Pasta Mortale
hältst?«
Da hatte die Frau, die der Kleinen liebevoll über die Haare
fuhr und ihr einen Schokoladenkeks in den Mund schob, durchaus recht, fand
Ondrasek.
»Das ist natürlich völlig richtig«, der
Botschafter zwinkerte seinem Besucher verschwörerisch zu. »Was man verspricht,
muss man auch halten.« Er holte sein Handy aus dem makellos gebügelten Sakko
des mittelgrauen Dreiteilers, mit dem er sich um diese Tageszeit bereits
schmückte, und drückte eine Kurzwahltaste. »Hier
Botschafter Arenbach, Frau Modrianow, bitte«, meldete er sich nach wenigen
Sekunden. Kurz darauf hatte sich die Gewünschte offenbar eingefunden, wie das
vertrauliche »Valeria, ich bin es, Daniel. Ich hoffe, es geht dir gut und man
behandelt dich respektvoll« vermuten ließ. Offenbar gab es keine gröberen
Klagen, denn wenige Sekunden später reichte Arenbach das Mobiltelefon an
Natascha weiter.
Während die Kleine glücklich mit ihrer Mama sprach und ihr
von den vielen schönen Dingen berichtete, die ihr ›Tante Beatrix‹ geschenkt
hatte, informierte der Botschafter Ondrasek über den aktuellen Stand der
Angelegenheit.
»Da ist bei der Fremdenpolizei offenbar ein Fehler passiert,
der zu dieser überstürzten Amtshandlung geführt hat«, erklärte er. »Aber wir
machen jetzt das Beste daraus. Frau Modrianow wird bereits morgen nach Bukarest
geflogen und kann an der dortigen Botschaft, die auch für Moldova zuständig
ist, einen neuen Asylantrag stellen. Dann darf sie sofort wieder nach
Österreich einreisen. Sie kann also in vier, fünf Tagen bereits wieder hier
sein.«
Das war’s dann gewesen mit Valeria als der Spitzen-Orlofsky
von Anfang an. Selbst falls Valeria in vier Tagen wieder zurück wäre, wäre
keine Zeit mehr für die abschließende Generalprobe. In vier Tagen war nämlich
schon Premiere. Na gut, vielleicht hatte die Theatercompany ja Glück und Elsa
Werburg-Moosbach hatte eine Sternstunde. Richtig daran glauben konnte er
allerdings nicht.
Hauptsache war aber, dass Valeria in wenigen Tagen wieder
frei sein würde, ihre Schubhaft so kurz wie möglich ausfiel. Und immerhin,
zumindest für die letzten vier Vorstellungen würde sie ja dann doch zur
Verfügung stehen können. Das war ja mehr, als er insgeheim zu hoffen gewagt
hatte.
Verdammte Politik, machte einem alles kaputt, auf das man
sich freute.
*
Palinski
hatte sich nie so wohlgefühlt in den letzten Monaten wie eben beim Disput mit
dem Innenminister. Er hatte keine Angst gehabt, weder vor den Konsequenzen
seines Handelns noch vor dem Leben oder einem irren Killer, der es auf ihn
abgesehen hatte. Und schon gar nicht vor einer Schreibblockade.
Es war gut gewesen, wieder einmal für eine Sache einzutreten.
Den Mund aufzumachen und für seine Meinung einzustehen. Vielleicht sollte er
das in Zukunft wieder öfter machen. Denn nur weil er jetzt Großvater wurde,
bedeutete das ja noch nicht, dass er schon zum alten Eisen zählte. Er war ein
sehr junger Vater gewesen und jetzt eben ein junger Großvater.
Juri Malatschews Anruf hatte ihn überrascht. In den über drei
Jahren, die er diesen sturen, alten Slawen und seine sonderbaren Gewohnheiten
kannte, war es noch nie vorgekommen, dass er von ihm angerufen worden war.
Immer war es Palinski gewesen, der etwas von dem geheimnisumwitterten
ehemaligen KGB ler
gewollt hatte.
Vom Innenministerium in der Herrengasse war es
nicht weit ins Café ›Landmann‹ gewesen, der Residenz Malatschews. Als Palinski
dort eintraf, war Juri noch voll mit seinem nicht gerade kärglichen Frühstück
beschäftigt. Auf dem neben dem eigentlichen Tisch aufgebauten Serviertischchen
fanden sich frisch gepresster Saft, gebratener Speck, Eierspeise, Schinken und
Käse, Fruchtsalat, Butter, Marmelade, Honig und verschiedenes Gebäck sowie zwei
Topfengolatschen. Und dazu natürlich auch noch eine große Kanne frischen
Kaffees und heiße, aufgeschäumte Milch. Nicht Obers, das behagte Juri nicht, er
war der Geschäumte-Milch-Typ.
»Trinkst du einen Kaffee mit mir?«, wollte der Russe wissen
und deutete auf eine leere Tasse. »Bediene dich.«
Also so billig wollte sich Mario auch wieder nicht
abspeisen lassen. Immer, wenn er Malatschew zu diesem und jenem Problem hatte
befragen müssen, hatte er sich besonders gastfreundlich verhalten und an Speis
und Trank für Juri bestellt, was in den bulligen Ex-Oberst hineinging. Und das
war jedes Mal wahrhaftig eine ganze Menge gewesen. Als
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