Pasdan
Flor, die im Schankraum Bestellungen aufnahm, mit einem Schwall von unflätigen Verwünschungen, stürmte zur Unfallstelle, trampelte auf den Scherben herum und beförderte die Trümmer mit Fußtritten in die Küche, ohne einmal mit Keifen auszusetzen. Als der Koch protestierte, schlug sie ihm ein Tablett über den Kopf. Lopes riß sich die Schürze ab, warf sie ihr ins Gesicht und stampfte Richtung Ausgang. Er konnte sein lahmes Bein nicht schnell genug nachziehen. Dabei schrie er: »Es reicht! Es reicht! Gestrichen voll bis zu den Kiemen! Tagaus, tagein nur diese widerlichen Fische ausnehmen, und dazu dein schuppiges Gerede und deine Flossenflüche. Du bist ekelhaft, du… verfaulende Schwimmblase!«
Die Wirtin warf mit Bechern und Besteck. Rugazh erhielt einen Volltreffer und brach in Tränen aus; die Gäste duckten sich, und Gelächter in vermeintlich sicheren Teilen der Taverne machte die Wirtin noch wilder.
Barakuda stand auf und näherte sich der zeternden Frau. Sie warf einen schweren Aschenbecher nach ihm. Er wich dem Projektil aus und schrie: »Hör auf mit dem verdammten Unsinn!« Dabei starrte er in ihre glasigen Augen; dann packte er sie an der Schulter und sagte laut und vorwurfsvoll: »Yolande, sei ein gutes Mädchen. Was, glaubst du, würde deine arme Mutter jetzt wohl von dir denken?«
Die glasigen Augen wurden wäßrig, der grelle Mund verzog sich, die Winkel tropften, und plötzlich begann Mutter Schwabbel zu schluchzen. Sie sackte auf einen Stuhl, schlug die Hände vors Gesicht, der massige Leib bebte, und zwischen den Fingern quollen Tränen hervor. Dabei wimmerte sie etwas, was kaum zu verstehen war; darin kamen Wörter wie »Pensionat« vor und »immer für mich gesorgt« und »schiefe Bahn« unterbrochen von »Buhuuu«.
Begheli und Pa’aira ergriffen die Wirtin bei den Armen und hievten sie hoch. Bondak schrie »AaaachTUNG!« und salutierte; die Leute der Garnison, sofern sie dies noch konnten, standen stramm. Nardini summte mißtönend den Totenmarsch, und Learoyd gab ihm mit Kopfnüssen den Takt an. Die beiden Mädchen schleppten Yolande durch eine rückwärtige Tür, die zu den Privatgemächern der tavernera führte. Lopes trat unter allgemeinem Gelächter wieder in die Küche, drehte sich um, zwinkerte und ließ die Tür zuschwingen.
Cebrian räusperte sich. »Interessante Raubtiernummer, das. Ich schätze, jeder von uns hat einen Punkt, an dem man ihn aushebeln kann, in so einem Zustand.«
Sarela blickte mit roten Augen auf. »Was is los?«
Aguilars Pupillen glommen zwischen den fleischigen Wülsten seines Gesichts hervor. »Ich habe schon davon gehört, aber es ist das erste Mal, daß ich es sehe. Wie oft kommt so was vor?«
»Sieben- bis achtmal pro Jahr.« Irgul hob sein Glas mit vergorenem Sampasaft und blickte durch die matte Flüssigkeit. Dann stand er auf und rief. »Ruhe.« Niemand hörte ihn.
Cebrian winkte Sergeant Bondak zu und gab ihm ein Zeichen. Bondak nickte, holte tief Luft und röhrte. »RUHE!«
Augenblicklich kehrte Schweigen ein. Alles sah auf Irgul, der mit erhobenem Glas neben dem Tisch stand. »Ich schlage vor, wir trinken jetzt auf das Wohl der jungen Damen.«
Alles trank mit; die Angeredeten - Begheli und Pa’aira waren wieder im Raum - imitierten Hofknickse. Irgul blieb stehen und rief: »Und auf Lopes, König der Köche.«
Dieser steckte den Kopf aus der Küche und erklärte verdrossen, er hasse Fisch und wolle seinen Frieden.
»Und«, schrie Irgul, »auf die treffliche Herrin dieses unvergleichlichen Orts. Möge sie sanft ruhen. Der Raumhafen übernimmt eine Runde.«
Kurz nach Mitternacht kam ein Bote. Die Zhumzhum befand sich keineswegs in der Nähe des Zielhafens Tashila, an der Ostküste von Huasiringa; sie trieb westlich der Insel steuerlos und mit gerefften Segeln auf die Leeküste zu. Das bewaffnete Schnellboot raste den unteren Golzain hinauf.
Im Morgengrauen sichteten sie die Zhumzhum. Die zehn Frauen von der A-centuria sowie Bondaks Banditen und legata McVitie, alle ernüchtert, machten sich bereit. Bondak ließ den Gleiter bis zur Bordwand des Seglers sacken; die Leute sprangen hinüber.
Die Ladung fehlte; Zierkisten und demontierte Käfige waren verschwunden. Ein Teil des Decks war verbrannt. Offenbar hatte man das Schiff verbrennen und versenken wollen; die geschleuderte Fackel war jedoch neben den Wasserfässern gelandet. In der Kajüte lagen vier Leichen - drei der vier Soldaten, die das Schnellboot gesteuert hatten, und
Weitere Kostenlose Bücher