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Passwort in dein Leben

Passwort in dein Leben

Titel: Passwort in dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Stehle
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kommen. Aber mit einem Virus …«, versuche ich es noch einmal und weiß selbst, wie unwahrscheinlich das klingt.
    »Sofie«, sagt mein Vater leise. »Selbst wenn das technisch möglich wäre, was ich bezweifle, bräuchtejemand dafür enormes Wissen und ich glaube nicht, dass irgendwer für einen dummen Streich so viel Energie aufwendet. Wenn jemand dich mobben wollte, gäbe es doch viel einfachere Wege …«
    Ich fühle mich plötzlich unendlich müde. Nehme alles wie durch einen Schleier wahr. Ich kneife die Augen zu, als könnte ich so verschwinden. Als wäre dann alles weg.
    »Komm«, sagt meine Mutter und klingt zärtlich. Sie nimmt meinen einen Arm und mein Vater den anderen. Dann führen sie mich in mein Zimmer. Meine Mutter sieht mir zu, wie ich die Jeans ausziehe, obwohl es endlos zu dauern scheint. Mein Vater bringt mir Kamillentee.
    »Wir werden einen Fachmann hinzuziehen müssen«, höre ich meine Mutter, »und morgen bleibst du erst mal zu Hause. Ich melde mich auch krank und schaue nach dir.«
    Ich bin plötzlich hellwach und es ist mitten in der Nacht. Mein Zimmer ist dunkel und voller Schatten. Nichts ist mehr, wie es war.
    Bin ich wirklich verrückt? Stelle ich überall Kameras auf und weiß es danach nicht mehr? Ich kann mir das nicht vorstellen. Langsam stehe ich auf, tapse zum Fenster und öffne es. Der Vorhang verheddert sich. Aber dann schaffe ich es doch. Die Kälte prickelt auf meinem Gesicht. Ich schließe dieAugen und mache sie dann wieder auf. Klarheit. Mit einem Mal habe ich das Gefühl, wieder völlig klar denken zu können. Ich habe keine Kameras, die ich aufstellen könnte. Und ich würde nie Constantin auf dem Klo filmen. Das ist mir echt zu widerlich.
    Deshalb brauche ich schnellstmöglich einen Plan.
    Ich fühle mich so ruhig wie schon seit Tagen nicht mehr, als ich das Fenster schließe. Dann hole ich meinen Block aus der Schultasche, setze mich mit gekreuzten Beinen aufs Bett und schreibe.
    Mögliche Lösungen:
    a) Ich bin verrückt.
    b) Jemand hat das Zeug auf meiner Festplatte gespeichert.
    Zu a) Rausfinden, ob ich vielleicht verrückt sein könnte:
    – im Internet recherchieren
    – einen Psychologen besuchen
    Beide Lösungen gefallen mir nicht wirklich. Ich möchte zu keinem Psychoheini. Clara war mal bei einem, als wir noch in der Grundschule waren. Nachdem sie der Lehrerin für textiles Gestalten ein Gedicht vorgelesen hat, in dem vorkam, wie doof wir die Lehrerin finden. Es war eine Mutprobe und sie bekam von allen anderen aus der Klasse dafür fünfzig Cent. Ihre Eltern meinten, sie hätte ein Problem mit der »Einschätzung der Realität«, weil sie Clara eigentlich alles kauften, was diese sich wünschte. Eigentlich ging es Clara auch nicht um das Geld, sie wollte nur zeigen, dass Mädchen mutiger sind als Jungs. Oder zumindest genauso mutig. Aber das hätten ihre Eltern nie verstanden. Bei dem Psychologen musste sie auf jeden Fall mit so einer Art Baukasten spielen und dieser zog dann daraus Schlüsse. Sie spielte aber nur eine Geschichte nach, die sie mal im Kinderprogramm gesehen hatte, und der Typ merkte das nicht. Danach haben wir uns immer verrücktere Sachen ausgedacht, die Clara in den Stunden spielen könnte. Plötzlich musste sie dann nicht mehr hin, nachdem er die Eltern zu einem Gespräch eingeladen hatte. Danach schimpften sie nämlich nur noch auf Psychologen. Mein Vater meinte, der hätte ihnen vermutlich gesagt, sie sollten sich mehr um Clara kümmern.
    Trotzdem traue ich Psychologen seitdem nicht mehr.
    Wenn ich also Punkt a) nicht lösen kann, bleibt nur Punkt b). An einen Virus glaube ich selbst nicht wirklich. Das wäre schrecklich kompliziert. Also muss jemand an mein Laptop gekommen sein. Wenn ich das Ding mit in die Schule genommen hätte, hätte sich vielleicht jemand dranschleichen können. Aber es lag die ganze Zeit hier in meinem Zimmer. Es müsste also jemand mit einem Schlüssel zu unserem Haus … Den hat aber nur die Nachbarin unddie ist ungefähr siebzig Jahre alt. Ich könnte sie fragen, ob sie den Schlüssel vielleicht verliehen hat oder ob jemand den hätte nehmen können. Außerdem muss ich versuchen herauszufinden, ob man zum Beispiel etwas über das Internet auf einer fremden Festplatte speichern kann, ob das vielleicht doch nicht so furchtbar kompliziert ist.
    Wieder muss ich an Marion denken.
    Ich finde es total unheimlich, dass sich jemand so verändern kann. Dass jemand einfach nicht mehr er selbst ist.
    Plötzlich ist mir eisig

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