Pasta Mortale
jene Nebenstellen, die sich bei einzelnen hohen Beamten und Diplomaten des
Hauses befanden, wurden in die Überwachung mit einbezogen. Auf diese zum Teil
in die Privatsphäre eingreifende Maßnahme wurde in einem speziellen
Rundschreiben des Ministerbüros wie auch in einer Sonderausgabe der
›Mitteilungen der Personalvertretung‹ ausdrücklich hingewiesen. Und
gleichzeitig auch vor einem entsprechenden Missbrauch des Kommunikationsmittels
gewarnt.
Da die anonymen Anrufe in der Folge zurückgegangen und seit
einer Woche überhaupt ausgeblieben waren, sollte die Überwachung am Freitag um
Mitternacht, also heute um 0 Uhr eingestellt werden.
Der den letzten Dienst versehende Techniker war
schon dabei gewesen, langsam seine Sachen zusammenzusuchen, als um exakt 23.12
Uhr ein Anruf angezeigt und aufgenommen worden war, dessen Inhalt den guten
Mann zunächst in helle Aufregung versetzt und dann sofort seine übergeordnete
Dienststelle anrufen hatte lassen. Der Anruf war von der Nebenstelle 3248
ausgegangen. Der dazu gehörende Apparat befand sich in der privaten Residenz
eines hochrangigen österreichischen Diplomaten in Wien-Grinzing.
*
Im Büro Wallners herrschte reger Betrieb. Nach
Palinski war jetzt gerade auch noch Fink Brandtner eingetroffen, der an seinen
letzten Krankenstandstagen partout nicht die Aufklärung dieses Falles verpassen
wollte. Immerhin hing auch ein wenig von seinem Herzblut in der Geschichte. Ja,
und Franka Wallner, die die frohe Botschaft schon vorab telefonisch geliefert
hatte, war ebenfalls unterwegs in den 1. Bezirk.
Und das mit dem Herzblut war auch keine inhaltslose
Übertreibung.
Als die Nachricht von Valerias Auffinden und ihrem relativ
ausgezeichneten Gesundheitszustand, außer einigen leichten Abschürfungen an
Beinen und Füßen fehlte ihr nichts, bekannt geworden war, konnte man an den
Gesichtern aller Anwesenden die enorme Erleichterung ablesen.
Palinski und Brandtner hatten sich eben den
Mitschnitt des Telefonats des Rektors mit Valeria zum zweiten Mal angehört.
Beide Männer schüttelten anschließend nur die Köpfe.
»Ganz abgesehen von allem anderen«, sinnierte Mario, »ich
meine, von den Sauereien, die dieser Mann zu verantworten hat. Der Gedanke,
dass unsere Nation im Ausland von solchen Geistesgrößen vertreten wird, macht
mir Angst.«
»Man muss sich das vorstellen«, sekundierte Brandtner, »der
Drahtzieher der Entführung verliert die Nerven, will mit seinem
Erfüllungsgehilfen telefonieren und gerät in eine Telefonüberwachung, von der
er nachgewiesenermaßen informiert gewesen sein muss. Dümmer geht es schon nicht
mehr. Es ist nicht zu fassen.«
»Und dass er sich von dem ›Hmmm, hmmm‹ Frau Modrianows hat
täuschen lassen«, Palinski musste lachen. »Ein wahrhaft kaltschnäuziger Typ,
der richtige Mann für Krisensituationen. Wie kann eigentlich jemand, der
charakterlich so daneben und gleichzeitig so blöde ist, in eine so hohe
Position kommen?«
Wallner hatte noch schnell die letzten formalen
Hindernisse für eine Verhaftung Arenbachs beseitigt, ehe er aufstand. »Los
Freunde«, ermunterte er die anderen, »jetzt holen wir uns diese Zierde
österreichischen Beamtentums.«
»Willst du nicht den Herrn Oberst informieren?«, regte Franka
an. »Vielleicht will er ja bei der Verhaftung dabei sein?«
»Nix da«, widersprach ihr Helmut. »Erstens ist er gar nicht
im Haus, und zweitens weiß ich nicht, was ihm möglicherweise noch alles
einfiele, um ja das Notwendige nicht machen zu müssen. Bei dieser Beweislage
übernehme ich allein die Verantwortung.«
»Ich möchte aber vorher das Mädchen, die Natascha, aus dem
Haus haben«, warf Franka ein. »Wer weiß, was dem Mistkerl alles einfällt, wenn
er sich in die Ecke gedrängt fühlt.«
Palinski blickte auf seine Uhr. Es war kurz vor zehn. »Mich
braucht ihr nicht unbedingt bei der Festnahme«, verkündete er. »Ich habe noch
einen Termin in der Stadt. Ganz in der Nähe.«
»Ach so, was gibt es denn Interessantes?«, fragte Helmut
Wallner beiläufig.
»Du solltest zu Mittag Nachrichten hören«, entgegnete
Palinski. »Wenn es das ist, was ich vermute, wird es ein mittelschweres
Erdbeben in der politischen Landschaft Österreichs auslösen«, meinte er
geheimnisvoll.
»Gut«, Franka drehte sich noch einmal um, »wir werden
Nachrichten hören. Und für den Abend freuen wir uns auf die Fledermaus.«
»Apropos Fledermaus«, Palinski war noch
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