Passagier nach Frankfurt
mit dem, was Sie da sagen.»
«Ma foi, warum denn? Man muss die Dinge beim Namen nennen. Wir haben schon früher Betrügereien erlebt, gigantische Betrügereien. Und auch heute steckt eine Menge Geld hinter der Sache. Kapital, wir wissen nicht, wo es herkommt. Aber die Präfektur hat mich wissen lassen – und ich glaube das –, dass sie langsam verstehen, worauf es hinausläuft. Können wir uns einen korrupten Staat vorstellen, der aus fremden Quellen subventioniert wird?»
«In Italien ist es dasselbe», sagte Signor Vitelli, «in Italien, ach, ich könnte Ihnen da Dinge erzählen. Ja, ich könnte Ihnen berichten, welchen Verdacht wir haben. Aber wer, wer korrumpiert unsere Welt? Eine Gruppe von Industriellen, von Wirtschaftsmagnaten? Wie kann das nur sein.»
«Das muss aufhören», sagte Monsieur Grosjean. «Es müssen endlich Maßnahmen ergriffen werden. Militärische Maßnahmen, mit der Luftwaffe. Diese Anarchisten, diese Aufrührer kommen aus allen Schichten. Man muss das endlich niederschlagen.»
«Kontrollen mit Tränengas haben sich als ziemlich erfolgreich erwiesen», sagte Monsieur Poissonier zweifelnd.
«Tränengas reicht nicht aus. Genauso gut könnte man einen Haufen Studenten hinsetzen und Zwiebeln schälen lassen. Lediglich Tränen würden ihnen aus den Augen rinnen. Man muss härtere Maßnahmen ergreifen.»
Monsieur Poissonier sagte mit schockierter Stimme:
«Sie schlagen doch wohl nicht den Einsatz von Atomwaffen vor?»
«Atomwaffen? Quelle blague! Was sollen wir mit Atomwaffen anfangen? Was würde aus dem Boden, aus der Luft Frankreichs, wenn wir nukleare Waffen einsetzten? Wir können Russland vernichten, das wissen wir. Wir wissen aber auch, dass Russland uns vernichten kann.»
«Sie wollen doch damit nicht andeuten, dass marschierende und demonstrierende Studentengruppen unser System vernichten könnten?»
«Genau das. Man hat mich vor solchen Ereignissen gewarnt. Sie errichten Waffenlager und Depots mit verschiedenen Arten von chemischen Kampfmitteln und anderem. Ich habe Berichte von einigen unserer bedeutendsten Wissenschaftler erhalten. Bestimmte Geheimnisse wurden öffentlich. Vorräte – geheime Vorräte –, Kriegsgerät ist gestohlen worden. Was wird noch geschehen? – Das frage ich Sie. Was wird noch passieren?»
Die Frage beantwortete sich überraschend und schneller, als Monsieur Grosjean geglaubt hatte. Die Tür ging auf, und der erste Sekretär trat mit auffallender Besorgnis auf seinen Vorgesetzten zu. Monsieur Grosjean betrachtete ihn mit Missfallen.
«Habe ich nicht gesagt, ich wünsche keine Unterbrechungen?»
«In der Tat, Monsieur le Président, aber hier geht es um etwas Außergewöhnliches –» Er beugte sich zum Ohr seines Chefs. «Der Marschall ist hier. Er verlangt Einlass.»
«Der Marschall. Sie wollen sagen –»
Der Sekretär nickte zur Bekräftigung mehrmals heftig mit dem Kopf. Monsieur Poissonier sah seine Kollegen verwirrt an.
«Er verlangt, vorgelassen zu werden, und akzeptiert keine Ablehnung.»
Die beiden anderen Männer im Raum blickten zuerst Grosjean, dann den aufgeregten Italiener an. «Wäre es nicht besser», sagte Monsieur Coin, der Innenminister.
Er hielt inne, als die Tür wieder aufgerissen wurde und ein Mann hereinmarschierte. Es war ein wohlbekannter Mann. Ein Mann, dessen Wort Gesetz gewesen war, vormals in Frankreich sogar noch über dem Gesetz gestanden hatte. Ihn gerade jetzt zu sehen, war eine unwillkommene Überraschung für alle Anwesenden.
«Ah, seien Sie willkommen, liebe Kollegen», sagte der Marschall. «Ich komme Ihnen zu Hilfe. Unser Land ist in Gefahr. Es besteht Handlungsbedarf, sofortiger Handlungsbedarf! Ich komme, um mich Ihnen zur Verfügung zu stellen. Ich übernehme die Verantwortung für alle Aktionen in dieser Krise. Es kann gefährlich werden, ich weiß das, aber Ehre geht über Gefahr. Und die Rettung Frankreichs geht über Gefahr. Sie befinden sich auf dem Marsch hierher. Eine riesige Horde von – Studenten, von Kriminellen, die aus dem Gefängnis befreit wurden, einige verbrecherische Mörder. Volksverhetzer. Sie skandieren Namen. Sie singen Lieder. Sie rufen die Namen ihrer Lehrer, ihrer Philosophen, derer, die sie auf diesen Weg des Aufruhrs geschickt haben. Das wird den Untergang Frankreichs bedeuten, wenn nicht etwas getan wird. Sie sitzen hier und reden, bejammern die Zustände. Wir müssen etwas tun. Ich habe zwei Regimenter hierherbeordert. Ich habe Alarmbereitschaft für die Luftwaffe
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