wie reimen Sie sich das zusammen, Dante?«
Barakuda schwenkte den Kopilotensitz herum und blickte an McVitie vorbei auf die Leute, die dichtgedrängt auf den engen Bänken saßen. »Ich schätze, zuerst hat jemand die Zhumzhum geentert und Pinto und Tugrik getötet. Dann mit Tugriks Funkgerät das Schnellboot zu Hilfe gerufen. Als die Boote nebeneinanderlagen, haben die Leute auf dem Segler drei oder vier Männer erschossen, die Ladung auf das Schnellboot gebracht und wahrscheinlich den vierten Mann gezwungen, zu steuern oder ihnen die Steuerung zu erklären. Die beiden Frauen sind wohl auch an Bord des Schnellboots.«
Learoyd hob seinen Kaffeebecher. »Da fehlt was, Chef. Woher wissen die so gut Bescheid?«
»Stimmt, Terence. Ich schätze, wer so ein kompliziertes Waffenschmuggelverfahren ausklügelt, der kann auch einen Agenten in Cadhras einschleusen. Nicht nur den, der den Rechner manipuliert hat. Die Geschichte kennt ihr ja. Mindestens noch einen, und ich denke mir was Bestimmtes.«
Unter ihnen dampften in der nachmittäglichen Sonne die Dschungel. Wie eine dunstgeschuppte Riesenschlange wand sich der Golzain durch das unendliche Grün. Hin und wieder überflogen sie kleine, dichtbewaldete Inseln. Die Leute aßen Brot und kalten Braten, tranken Kaffee mit Schnaps und unterhielten sich über tausend Dinge, nur nicht über das, was vor ihnen lag. Es wäre müßige Spekulation gewesen.
»Das Boot ist zwischen den Kaskaden verschwunden. Wir wissen jetzt immerhin, daß da etwas sein muß - vermutlich ausgedehnte Höhlen.« Barakuda schob den Funkhelm in den Nacken und warf einen Blick auf die Uhr. »Wir werden gegen drei in der Frühe ankommen; vor Morgengrauen können wir nichts unternehmen. Seht am besten zu, daß ihr eine Mütze Schlaf erwischt.«
Nardini schloß die Augen und summte; Ping stieß ihm den Ellenbogen in die Seite. Learoyd blickte Barakuda an und schnitt eine Grimasse. »Bißchen eng; außerdem paßt Schlaf so schlecht in Helme.« Er zog die khakifarbene Kopfbedeckung aus Stahlplastik über die Augen.
»Schlafen Sie in Schichten.«
»Guter Vorschlag«, sagte eine der suldás. »Damenwahl? Dann leg ich mich freiwillig in die obere Schicht.«
»Pfui«, sagte Kakoiannis. »Orgien mögen wir doch nicht.«
»Ach, seit wann denn das, Yasu?«
»Außerdem halten das die Stabilisatoren nicht aus.« Nardini kicherte. »Ich kann euch ja statt dessen was vorsingen.«
Ein vielstimmiges »Nein, danke!«
Bondak wandte den Kopf. »Beides würde so kurz vor dem Einsatz die Kampfkraft zersetzen.«
Barakuda grinste und stülpte sich wieder die Kopfhörer über. Der Beobachter im Norden hatte keine Neuigkeiten. Ein zweiter Gleiter meldete, man habe ungefähr die Stelle erreicht, an der vor zweieinhalb Tagen der Kampf mit den Banditen ausgetragen worden war, könne jedoch keine größeren Reitertrupps finden.
»Weitersuchen. Ich brauche den alten Mann. Falls Sie ihn finden, und Saravyi will nicht, sagen Sie ihm, in den Höhlen bei den Kaskaden müßten Entscheidungen gefällt werden, die alle Shil betreffen.«
Der dritte Gleiter, der bisher auf dem Plateau geblieben war, schaltete sich ein. »Meldung von tribún Maqari für Barakuda«, sagte eine Frauenstimme. »Trupp Eins hat eine Stelle erreicht, die von wenigen Leuten gehalten werden kann, notfalls. Maqari fragt, ob Sie Verstärkung wollen.«
Barakuda überlegte. Solange nicht sicher war, ob die Trupps, die durch die Steppe nach Süden beziehungsweise am Golzain entlang
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