Pasta Mortale
also in jedem Fall in Österreich. Das hat mein
Mann schon so arrangiert.«
Das war interessant und erklärte einiges. Auch Nataschas
Reaktion auf das eben Gehörte, die Kleine hatte zu weinen begonnen.
»Mama kommt wieder, das hat sie mir ganz fest versprochen«,
behauptete sie trotzig, »sie lässt mich nicht allein. Ich möchte nicht ohne
meine Mama hier sein.«
»Ich bin sicher, dass deine Mutter bald wieder bei dir sein
wird«, Franka versuchte, das Mädchen etwas aufzumuntern. »Sag mal, du hast doch
heute mit deiner Mama telefoniert? Wie war denn das?«
»Das war schön«, die Kleine hörte schlagartig zu weinen auf bei
der Erinnerung, und Franka musste lachen.
»Das ist mir klar«, erklärte die Inspektorin. »Was ich meine
ist, wie ist das mit dem Telefonat gewesen?«
»Onkel Daniel hat eine Nummer gewählt und mir dann das Handy
gegeben«, das war nach Nataschas Bericht also gar nichts Besonderes gewesen. No
problem at all. Ganz einfach.
Aber woher hatte Dr. Arenbach gewusst, welche
Nummer er anrufen musste, um Valeria Modrianow ans Telefon zu bekommen? Die der
Fremdenpolizei konnte es ja kaum gewesen sein, denn diese Behörde wusste von
nichts.
Darauf konnte wohl nur der Herr Botschafter die richtige
Antwort geben. Aber wo war Dr. Arenbach? Inzwischen war es bereits nach 20 Uhr,
und seine Frau vermisste ihn zusehends. Gleichzeitig aber war ihr das
Wohlergehen Nataschas ein wirkliches Anliegen. Beatrix Arenbach blickte auf die
Uhr und verkündete dann so en passant, dass es nun für kleine Mädchen langsam
an der Zeit wäre, ins Bett zu gehen. Für wen die Botschaft bestimmt war, war
klar. Und sie kam auch an.
»Gut«, schloss Franka Wallner, »ich denke, wir haben Natascha
alles gefragt, was wir von ihr wissen wollten. Danke, Natascha, und eine gute
Nacht. Und ich bin ganz sicher, dass deine Mami sehr bald wieder bei dir sein
wird.«
»Ich habe noch eine letzte kleine Frage an dich«, mischte
sich die Psychologin nochmals ein. »Kannst du mir sagen, ob du oder deine Mama
noch jemanden hier in Wien oder sonst wo in Österreich kennen, der etwas über
deine Mama wissen könnte?«
»Nein, die beiden kennen niemanden außer uns«, Beatrix’
Reaktion auf diese Frage wirkte fast ein wenig hysterisch. »Wir sind …«
»Entschuldigen Sie, Frau Arenbach«, schnitt ihr
Dr. Esslinger das Wort ab, »die Frage ging nicht an Sie, sondern an das
Mädchen. Also Natascha, kennst du noch jemanden in Wien, der etwas über deine
Mutter wissen könnte?«
»Na klar«, entgegnete die Befragte ohne nachzudenken, »wir
kennen den Martin. Der hat mit der Mama schon oft gesprochen. Ich mag den
Martin.«
»Wer ist Martin?«, wollte jetzt nicht nur Martha Esslinger
wissen, sondern auch alle anderen. Ja selbst ›Tante Beatrix‹ schien mit diesem
Namen nicht viel anfangen zu können.
»Der Martin ist von meiner Schule«, erklärte Natascha. »Also
von der Schule, in die ich jetzt gehe. Die Volksschule in der Krim. Ich glaube,
die Mama mag den Martin gerne. Ich hab gehört, wie sie ihm unlängst ein Bussi
übers Telefon geschickt hat.«
Um einen Mitschüler Nataschas schien es sich bei diesem
Martin demnach nicht zu handeln, stellte Franka fest.
5.
Langsam, aber
stetig begann sich Unsicherheit, ja leichte Panik in der Wiener
Gastronomieszene breitzumachen. Kein Wunder bei fünf höchst unterschiedlichen,
aber eindeutig gegen die Spitzengastronomie gerichteten Anschlägen innerhalb
weniger Tage. Da war der vergiftete Gast im ›Desirée‹, der bisher einzige Fall
mit tödlichem Ausgang. Dann die Explosion in der Küche der ›Villa Caprese‹, die
dem Küchenchef beinahe den rechten Arm gekostet hätte, das zerstörte
Meeresfischbecken im ›Fischerparadies‹, der vergleichsweise harmlose Brand in
den ›Fünf Ulanen‹ und nicht zuletzt der grauenhafte Gestank nach Buttersäure im
›Güldenen Drachen‹, der wahrscheinlich das totale Aus dieses
traditionsreichsten Restaurants überhaupt bedeutete.
Dazu kam noch der unter höchst seltsamen Umständen erfolgte
Unfalltod des Gastrokritikers Jo Grusinek, der zwar nicht unmittelbar zu der
Anschlagserie gehörte, irgendwie aber auch in das Bild passte. Zumindest heizte
er die Stimmung zusätzlich an.
Bei der Bedeutung, die der Tourismus für die
Stadt und die Gastronomie wieder für diesen hatte, erstaunte es nicht weiter,
dass sich der Bürgermeister höchstpersönlich beim Innenminister für die
Schaffung einer
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