Pasta Mortale
wartete die negative nonverbale Reaktion auf
das Angebot gar nicht ab, sondern hob ihr Glas, prostete den beiden zu und
kippte das perlende Nass in sich hinein. Rums, bums und weg war es.
»Mein Mann kommt sofort«, kündigte sie dezent rülpsend an,
ehe sie die Flasche nahm und sich nachschenkte.
»Das wird doch hoffentlich kein medizinischer Notfall sein«,
flüsterte Palinski verhalten kichernd dem Oberinspektor zu, doch der winkte ab
und stand auf. Denn Dr. Daniel Arenbach, in makellos geschnittenes Mittelgrau
gehüllt, hatte den Raum betreten und kam, ein breites Lächeln auf dem markanten
Gesicht, auf die Besucher zu.
»Meine Herren, guten Morgen«, sülzte er los, »es tut mir
leid, dass es gestern so spät geworden ist, aber der Dienst am
Vaterlande …, na, Sie wissen schon. Was gibt es Neues von Frau Modrianow.
Ist sie bereits unterwegs nach Bukarest?«
Einen Moment lang dachte Palinski, in eine Aufführung der
Lustigen Witwe geraten zu sein und einen gealterten Danilo vor sich zu haben.
Aber was stark nach Satire roch, war beinharte Realität.
»Ich nehme an, Ihre Frau wird Sie bereits informiert haben,
dass sich Frau Modrianow nicht in Gewahrsam der Polizei befindet«, begann
Wallner. »Da der Innenminister gestern Abend bereits eine
Aufenthaltsgenehmigung aus humanitären Gründen unterzeichnet hat, ist auch
keinerlei Rechtsgrundlage für Schubhaft oder Abschiebung mehr gegeben. Das
Problem ist aber, dass wir nicht wissen, wo sich Frau Modrianow aufhält.«
»Ja, meine Frau hat mir berichtet«, das Diplomatengesicht
hatte sich völlig auf den Ernst der Lage eingestellt. »Ich verstehe das nur
nicht. Ich habe noch gestern mit Frau Modrianow telefoniert. Ein kleines
Entgegenkommen von Behörde zu Behörde«, jetzt hatte sich wieder ein kleines,
Verständnis heischendes Lächeln um seine Mundwinkel gelegt.
»Welche Nummer haben Sie gewählt, um mit Frau Modrianow
verbunden zu werden?«, wollte Wallner jetzt wissen.
Der Botschafter holte ein Handy aus seinem Sakko, tippte
darauf herum. »441 37 12«, meinte er dann.
»Versuchen Sie bitte, eine Verbindung herzustellen«, forderte
ihn der Oberinspektor auf. Arenbach schien zunächst nicht zu verstehen,
betätigte dann aber die Ruftaste und wartete. Nach etwa 30 Sekunden wiederholte
er den Vorgang, wieder ohne erkennbaren Erfolg.
»Ich verstehe das nicht«, der Botschafter wirkte tatsächlich
leicht verstört. »Da meldet sich niemand. Das ist ein Büro, da muss doch jemand
an den Apparat gehen.«
»Das ist ganz sicher kein Büro«, korrigierte Wallner.
»Zumindest keines der Polizei oder einer anderen Behörde. Mit wem haben Sie
denn das ›kleine Entgegenkommen von Behörde zu Behörde‹ vereinbart?«, fragte er
ironisch.
»Glauben Sie mir etwa nicht, Herr Oberinspektor?«, jetzt
versuchte es der Mann aus dem Außenamt mit Eishauch in der Stimme. »Oder wie
soll ich Ihre Frage sonst verstehen?«
»Ich vertraue Ihnen, Herr Dr. Arenbach«, auch Wallners Stimme
konnte sehr kalt klingen. »Aber Sie wissen ja, Kontrolle ist besser. Nennen Sie
mir einfach den Namen, und die Sache hat sich.«
Der Botschafter zögerte kurz, ehe er antwortete. »Das war ein
Hofrat Dr. Mabuse.«
Palinski hatte Mühe, den nach Nennung des Namens plötzlich
heftig einsetzenden Lachdrang unter Kontrolle zu bekommen. »Kennen Sie diesen
Doktor Mabuse«, er betonte den Namen provokativ, »persönlich?«
»Nein, obwohl mir der Name irgendwie bekannt vorgekommen
ist«, bekannte Arenbach. »Aber der Kontakt ist auch von ihm ausgegangen. Daher
habe ich die Sache nicht weiter überprüft.«
»Nun gut«, Wallner gab sich zufrieden. »Darf ich Sie um Ihr
Handy bitten? Sie erhalten es in einigen Tagen wieder zurück.«
Damit hatte der immunitätsverwöhnte Diplomat wohl nicht
gerechnet. Arenbach erstarrte kurz, dann wandte er ein: »Ich weiß nicht, ob ich
das muss, und auch nicht, ob ich das soll. Wozu benötigen Sie mein Handy? Es
handelt sich dabei um meinen Privatbesitz, nicht um ein vom Amt zur Verfügung
gestelltes Gerät.«
Wallner ließ sich auf keine langwierigen Erklärungen ein.
»Wenn Sie es mir nicht geben, muss ich eben einen gerichtlichen Befehl
erwirken. Das dauert zwar etwas, dafür ist es aber kaum vor der Öffentlichkeit
geheim zu halten. Irgendein Journalist bekommt das immer spitz. Diese Burschen
sind manchmal unverschämt gut.« Er blickte den Botschafter an. »Warum Sie
dieses Risiko eingehen, wenn Sie
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