Passagier nach Frankfurt
aber das wirst du offensichtlich nicht tun.»
«Nicht, bis der rechte Augenblick gekommen ist», antwortete Lady Matilda. «Aber mir liegt dein Interesse am Herzen. Lass mich von Zeit zu Zeit wissen, was du so treibst. Du wirst nächste Woche in die Amerikanische Botschaft zum Dinner gehen, nicht wahr?»
«Woher weißt du das? Ja, ich bin eingeladen.»
«Und du hast die Einladung angenommen, nehme ich an.»
«Nun, es ist alles im dienstlichen Rahmen.» Er sah sie neugierig an. «Wie schaffst du es, so gut informiert zu sein?»
«Oh, Milly hat es mir erzählt.»
«Milly?»
«Milly Jean Cortman. Die Frau des amerikanischen Botschafters. Ein sehr attraktives Geschöpf. Klein und ziemlich perfekt aussehend.»
«Ach, du meinst Mildred Cortman.»
«Mildred wurde sie getauft, aber sie bevorzugt Milly Jean. Ich habe mit ihr telefoniert wegen irgendeiner Wohltätigkeitsmatinee. Sie ist das, was wir früher eine Venus im Taschenformat nannten.»
«Eine sehr attraktive Bezeichnung», grinste Stafford Nye.
Kapitel 8
Ein Dinner in der Botschaft
I
A ls Mrs. Cortman mit ausgestreckter Hand auf ihn zukam, erinnerte sich Stafford Nye an die Beschreibung, die seine Tante ihm von ihr gegeben hatte. Milly Jean Cortman war eine Frau zwischen fünfunddreißig und vierzig. Sie hatte zarte Gesichtszüge, große blaugraue Augen, einen perfekt geformten Kopf mit bläulich grauem Haar, ein besonders attraktiver Farbton, der ihr eine makellose Eleganz verlieh. Mrs. Cortman war in London sehr beliebt. Ihr Gatte Sam Cortman war ein großer, schwerer, etwas schwerfälliger Mann. Er war sehr stolz auf seine Frau. Er selbst war einer jener langsamen, übermäßig eindringlichen Redner. Die Leute schweiften gelegentlich in Gedanken ab, wenn er einen Punkt sehr ausführlich erläuterte, der eigentlich keiner Erklärung bedurfte. Er begrüßte ihn:
«Sie sind aus Malaysia zurück, Sir Stafford? Es muss interessant dort gewesen sein, auch wenn es nicht die Jahreszeit ist, die ich mir ausgesucht hätte. Wir sind alle sehr froh, Sie wieder hier zu haben. Sie kennen Lady Aldborough und Sir John und Herrn von Roken, Frau von Roken, Mr. und Mrs. Staggenham.»
Alles Leute, die Stafford Nye mehr oder weniger bekannt waren. Es gab einen Holländer und seine Frau, die er noch nicht kannte, sie hatten gerade erst ihren Posten angetreten. Die Staggenhams waren der Minister für Sozialversicherung und seine Frau. Er hatte sie schon immer für ein besonders uninteressantes Paar gehalten.
«Und Gräfin Renata Zerkowski. Ich glaube, sie sagte, sie seien sich früher schon einmal begegnet.»
«Es muss vor etwa einem Jahr gewesen sein. Als ich das letzte Mal in England war», sagte die Gräfin.
Und da war sie wieder, die Passagierin aus Frankfurt. Selbstsicher, wie selbstverständlich, wunderschön gekleidet in zartem Graublau mit ein wenig Chinchilla. Ihr Haar trug sie hoch aufgetürmt (eine Perücke?), ein Rubinkreuz in antikem Design um den Hals.
«Signor Gasparo, Graf Reitner, Mr. und Mrs. Arbuthnot».
Es waren alles in allem etwa sechsundzwanzig Leute. Beim Dinner saß Stafford Nye zwischen der uninteressanten Mrs. Staggenham und Signora Gasparo. Renata Zerkowski saß ihm direkt gegenüber.
Ein Botschaftsdinner. Ein Dinner, wie er sie oft besuchte, meist mit genau der gleichen Art von Gästen. Verschiedene Mitglieder des Diplomatischen Korps, Junior-Minister, ein oder zwei Industrielle, üblicherweise ein paar Damen und Herren der feinen Gesellschaft, weil sie gut Konversation machen konnten, natürliche, angenehme Leute. Obwohl – ein oder zwei waren vielleicht anders, dachte Stafford Nye, während er sich mit Signora Gasparo unterhielt, einer charmanten Gesprächspartnerin, einer etwas koketten Plaudertasche. Seine Gedanken wanderten umher, seine Augen auch, aber sehr unauffällig. Während sie über den Tisch glitten, hätte keiner sagen können, er zöge in Gedanken irgendwelche Schlüsse. Er war hierher eingeladen worden. Warum? Gab es einen bestimmten Grund? War sein Name einfach auf der Liste aufgetaucht, die die Sekretärinnen von Zeit zu Zeit erstellten und auf der sie die Namen markierten, die wieder an der Reihe waren? Oder war er der Ersatzmann, der dazu da war, die Sitzordnung auszugleichen? Er war immer gefragt, wenn ein Ersatzmann benötigt wurde.
«Ach ja», pflegte eine Diplomaten-Gastgeberin zu sagen, «Stafford Nye eignet sich hervorragend. Setzen wir ihn neben Madam Soundso oder Lady Sonstwer.»
Vielleicht war er nur
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