Passwort in dein Leben
genau zu sein. Allerdings sehe ich jetzt, dass es schonum 18 Uhr gepostet wurde. Da war ich natürlich noch zu Hause. Allein.
Ohne Zähneputzen schlüpfe ich ins Bett, ziehe nur die Jeans aus. Mir ist kalt, kalt bis ganz weit hinein. Die Decke umgibt mich wie ein Kokon. Als ich klein war, habe ich eine Zeit lang den Überzug aufgeknöpft und mich hineingekuschelt wie in einen Schlafsack. Ich habe mir eingebildet, dann vor bösen Geistern sicher zu sein. Obwohl ich natürlich längst weiß, dass so was völliger Quatsch ist, fühle ich mich doch ein wenig besser so, vielleicht weil ich mich umarmt fühle.
Irgendwann fallen mir die Augen zu und ich versinke in einen traumlosen Schlaf.
Als meine Mutter mich weckt, ist es schon zehn Uhr. Sie reißt die Vorhänge auf und sieht ratlos auf meine zerknüllte Jeans neben dem Bett.
»Du warst doch nicht etwa betrunken gestern Nacht?«, fragt sie ungläubig.
Ich will schon antworten, aber es ist, als würden meine Lippen zusammenkleben. Deshalb schüttle ich nur den Kopf und stecke ihn dann unter die Decke.
»An deiner Stelle würde ich lieber aufstehen«, meint sie mit dieser aufgesetzt fröhlichen Stimme. »Unten wartet Besuch auf dich und ich glaube nicht, dass es dir recht wäre, wenn ich den jetzt hier rauflasse.«
Ich starre sie an.
»Schau nicht so. Clara und zwei junge Herren.«
Ich seufze.
»Also, was ist jetzt, Schlafmütze? Manchmal glaube ich, du hast zu viele Gene von deinem Papa …«
Um ihren Vortrag über die Antriebslosigkeit meines Vaters zu vermeiden, sage ich schnell: »Bin schon unterwegs. Wenn du vielleicht rausgehen könntest …«
Sie verdreht die Augen. »Ich bin doch deine Mutter. Und in der Umkleide sehe ich jede Woche Hunderte von Mädchen in Unterwäsche …«
»Mama!«
Tatsächlich geht sie raus.
Schnell schlüpfe ich in meine Jeans, ziehe ein frisches Shirt über und werfe die Tagesdecke aufs Bett. Mit dem Fuß schubse ich ein paar Bücher drunter und einen BH. Vermutlich ist es trotz allem besser, wenn ich die anderen in mein Zimmer lasse. Meine Mutter ist so schrecklich neugierig.
Nur, um sicherzugehen, reiße ich schnell noch das Fenster auf. Die Kälte fährt mir ins Gesicht. Es fühlt sich an, als würde ich mit unendlich vielen Nadeln gefoltert werden. Vielleicht gibt mir das ein frisches Aussehen. Aber vermutlich ist das wieder nur positives Denken und deshalb Schwachsinn. Andererseits ist es ja auch egal, wie ich aussehe, sind ja wahrscheinlich nur Clara, Tim und Erwin.
Tatsächlich. Während Clara an der Küchenzeile lehnt und sich mit meinem Vater über ein Problem anihrem Fahrraddynamo unterhält, trippelt Tim neben ihr verlegen von einem Bein aufs andere. Erwin dagegen thront auf unserem Sofa, als sei er hier zu Hause. Er grinst mich an und mir fällt wieder auf, wie schleimig er eigentlich ist. Vermutlich hinterlässt er eine Spur auf dem Sofa.
»Morgen«, murmle ich. »Gibt's irgendwo Kaffee?« Mein Vater lacht und drückt auf den Knopf der Kaffeemaschine.
Sie rattert los, und ich kann nicht verstehen, was Erwin sagt. Er sieht nur aus wie ein Frosch, der das Maul auf- und zuklappt.
»Wollt ihr auch einen Kaffee?«, fragt mein Vater.
Aber die anderen schütteln zum Glück die Köpfe und Clara sagt: »Danke, wir hatten einen unterwegs. Ich hab eh schon das Gefühl, einen Kaffeerausch zu haben.«
»Wasser? Oder Saft?«, fragt mein Vater.
Sie entscheiden sich für Saft. Aber als er gerade alles auf den Küchentisch stellen will, nehme ich ihm Kaffee und Saftflasche einfach aus der Hand. »Danke, wir trinken das in meinem Zimmer«, erkläre ich.
Er sieht ein wenig aus wie ein trotteliger Bär, wie er so mit leeren Händen dasteht und mir nachschaut.
»Ha, in dein Zimmer wollte ich schon lange«, raunt Erwin mir auf dem Weg zur Tür ins Ohr.
Es kitzelt ein wenig und ich kann nicht anders, als das Gesicht zu verziehen.
Natürlich kommt meine Mutter genau in diesem Augenblick die Treppe herunter.
»Wollt ihr etwa schon wieder gehen?«, flötet sie.
»Nur in mein Zimmer!«, sage ich und rausche an ihr vorbei.
In meinem Zimmer mache ich schnell das Fenster zu, setze mich auf meinen Schreibtischstuhl, nehme einen kräftigen Schluck Kaffee und verbrenne mir die Zunge. Außerdem schmeckt er scheußlich, weil ich vergessen habe, Zucker hineinzutun.
Erwin streicht herum und glotzt alles an, während Tim und Clara sich auf mein Bett gesetzt haben.
»Kannst du dich nicht mal hinsetzen? Du machst mich völlig
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