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Passagier nach Frankfurt

Passagier nach Frankfurt

Titel: Passagier nach Frankfurt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verwandtschaftlichen Beziehungen, mit Zugang zur besten Gesellschaft. Sie war nicht auffällig politisch, aber vielleicht insgeheim einer bestimmten Gruppe verbunden. Jemand, der sich von Ort zu Ort bewegte und von Land zu Land. Unter den Reichen, den Talentierten, in der literarischen Welt.
    Einen Augenblick lang dachte er an Spionage. Das schien die wahrscheinlichste Erklärung. Und doch war er damit nicht ganz zufrieden.
    Der Abend zog sich hin. Dann war endlich auch er an der Reihe, von seiner Gastgeberin mit Aufmerksamkeit bedacht zu werden. Milly Jean war sehr geschickt darin.
    «Ich habe schon die ganze Zeit versucht, mit Ihnen zu plaudern. Ich möchte so gern etwas über Malaysia hören. Ich weiß leider so wenig über all diese Orte in Asien, ich bringe sie immer durcheinander. Erzählen Sie, was ist da draußen passiert? Irgendetwas Interessantes oder war es schrecklich langweilig?»
    «Die Antwort darauf können Sie bestimmt erraten.»
    «Na ja, ich schätze, es war furchtbar langweilig. Aber vielleicht dürfen Sie das nicht sagen.»
    «Oh ja. Ich darf es denken und auch sagen. Es war wirklich nicht interessant für mich.»
    «Warum sind Sie dann überhaupt dort hingeflogen?»
    «Ach, ich reise ganz gern. Ich sehe mir gern andere Länder an.»
    «Sie sind ein wirklich faszinierender Mensch. Natürlich ist das Diplomatenleben extrem langweilig, oder? Ich dürfte das natürlich gar nicht sagen. Ich sage es auch nur Ihnen.»
    Sie hatte sehr blaue Augen. Blau wie die Glockenblumen im Wald. Sie öffnete sie noch wenig weiter, die schwarzen Brauen senkten sich sanft an der Außenseite und wurden innen ein wenig hochgezogen. Es ließ ihr Gesicht wie das einer schönen Perserkatze erscheinen. Er fragte sich, wie Milly Jean wohl in Wirklichkeit war. Ihre sanfte Stimme war die einer Südstaatlerin. Der wohlgeformte kleine Kopf, das vollkommene Profil – wie war sie in Wirklichkeit? Bestimmt nicht dumm, dachte er. Eine, die ihre gesellschaftlichen Waffen einzusetzen wusste, wenn es nötig war. Die bezaubern konnte, wenn sie wollte, oder sich zurückziehen konnte, bis ins Rätselhafte. Wenn sie etwas Bestimmtes erreichen wollte, so würde sie das geschickt in die Tat umsetzen. Er bemerkte die Intensität des Blickes, den sie ihm schenkte. Wollte sie etwas von ihm? Er wusste es nicht. Er hielt es für kaum wahrscheinlich. Sie fragte: «Kennen Sie Mr. Staggenham?»
    «Oh ja. Ich habe bei Tisch mit ihm gesprochen. Ich bin ihm jedoch vorher noch nie begegnet.»
    «Es heißt, er sei sehr bedeutend», sagte Millie Jean. «Wie Sie wissen, ist er der Präsident von PBF.»
    «Eigentlich sollte man solche Dinge wissen», sagte Sir Stafford Nye. «PBF und DCV. LYH. Die Welt der Abkürzungen.»
    «Furchtbar», sagte Millie Jean. «All diese Abkürzungen, keine Persönlichkeiten, keine Menschen mehr. Nur Initialen. Eine furchtbare Welt! Ich wollte, sie wäre anders, ganz, ganz anders –»
    Meinte sie das ehrlich? Einen Augenblick dachte er, sie meine es ernst. Interessant…
     
    II
     
    Am Grosvernor Square herrschte wieder Ruhe. Reste von zerbrochenem Glas lagen noch auf dem Pflaster, sogar Eier, matschige Tomaten und Fragmente von glänzendem Metall. Aber darüber standen still die Sterne. Wagen um Wagen fuhr vor der Botschaft vor, um die heimkehrenden Gäste abzuholen. Die Polizei stand unauffällig an den Ecken des Platzes. Alles war unter Kontrolle. Einer der Gäste aus der Politik sprach beim Weggehen mit einem Polizeioffizier. Er kam zurück und murmelte: «Es gab nicht sehr viele Festnahmen. Acht. Sie werden morgen früh im Präsidium in der Bow Street vorgeführt. Mehr oder weniger die übliche Bande. Petronella war hier, natürlich, und Stephen und sein Verein. Na ja. Man sollte annehmen, sie hätten eines Tages genug davon.»
    «Sie wohnen nicht weit von hier, nicht wahr?» Die Stimme drang sofort in Sir Staffords Ohr. Eine tiefe Altstimme. «Ich kann Sie ein Stück mitnehmen.»
    «Nein, nein, ich kann sehr gut zu Fuß gehen. Es sind nur etwa zehn Minuten.»
    «Ich versichere Ihnen, es macht mir keine Umstände», sagte Gräfin Zerkowski. Sie fügte hinzu: «Ich bin im St.-James’s-Tower abgestiegen.»
    Das St.-James’s-Tower war eines der neueren Hotels.
    «Sie sind sehr freundlich.»
    Ein großer, kostspielig aussehender Mietwagen erwartete sie.
    Der Chauffeur öffnete die Tür, Gräfin Zerkowski stieg ein, und Sir Stafford Nye folgte ihr. Sie war es, die dem Chauffeur Sir Stafford Nyes Adresse nannte. Der Wagen

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