Passagier nach Frankfurt
Ruritanien, und Rudolf Rassendyll agierte als Stellvertreter für den König und verliebte sich in Prinzessin Flavia, mit der der König offiziell verlobt war.»
Lady Matilda gab noch einige tiefe Seufzer von sich.
«Ja, Rudolf Rassendyll hatte sein rotes Haar von einer Vorfahrin geerbt, und irgendwo in dem Buch verneigt er sich vor ihrem Bild und sagt etwas – ich kann mich gerade an den Namen nicht erinnern – über die Gräfin Amelia oder so, von der er sein Aussehen und alles andere geerbt hat. So habe ich dich angeschaut und mir dich als Rudolf Rassendyll vorgestellt. Und du bist hinausgegangen und hast dir ein Bild angesehen von dieser Frau, die vielleicht deine Ahnin hätte sein können. Und du wolltest wissen, ob sie dich an irgendwen erinnert. Also bist du in eine Romanze verwickelt, nicht wahr?»
«Warum um Himmels willen glaubst du das?»
«Nun, es gibt nicht allzu viele Lebensmuster, weißt du. Man erkennt das Schema, wenn man darauf stößt. Es ist wie ein Strickmusterbuch. Ungefähr 65 verschiedene Fantasiemuster. Dein Muster, würde ich sagen, ist im Augenblick das romantische Abenteuer.» Sie seufzte. «Aber du wirst es mir wahrscheinlich nicht erzählen.»
«Es gibt nichts zu erzählen», erwiderte Sir Stafford.
«Du warst immer ein geschickter Lügner. Nun, sei’s drum. Bring sie einmal mit zu Besuch. Das ist alles, was ich möchte, bevor die Ärzte es schaffen, mich mit einer weiteren Variante von Antibiotika umzubringen, die sie gerade entdeckt haben. All die bunten Pillen, die ich bis jetzt schon einnehmen musste! Das ist kaum zu glauben!»
«Ich weiß nicht, warum du ‹sie› sagst –»
«Nicht? Nun, ich erkenne eine ‹sie›, wenn sie mir über den Weg läuft. Irgendwo schlängelt sich eine ‹sie› durch dein Leben. Ich habe keine Ahnung, wie du sie gefunden hast. In Malaysia, am Konferenztisch? Eine Botschaftertochter oder Ministertochter? Eine gut aussehende Sekretärin aus der Botschaft? Nein. Nichts davon scheint zu passen. Auf der Schiffsreise nach Hause? Nein, man fährt heutzutage nicht mehr mit dem Schiff. Vielleicht im Flugzeug.»
«Du kommst der Sache schon etwas näher», konnte sich Sir Stafford nicht verkneifen.
«Ah!» Sie bohrte weiter. «Eine Stewardess?»
Er schüttelte den Kopf.
«Nun ja. Behalte dein Geheimnis für dich, ich bekomme es schon heraus, glaube mir. Ich hatte immer einen guten Riecher für alles, was dich betrifft. Auch für die Dinge im Allgemeinen. Natürlich bin ich heute so ziemlich aus allem heraus, aber von Zeit zu Zeit treffe ich meine alten Freunde, und es ist ziemlich leicht, ihnen die eine oder andere Information zu entlocken. Die Leute machen sich Sorgen. Überall – alle sind besorgt.»
«Du meinst, es besteht eine allgemeine Unzufriedenheit – oder Besorgnis?»
«Nein, das meine ich überhaupt nicht. Ich meine, die in den oberen Etagen sind besorgt. Unsere schrecklichen Regierungen hegen Befürchtungen. Das gut alte verschlafene Außenministerium macht sich Sorgen. Irgendwas bewegt sich, es geschehen Dinge, die nicht sein sollten. Unruhen.»
«Studentenunruhen?»
«Ach, Studentenunruhen sind nur eine kleine Blüte an diesem Baum. Er gedeiht überall und in jedem Land, so scheint es zumindest. Ich habe ein nettes Mädchen, das jeden Tag kommt, um mir morgens die Zeitungen vorzulesen. Ich kann nicht mehr so gut lesen. Sie hat eine hübsche Stimme. Sie schreibt mir meine Briefe und liest mir Sachen aus der Zeitung vor, und sie ist ein gutes, freundliches Mädchen. Sie liest mir die Dinge vor, die ich gern höre, und nicht die Dinge, von denen sie glaubt, dass sie gut für mich wären. Ja, alle sind besorgt, soweit ich feststellen kann, und das habe ich mehr oder weniger auch von einem sehr guten alten Freund erfahren.»
«Einer deiner alten Freunde beim Militär?»
«Er ist Generalmajor, wenn du das meinst. Er hat schon vor vielen Jahren seinen Abschied genommen, weiß aber immer noch sehr gut Bescheid. Die Jugend ist sozusagen die Speerspitze des Ganzen. Aber das ist nicht das wirklich Beunruhigende. Sie – wer auch immer sie sein mögen – agieren durch die Jugend. Die Jugend in allen Ländern. Jugend, die angetrieben wird. Jugend, die Slogans ruft. Slogans, die aufregend klingen, auch wenn sie manchmal nicht wissen, was sie bedeuten. Es ist so einfach, eine Revolution anzuzetteln. Das ist ganz natürlich für die Jugend. Die Jugend war immer rebellisch. Sie rebellieren, sie zerstören, sie wollen eine andere Welt als die
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