Pasta Mortale
Papiere nicht vergessen«, erinnerte
sich das Mädchen. »Dann sind sie mit meiner Mama weggegangen. Seither habe ich
sie nicht mehr gesehen.«
Aufgeregt schrieb Palinski etwas auf einen Zettel und eilte
damit zu Franka. Nachdem sie die Frage gelesen hatte, gab sie diese auch
weiter.
»Natascha, kannst du dich erinnern, ob die beiden Männer
etwas aus eurer Wohnung in die Hand genommen haben, während sie auf deine Mama
warteten?«
Natascha legte den Kopf zurück und schien nachzudenken. »Ich
glaube, der eine hat das Foto von Papa in die Hand genommen, das auf dem
Kästchen neben der Küchentür steht«, erinnerte sie sich schließlich. »Das in
einem silbernen Rahmen. Und der zweite Mann hat in der Küche ein Glas Wasser
getrunken.«
Na, hoffentlich hatte die rührige Nachbarin, die sich so nett
um Natascha gekümmert hatte, bis sie von Frau Arenbach abgeholt worden war,
nicht auch noch das Geschirr gespült, ging es Wallner durch den Kopf. »Ruf im
Koat an, die Spurensicherung soll sich sofort um Fingerabdrücke in der Wohnung
kümmern. Vielleicht haben wir ja den einen oder anderen ›Kollegen‹ bereits in
der Datei.«
Danach hatte Frau
Wolfsberger, die nette Nachbarin, die Beaufsichtigung Nataschas übernommen.
»Bis mich Tante Beatrix abgeholt und hierher gebracht hat«, erklärte das Kind
und blickte liebevoll zu Frau Arenbach.
»Geht es dir gut bei Tante Beatrix?«, wollte Martha jetzt
wissen.
»Sie hat hier ein eigenes
Zimmer mit Bad und WC und bekommt alles,
was sie braucht«, warf Frau Arenbach ein.
»Ja, es geht mir gut«, versicherte jetzt auch die Kleine.
»Nur, ich vermisse Mamutschka so sehr.«
»Hast du zu Hause auch ein eigenes Zimmer?«, Palinski und die
beiden Polizisten kapierten nicht ganz, warum die Psychologin so auf dem
eigenen Zimmer herumritt, sie arbeitete ja nicht für das Jugendamt. Aber bitte,
sie würde ihnen das später sicher erklären.
»Nein, zu Hause schlafe ich mit Mama in einem Raum«, gab
Natascha zu. »Aber das macht nichts, im Gegenteil. So habe ich wenigstens keine
Angst beim Einschlafen.«
Betroffen blickte Beatrix Arenbach das Mädchen an. »Du hast
gestern Abend Angst beim Einschlafen gehabt?«, bei der Frage wirkte sie
tatsächlich bekümmert.
»Nun ja, schon, ein wenig«, das sensible Kind merkte sofort,
dass es etwas gesagt hatte, was Beatrix irritierte, störte oder was immer auch.
»Es war so ruhig im Zimmer, kein Atem war zu hören oder das Rascheln der
Zeitung, die die Mama gelesen hat. Nichts. Aber es ist nicht so schlimm. Sicher
gewöhne ich mich noch daran.«
»Haben Sie Kinder, Frau Arenbach?«, jetzt war wieder Franka
Wallner mit einer Frage dran.
»Nein, leider können wir keine eigenen Kinder
bekommen«, die Arenbach wirkte richtig bedrückt. »Obwohl wir uns nichts mehr
wünschen, aber …«, sie beendete den Satz nicht.
»Und was hast du heute mit Tante Beatrix alles angestellt?«,
jetzt war Martha, die Psychologin, am Zug.
»Wir waren in der Stadt, Spielzeug und Sachen zum
Anziehen kaufen«, dieses Thema machte Natascha sichtlich mehr Spaß. »Und dann
waren wir in der neuen Schule.«
»In der neuen Schule? In welcher neuen Schule?« Obwohl
Palinski nicht wusste, worauf die Psychologin hinauswollte, fand er ihre Art
der Befragung langsam doch recht interessant.
»Das Kind wird ab Herbst in das Lycée Française gehen«,
erklärte Beatrix Arenbach. »Wir haben sie heute da angemeldet.«
»Ausgerechnet am Tag, nachdem Valeria Modrianow in
Schubhaft genommen wird, zumindest aus Ihrer Perspektive, melden Sie ihre
Tochter in einer teuren Privatschule an«, wunderte sich Franka Wallner. »Ist
das mit Nataschas Mutter so abgesprochen?«
»Jjja, natürlich«, Beatrix Arenbachs stotterte, und jeder im
Raum wusste, dass diese Antwort wahrscheinlich nicht stimmte.
»Ich verstehe nicht ganz«, meinte die
Inspektorin. »Falls die Mutter abgeschoben wird, wird das Kind ebenso
Österreich verlassen müssen. Warum warten Sie die Entwicklung nicht ab, ehe Sie
die Kleine auf einer neuen Schule anmelden?«
Nach einer peinlich lange wirkenden Pause rückte die Hausfrau
endlich mit der Wahrheit heraus. »Gut, irgendwann müssen Sie es ohnehin
erfahren. Wir haben mit Frau Modrianow vereinbart, dass sie im Falle ihrer
Abschiebung Natascha zur Adoption freigibt und wir das Kind annehmen. Valeria
möchte, dass ihre Tochter hier all die Chancen bekommen soll, die ihr verwehrt
worden sind. Natascha bleibt
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