Pasta Mortale
lobte der Don. »Ich möchte Sie bitten, dieses
Gespräch absolut vertraulich zu behandeln. Schöne Grüße nach Wien.« Dann war
diese denkwürdige Unterhaltung auch schon wieder beendet.
*
Ehe er sich der eigentlichen Aufgabe des
heutigen Tages stellte, wollte ZweiVier noch eine kleine Pflichtübung
erledigen. Da gab es so ein hochgekommenes Nichts, einen selbst ernannten
Weinpapst namens Gottfried Wain. Dessen vor einem Jahr eröffnete Vinothek in
der Nähe der Börse florierte trotz wirklich nur durchschnittlichem Angebot
erstaunlich gut. Da sah man, was geschicktes Marketing, genug Geld und immer
mehr Menschen, die meinten, unbedingt etwas von Wein verstehen zu wollen,
ausmachen konnten.
ZweiVier hatte sich vor etwas mehr als zwei Wochen um einen
Job bei der ›Vinothek Wain‹, allein der Name musste einen ja zur Raserei
bringen, beworben. Aber vergebens. Nicht nur, dass ihn der Chef persönlich für
körperlich zu schwach und daher für die Arbeit ungeeignet gehalten hatte, er
hatte ihn auch noch ausgelacht, nachdem er von seinem Schicksalsschlag erfahren
hatte. Das war ausgesprochen inhuman und geschmacklos gewesen und schrie nach
Rache. Und heute war es so weit.
ZweiVier hatte zunächst den Fahrer eines Kleintransporters,
der der ›Vinothek Wain‹ etwas liefern sollte, ausgetrickst und für einige Zeit
ruhig gestellt. Zuvor schon hatte er sein Äußeres so verändert, dass man ihn
nicht erkennen konnte. Und dann hatte er fünf Kartons nicht sonderlich
hochwertigen Rioja-Wein in den Keller der Vinothek geschleppt. Und dazu noch
eine sechste, etwas kleinere Schachtel mit einer großen Überraschung für den
präpotenten Möchtegern Wain.
Dann hatte er die Vinothek wieder verlassen, sich in den
Vorgarten des vis à vis liegenden Eissalons ›Isola Bella‹, einem der besten in
Wien, gesetzt und sich einen Coupe Danemark bestellt. ZweiVier liebte Coupe
Danemark, besonders als Belohnung für einen erfolgreichen eigenen Coup. Um das
zu wissen, mit eigenen Augen beurteilen zu können, musste er allerdings noch
ein wenig warten.
Geduldig machte er es sich in seinem Stuhl bequem und nahm
sich unauffällig den aufgeklebten Schnauzbart herunter. Der tauchte ja ohnehin
nur ins Schlagobers ein oder wurde mit Schokosoße verklebt. Dann begann er,
genussvoll sein Eis zu löffeln.
Zwei Tische weiter saßen Wilma und die beiden Harbachs, alle
drei dem gelobten Gefrorenen auch nicht gerade abgeneigt. Vor allem, das Schöne
am Eis, statt Mittag zu essen, war, dass man durchaus größere Mengen verdrücken
konnte, ohne gleich ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Und dazu dieses
herrliche Wetter.
Carola schalt gerade ein wenig ihren Albert, der
sich sein schickes blaues Hemd mit Himbeereis bekleckert hatte. Dann passierte
ihr aber das Gleiche, allerdings mit Schokoeis beziehungsweise weißem T-Shirt,
und beide mussten herzlich lachen. Wilma gefiel das Paar, das sich trotz
mehrerer Jahre Ehe sehr viel Spielerisch-Verliebtes erhalten hatte. Daran
könnte sich Mario tatsächlich ein Beispiel nehmen, dachte sie ein wenig
neidisch und seufzte innerlich.
Gleichzeitig war sie mit einem Auge aber auch bei diesem
seltsamen Mann zwei Tische weiter, der plötzlich keinen Bart mehr hatte. Das
war doch einigermaßen ungewöhnlich, um nicht zu sagen, verdächtig. Im Gegensatz
zu Mario witterte Wilma zwar nicht hinter jedem Rülpser bereits einen
Wasserrohrbruch und hinter jeder nicht sofort erklärbaren Sache ein Verbrechen.
Aber irgendwie wirkte der Kerl seltsam. Saß da, löffelte stumpfsinnig sein Eis
in sich hinein und ließ den Weinladen auf der anderen Straßenseite nicht aus
den Augen.
Die beiden Harbachs alberten inzwischen herum wie zwei
Teenager auf ihrer ersten Party und waren herzerfrischend. Kaum zu glauben,
dass die beiden zwei fast erwachsene Kinder haben sollten.
Der eigenartige kleine Mann ohne Bart blickte
immer öfter auf seine Uhr, dann wieder hinüber zur Vinothek. Plötzlich hob er
den rechten Arm, behielt ihn oben, blickte dabei ein weiteres Mal auf seine Uhr
und … senkte den angewinkelten Arm dann plötzlich stoßartig nach unten. So
wie Kinder das häufig tun, um damit anzuzeigen ›Jjjja, das war’s‹.
Genau in diesem Moment erschütterte ein dumpfes Grollen die
Straße. Aus der Vinothek drangen dunkle Rauchschwaden, und einige Menschen
kamen schreiend auf die Straße gelaufen.
Der seltsame Mann von nebenan wirkte sehr zufrieden. Er legte
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