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Passwort in dein Leben

Passwort in dein Leben

Titel: Passwort in dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Stehle
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gleichgültig.
    Hinter dem Privatgrund reiben wir uns mit seinen Socken die Füße trocken. Meine sind fast gefühllos. Es ist mir egal. Ich versuche nur irgendeinen Grund zu finden, länger mit ihm zusammen zu sein. Aber mir fällt nichts ein, vermutlich der Kälteschock.Zurück gehen wir auf dem Weg.
    Kurz vor dem Lindenhofpark bleibt Marco plötzlich stehen, sieht mich an.
    »Ciao«, sagt er. »War ein schöner Morgen.«
    Ich nicke, kann nicht sprechen, nur schauen. Kribbeln. Wie schafft er es nur, mit einem einzigen Blick, so viel mehr Kribbeln in mir auszulösen als David mit einem Kuss?
    Er lächelt noch einmal, dreht sich dann um und geht.
    Einfach so.
    Aber ein Stück von ihm, von diesem Vormittag, bleibt zurück. Ich nehme es mit nach Hause.
    Meine Eltern erwarten mich bereits. Beide schauen aus dem Küchenfenster auf die Straße hinaus. Kein gutes Zeichen. Ich gehe langsamer. Meine Mutter reißt die Haustüre auf.
    »Sofie«, sagt sie und ihre Stimme ist mir fremd. Irgendwas zwischen Mitleid und Besorgnis.
    »Hallo«, versuche ich fröhlich zu sagen, aber es kommt eher etwas unsicher heraus.
    Sie packt mich am Arm und macht die Tür hinter mir zu. Mir fällt plötzlich auf, wie dunkel es in unserem Vorraum ist. Zumindest, wenn mein Vater die Glastüre verdeckt. Als er sie aufmacht, kommt ein heller Lichtstreifen herein. Er dreht sich um, geht voraus in Richtung Wohnzimmer. Ich versuche, ihn anzusehen, herauszufinden, was los ist, aber er weicht meinem Blick aus.
    Meine Mutter bleibt neben mir stehen, als ich aus den Schuhen schlüpfe, mit dem Rücken an die Haustür gelehnt. Gerade so, als wolle sie verhindern, dassich abhaue. Mitten im Lösen meiner Schnürsenkel weiß ich, was los ist. Sie hat herausgefunden, dass ich heute geschwänzt habe. Irgendeine Erklärung muss mir schnell einfallen …
    Im Wohnzimmer sitzen wir uns gegenüber, als wären wir Fremde. Jeder auf einer eigenen Couch. Mein Vater hat sich zurückgelehnt, während meine Mutter und ich auf dem vorderen Rand sitzen bleiben. Mir fällt auf, wie weich der Teppich ist. Man kann die Füße ein ganzes Stück hineingraben.
    Niemand sagt etwas. Mir ist heiß. Ich habe das Gefühl, dass es immer stickiger im Raum wird. Am liebsten würde ich zum Fenster rennen und es aufreißen. Ich schlucke. Dann sehe ich auf. Die Augen meiner Mutter sind direkt auf mich gerichtet. Sie wartet. Erwartet etwas. Mein Vater knipst an seinen Nägeln herum.
    »Ist es, weil ich heute …«, fange ich an, kann aber nicht weiterreden, weil ich das Gefühl habe, dass ein riesiger Klumpen in meinem Hals feststeckt.
    Meine Mutter fordert mich mit den Augen auf, weiterzureden. Sie erinnern mich plötzlich an zwei Kieselsteine.
    »… nicht in der Schule war?«
    Keine Reaktion.
    Schließlich räuspert sich mein Vater, aber meine Mutter bringt ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Mir war nicht gut und es ist wirklich schwer, David und Julia zusammen zu sehen, und …«, plappere ich.
    Die Augen meiner Mutter werden noch härter. Ich kneife die Lippen zusammen, sehe meinen Vater an. Bitte, denke ich. Bitte.
    »Es geht nicht vorrangig darum, Sofie«, sagt er leise und beachtet meine Mutter nicht, die versucht, ihn zu unterbrechen. »Es geht um deine Facebook-Seite.«
    »Ich dachte, ich sehe nicht recht, als Ingrid mir die gezeigt hat!«, legt meine Mutter los. Ihre Stimme rollt wie ein Donner über mich hinweg. »Was ist denn los mit dir? Ich verstehe dich überhaupt nicht mehr. Es ist, als wäre eine völlig fremde Person in deinen Körper eingezogen!«
    »Ich war das nicht«, sage ich leise und ziehe den Kopf ein, wünsche mir, ich würde einen Schal tragen oder ein Halstuch.
    »Sofie, verkaufe uns nicht für dumm. Ich habe es gesehen, Dieter hat es gesehen. Scheinbar hat es die ganze Schule gesehen!« Jetzt schreit sie.
    »Lena, beruhige dich«, sagt mein Vater. »Sofie hat doch gesagt, dass sie es nicht war.«
    »Wie kann sie es nicht gewesen sein?«, wütet meine Mutter.
    »Jemand hat meinen Account übernommen.« Ich merke, dass ich auch wütend werde. Wie kann sie so was über mich denken, einfach so, ohne mich zu fragen?
    Sie gibt ein schnaubendes Geräusch von sich. »Und es ist nicht so, dass du verletzt bist, weil Julia und David jetzt zusammen sind, und dich rächen willst?«
    »Nein.« Ich höre selbst, wie kläglich ich klinge.
    »Schau, an deinen Gefühlen ist an sich nichts Schlechtes dran, aber auf diese Art …« Sie schüttelt den Kopf, macht ihr

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