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Passagier nach Frankfurt

Passagier nach Frankfurt

Titel: Passagier nach Frankfurt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Botschaft erzählt, von einer Frau.»
    «Ach das?», sagte Lord Altamount. «Ja. Das fand ich damals interessant. Ja, es steht in Zusammenhang mit dem, wovon wir gerade sprechen. Sie war eine der Gattinnen aus der Botschaft, eine kluge, intelligente Frau, sehr gebildet. Sie wollte unbedingt persönlich hingehen und den Führer reden hören. Ich spreche natürlich von der Zeit unmittelbar vor dem Krieg, 1939. Sie war neugierig, welche Wirkung seine Ansprache auslösen könnte. Warum nur waren alle so beeindruckt? Also ging sie hin. Sie kehrte zurück und sagte: ‹Außerordentlich. Ich hätte es nie geglaubt. Natürlich verstehe ich nicht sehr gut Deutsch, aber ich war genauso hingerissen. Und ich verstehe jetzt auch, warum alle hingerissen sind. Ich meine, seine Ideen waren wunderbar… sie entflammten einen förmlich. Die Dinge, die er sagte. Man fühlte, war einfach gezwungen zu glauben, eine ganz neue Welt würde geschaffen, wenn man ihm folgte. Ach, ich kann das nicht gut erklären. Ich werde so viel wie möglich von dem, was ich behalten habe, aufschreiben, und dann bringe ich es Ihnen zum Lesen, dann werden Sie es besser verstehen als meinen mündlichen Versuch, Ihnen die Wirkung zu beschreiben.›»
    Lord Altamount fuhr fort: «Ich sagte ihr, das sei eine sehr gute Idee. Am nächsten Tag kam sie zu mir und sagte: ‹Vielleicht glauben Sie das nicht. Ich habe angefangen aufzuschreiben, was ich gehört habe, die Dinge, die Hitler gesagt hat. Was sie bedeutet haben – aber – das war beängstigend – es gab nichts aufzuschreiben, ich war offensichtlich nicht fähig, mich auch nur an einen einzigen stimulierenden oder aufregenden Satz zu erinnern. Ich habe einige Schlagworte, aber sie bedeuten anscheinend nicht mehr dasselbe wie zu dem Zeitpunkt, als ich sie notierte. Sie ergeben einfach – sie ergeben einfach keinen Sinn. Ich verstehe das nicht.›» Lord Altamount sagte:
    «Das zeigt eine der großen Gefahren, man ist sich dessen nicht immer bewusst, aber sie existiert. Es gibt Menschen, die in der Lage sind, in anderen Menschen eine wilde Begeisterung zu entfachen, eine Art Vision vom Leben und von dem, was kommen soll. Sie sind dazu in der Lage, aber nicht mit dem, was sie tatsächlich sagen, es sind nicht die Worte, die man hört, nicht einmal die vorgetragene Idee. Es ist etwas anderes. Es ist diese magnetische Überzeugungskraft, die einige wenige Menschen bestimmte Dinge bewirken lässt, Visionen erzeugt, kreiert. Vielleicht mit ihrer persönlichen Anziehungskraft, ihrer Stimme, vielleicht mit einer Ausstrahlung, die direkt aus dem Körperlichen kommt. Ich weiß nicht, aber so etwas gibt es.» Lord Altamount sagte weiter:
    «Solche Menschen haben die Macht. Die großen Religionslehrer hatten sie, aber auch ein böser Geist hat solche Macht. Sie können Glauben erwecken, an eine bestimmte Bewegung, an Dinge, die Menschen tun sollen, an Ereignisse, die einen neuen Himmel, eine neue Erde schaffen sollen. Und die Menschen werden das glauben, Tag und Nacht dafür arbeiten und kämpfen, sogar dafür sterben.»
    Altamount senkte die Stimme und fuhr fort: «Jan Smuts sagt das in einem Satz. Er sagt: ‹Führungsmacht kann, neben der Tatsache, dass sie einen große kreative Kraft ist, auch diabolisch sein.›»
    Stafford Nye bewegte sich auf seinem Stuhl.
    «Ich verstehe, was Sie meinen. Sehr interessant, was Sie da sagen. Ich sehe ein, dass es vielleicht sogar richtig sein könnte.»
    «Aber Sie denken natürlich, es ist übertrieben.»
    «Das weiß ich nicht», sagte Stafford Nye. «Dinge, die übertrieben scheinen, sind häufig gar nicht so übertrieben. Man hat es nur vorher so noch nicht gehört oder gedacht. Daher erscheint es einem dermaßen fremd, dass kaum etwas anderes übrig bleibt, als es zu akzeptieren. Nebenbei, darf ich eine einfache Frage stellen? Was soll man denn nun wirklich tun?»
    «Wenn man den Verdacht hat, dass eine solche Bewegung existiert, muss man sie erst einmal wirklich kennenlernen», sagte Lord Altamount. «Sie müssen es machen wie der Mungos im Dschungelbuch: hinlaufen und es herausfinden. Wo das Geld herkommt, wo die Ideen he rkommen, und woher, wenn ich so sagen darf, die Maschinerie stammt. Wer betreibt diese Maschinerie? Hier bei uns gibt es einen Generalstabschef und einen Oberkommandeur. Das versuchen wir zu etablieren. Wir hätten gern, dass Sie mitmachen und uns helfen.»
    Es war einer der wenigen Anlässe, bei denen Stafford Nye sprachlos war. Sonst war es ihm immer

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