Pasta Mortale
Burgtheater, verstand die Welt nicht mehr. Und das kam bei dem alten Fuchs so
gut wie nie vor. Gestern hatte dieses komische Würstchen Bastinger unter
massiver Mitwirkung eines Außenstehenden den Löffel abgegeben. Malatschew hatte
den Mann zwar flüchtig gekannt, ihn aber immer für eine eher unwichtige
Randerscheinung gehalten. Gut, man sagte ihm nach, Kontakte zur Russenmafia, zu
Kreisen in der US -Armee und auch zur katholischen Kirche zu haben.
Bloß was diese Verbindungen in der Praxis bedeuteten, wusste niemand so recht.
Denn besonders in Erscheinung getreten war dieser Bastinger bisher noch nie.
Aber das musste nichts bedeuten, gestand Malatschew selbstkritisch ein.
Vielleicht war dieser Herr Kommerzialrat ja einer von diesen anscheinend völlig
Harmlosen, die in Wirklichkeit die ganze Welt narrten.
Kurz nach Bekanntwerden von Bastingers Hinscheiden
hatten sich innerhalb von nur vier Stunden ein Colonel des CID , der
Schwager eines russischen Ministers, dessen Namen weiter keine Rolle spielte,
und Monsignore Vanderkücken, ein dem Opus Dei nahestehender Vertrauter Kardinal
Essenbachs bei dem Russen gemeldet. Last, but not least hatte sich auch noch
ein chinesischer Geschäftsmann aus Shanghai dem illustren Trio angeschlossen.
Alle vier Herren suchten Bastingers kleines, schwarzes
Notizbuch. In dem sich angeblich Aufzeichnungen von für sie großer Bedeutung
befanden, über deren Art und Inhalt sie aber nicht sprechen wollten. Sie
wollten es sich einiges kosten lassen, falls er, Malatschew, ihnen beim
Auffinden dieses Büchleins behilflich sein konnte.
Das klang endlich wieder nach einem Großauftrag mit
abschließender Versteigerung an den Bestbieter. Nach den üblichen Kleckereien,
die Wien ihm normalerweise zu bieten hatte, endlich etwas zum Klotzen.
Jetzt musste er nur noch herausfinden, wo sich dieser
verdammte Gegenstand der qualifizierten Begierde befand. Wahrscheinlich konnte
ihm Mario dabei hilfreich sein, der nach den Meldungen der Medien ja
unfreiwillig Zeuge von Bastingers Himmelfahrt geworden war. Gegen eine schöne
Prämie würde auch Palinski sicher nichts haben.
Vorsichtig tippte der alte Russe mit seinen dicken
Fingern eine Handynummer ein und drückte die Verbindungstaste.
*
Helmut Ondrasek, der Dr. Daniel Arenbach nur vom
Sehen kannte, immerhin hatte der Botschafter Valeria zwei-, dreimal zur Probe
gebracht bzw. sie wieder abgeholt, stand gegen 9.30 Uhr vor dem Gartentor
der beeindruckenden Villa am Grinzinger Schreiberweg und drückte die Klingel.
Er hatte noch am Vorabend mit dem väterlichen Freund seines Orlofsky
telefoniert. Der ranghohe Diplomat war natürlich schon über den unerhörten
Vorfall informiert gewesen und hatte Ondrasek zugesichert, sich sofort mit
allem Nachdruck dieser hässlichen Geschichte zu widmen. »Erstens wegen Valeria
und zweitens auch der Kunst wegen«, sein nett gemeinter Lacher klang aber eher
verzweifelt.
»Danke, E…«, Ondrasek wusste nicht genau, ob sein
Gesprächspartner Eminenz, Exzellenz oder was auch immer war, »Herr Botschafter.
Kann ich Sie morgen Vormittag aufsuchen, damit wir unsere bis dahin erfolgten
Bemühungen koordinieren können?«
Dr. Arenbach war das durchaus recht gewesen. Als Ondrasek
dann noch angefragt hatte, ob er oder vielmehr seine Tochter sich in der
Zwischenzeit um Natascha kümmern sollte, hatte er allerdings erfahren müssen,
dass sich die Kleine bereits in der Obhut von Beatrix Arenbach befand. »Meine
Frau liebt das Mädchen und ist wie eine Tante zu ihr. Ich denke, da ist das
Kind bis auf Weiteres am besten aufgehoben.«
Davon konnte sich Ondrasek jetzt selbst ein Bild machen.
Während er Tee mit den Arenbachs trank, was heißt trank, zelebrierte,
beobachtete er, wie die Frau des Hauses fast schamlos um die Gunst Nataschas
buhlte und ihr all ihre Wünsche erfüllte. Auch solche, die die Kleine noch gar
nicht geäußert hatte.
Dennoch wirkte das Kind nicht glücklich, wie sollte es auch.
War doch die Mutter seit mehr als 18 Stunden verschwunden. Lustlos spielte das
Mädchen mit einigen Puppen herum, um ›Onkel Daniel‹ dann daran zu erinnern,
dass er ihr versprochen hatte, heute Vormittag mit der Mamutschka sprechen zu
dürfen.
Arenbach wollte anscheinend nicht so recht, doch seine Frau
blickte ihn mahnend an und meinte nur: »Daniel, versprochen ist versprochen.
Welches Vorbild lieferst du unserer Natascha, wenn du dich nicht an deine
Zusagen
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