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Pasdan

Pasdan

Titel: Pasdan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Stunden zuvor noch hätte aussprechen können), und schließlich nördlich der Stadt das weiße Palais der Gouverneure.
    Da der Nachmittag später wurde und auf dem Binnenmeer herbstlicher Dunst sich sammelte, begann etwa an dieser Stelle seiner Beobachtungen unter seinem Gesäß das Nebelhorn zu tuten, das, wie das Leuchtfeuer, in die Granitspitze des Kaps eingebaut war. Der Astrophysiker, an alle denkbaren biologischen Anomalien gewöhnt (der Aufklärer war im galaktischen Niemandsland gewesen und hatte viele seltsame Welten und Rassen besucht), überschätzte bei diesem jähen Ton zunächst seinen eigenen Metabolismus, ließ sich dann von seiner trinkfesteren (und, wie gesagt, freundlichen) Begleiterin beim Abstieg helfen und in die Stadt steuern.
    Am Hafenbecken angekommen, musterte er, soweit seine Augen dies noch zuließen, die Front alter, hoher Steinhäuser. In diesem Moment entzündete die Rote Yolande, gewichtige Wirtin des Meeresleuchtens, jene giftig-orange Laterne, die nach Sonnenuntergang Zeugnis davon ablegte, daß in der Taverne unter den Arkaden der Tag weiterging. Das Meeresleuchten lag ziemlich genau in der Mitte der Häuserfront. Die unsicheren Blicke des Astrophysikers suchten Halt an der Laterne, der giftig-orangen Gegensonne.
    Seither galt das Meeresleuchten als Nabel der Welt.«

XI
     
    Die Untersuchung war kurz und gründlich. Als Dante den Diagnoseteil des Hospitals verließ, war er einigermaßen beruhigt. Das Geschoß saß in der oberen Rückenmuskulatur, hatte weder wichtige Gefäße noch Knochen verletzt und konnte einige Tage warten. Barakuda ging die Stufen des weißen Gebäudes fröhlicher hinunter, schlenderte eine Weile durch den Park und trat schließlich durch den Laubengang, den die Äste bläulicher Laokoon-Feigen bildeten, auf die Esplanade. Shalga brannte vom Himmel; der Tag war windstill. Auf dem Meer lag eine feine Dunstschicht. An einem Kiosk erstand Barakuda Zigaretten und die neueste Ausgabe des Bulletin. Er setzte sich in den Garten eines Strandhotels und ließ sich Kaffee und Sampasaft bringen. Die Lektüre des Amtsblatts, das per Hyperfunk von Gaia übermittelt und vom Rechner ausgedruckt wurde, lenkte ihn nur vorübergehend ab. Er las mit mäßigem Interesse eine Wiedergabe der Haushaltsdebatte in der Kammer der Welten zu Atenoa, faltete dann das Blatt zusammen und starrte aufs Meer.
    Eine Rikscha brachte ihn zum Palais; Lydia Hsiang bat ihn auf die Terrasse. Unter dem Geländer fielen die Felsen senkrecht 200 Meter zum Meer ab.
    Barakuda empfand die leichte Brise, die am Strand nicht zu spüren war, als angenehm. Die Assistentin brachte Tee, Gebäck und einige Papiere.
    Die Gouverneurin wirkte kühl und beherrscht wie immer. An diesem Tag trug sie ein schlichtes graubraunes Kostüm aus Rohseide. Sie kam sofort zur Sache.
    »Wir müssen über Ihre Verletzung reden, Dante.«
    Es war das Ende eines großen Teils seines Lebens. »Ja. Die Operation kann warten; ich möchte noch etwas erledigen. Sobald die Aktion in der Steppe abgeschlossen ist.«
    Die vier Trupps bewegten sich auf jene Stelle zu, wo der Golzain mit gigantischen Kaskaden das Gebirge durchbrach. Man hatte zerstörte Shildörfer, Spuren großer Reiterhorden und einige Massengräber entdeckt, bisher jedoch keine Lebenden, weder Nomaden noch Banditen.
    »Die erste Verletzung hat Sie vom Risikokommando der Abwehr zum modifizierten Innendienst und dann nach Shilgat gebracht. Die zweite ist Ihr Abschied, das wissen Sie.«
    Barakuda nickte. Die Vorschriften über die Verwendung Versehrter Offiziere in Friedenszeiten waren eindeutig.
    Sie hatte zwei Papiere vorbereitet. Als sie ihm das erste reichte, sagte sie halblaut: »Das zu unterzeichnen kann ich Sie nur bitten, Dante. Nicht befehlen.«
    Es war seine Ernennung zum kommissarischen Sekretär für Sicherheit, gültig bis zum Eintreffen eines Nachfolgers. Er unterzeichnete wortlos. Dann reichte ihm die Gouverneurin das zweite Blatt. Es sprach für sie, dachte er, daß sie es nicht als Köder verwendet hatte: seine Beförderung zum Oberstleutnant; als supraetor bezöge er täglich 25 Drachmen, zwei mehr als bisher; entsprechend erhöhten sich nach dem Ausscheiden Halbsold und Abfindung.
    »Ich danke Ihnen abermals.« Die Ernennung war ab sofort gültig und kaum widerrufbar. Er blickte in die grauen Augen der schlanken Frau, die laut Protektoratsstatut im Krisenfall oberster Kriegsherr von Shilgat war.
    Sie besprachen die Lage, kamen jedoch nur zu dem Ergebnis, daß

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