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Passagier nach Frankfurt

Passagier nach Frankfurt

Titel: Passagier nach Frankfurt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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summen. Tam, tam, ti tam – da ging es ihm plötzlich auf, und er wusste, was es war. Das Siegfried-Motiv. Das war, was die Frau am Abend zuvor gesagt hatte. Nicht direkt zu ihm, zu niemandem. Aber das war die Botschaft, die niemand sonst hätte deuten können, da sie sich auf die Musik zu beziehen schien, die gerade gespielt wurde. Und das Motiv war in sein Programmheft geschrieben worden, auch musikalisch formuliert. Jung-Siegfried. Das musste etwas bedeuten. Nun, vielleicht gab es weitere Aufklärung. Jung-Siegfried. Was zur Hölle sollte das wirklich heißen? Warum und wie und wann und was? Lächerlich! All diese Fragen.
    Er griff zum Telefon und wählte Tante Matildas Nummer.
    «Aber sicher, lieber Staffy, ich freue mich darauf, dich hier zu haben. Nimm den Zug um vier Uhr dreißig. Der fährt immer noch, weißt du, aber er kommt hier anderthalb Stunden später an. Und er fährt später von Paddington ab – fünf Uhr fünfzehn. Ich nehme an, das halten sie wohl für die Erneuerung der Bahn. Hält auf dem Weg an einigen höchst lächerlichen Stationen. Nun gut. Horace holt dich in King’s Marston ab.»
    «Er ist also immer noch da?»
    «Natürlich ist er noch da.»
    «Das hatte ich auch erwartet», sagte Sir Stafford Nye.
    Horace, einst Pferdeknecht, dann Kutscher, war ihr Chauffeur geworden und lebte offensichtlich immer noch.
    «Er muss mindestens achtzig sein», sagte Sir Stafford und lächelte in sich hinein.

Kapitel 6

Porträt einer Dame
     
    « D u siehst sehr nett und braun gebrannt aus», sagte Tante Matilda und inspizierte ihn anerkennend. «Das liegt an Malaysia, nehme ich an. Wenn es Malaysia ist, wo du warst? Oder war es Siam oder Thailand? Sie ändern die Namen all dieser Orte ständig und das macht es wirklich nicht leicht. Auf jeden Fall war es nicht Vietnam, oder? Weißt du, ich mag den Klang von Vietnam überhaupt nicht. Das ist alles so verwirrend. Nordvietnam und Südvietnam und die Vietcong und die Viet – was immer die anderen sind, und alle wollen sich bekriegen und keiner will aufhören. Sie wollen nicht nach Paris gehen oder sonst wo hin und nicht am runden Tisch sitzen und vernünftig miteinander reden. Glaubst du nicht, mein Lieber – ich habe darüber nachgedacht und ich denke, es wäre eine gute Lösung –, man könnte einfach eine Menge Fußballfelder errichten. Dort könnten sie alle hingehen und sich bekämpfen, aber nicht mit diesen tödlichen Waffen. Nicht dieses grässliche palmenentblätternde Zeugs. Nur aufeinander einschlagen und boxen und so. Es würde allen gefallen, man könnte Eintritt verlangen, und die Leute würden hingehen und zuschauen. Ich glaube wirklich, wir verstehen es nicht, den Leuten die Dinge zu geben, die sie wirklich haben möchten.»
    «Ich denke, das ist eine gute Idee von dir, Tante Matilda», sagte Sir Stafford Nye, als er ihre angenehm parfümierte, faltige, blassrosa Wange küsste. «Und wie geht es dir, meine Liebe?»
    «Nun, ich bin alt», sagte Lady Matilda Cleckheaton. «Ja. Ich bin alt. Natürlich weißt du nicht, wie es ist, alt zu sein. Eins kommt zum anderen, Rheumatismus, Arthritis, ein schlimmer Asthmaanfall, eine Halsentzündung oder ein verstauchter Knöchel. Etwas ist immer, weißt du. Nichts Wichtiges. Aber so ist es. Warum kommst du mich besuchen, mein Lieber?»
    Sir Stafford war ein wenig überrascht von der Direktheit dieser Frage.
    «Ich besuche dich für gewöhnlich immer, nachdem ich von einer Auslandsreise zurückgekehrt bin.»
    «Du musst deinen Stuhl näher rücken», sagte Tante Matilda. «Ich bin ein bisschen schwerhöriger als bei unserem letzten Zusammentreffen. Du siehst anders aus… Warum siehst du anders aus?»
    «Weil ich braun gebrannt bin. Du hast es selbst gesagt.»
    «Unsinn, das habe ich überhaupt nicht gemeint. Sag mir nicht, dass es endlich eine Frau in deinem Leben gibt.»
    «Eine Frau?»
    «Nun, ich hatte es immer im Gefühl, dass es eines Tages so kommen würde. Das Problem ist, du hast zu viel Sinn für Humor.»
    «Warum glaubst du das?»
    «Nun, das ist es, was die Leute über dich denken. Dein Humor steht dir auch bei deiner Karriere im Wege. Weißt du, du bist mit all diesen Leuten in Kontakt. In Diplomatie und Politik. Was man so junge Staatsmänner und ältere Staatsmänner und auch mittelalte Staatsmänner nennt. Und all die verschiedenen Parteien. Wirklich, ich finde es höchst albern, zu viele Parteien zu haben. Zuerst einmal diese schrecklichen, schrecklichen Labour-Leute.» Sie streckte

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