Pasta Mortale
generelle Absicherung hatte Frau Modrianow schon lange
vor der sogenannten Schubhaft mit den Arenbachs schriftlich vereinbart, dass das
Paar Natascha adoptieren sollte, falls ihr etwas zustieß. Valerias Verschwinden
sollte also gleichzeitig auch Beatrix’ als sehr schmerzhaft empfundene
Kinderlosigkeit beenden und den Arenbachs einen Neustart als Familie
ermöglichen.
Das alles täte ihm sehr leid, hatte der Botschafter
abschließend bekundet und alle Betroffenen nochmals, nein, eigentlich erstmals
um Entschuldigung gebeten. Vor allem aber seine Frau und Valeria. Tja, und dann
hatte er wohl den Abzug betätigt.
Wallner schüttelte unsicher den Kopf. Damit war der Fall
eigentlich gelöst. Im Wesentlichen zumindest, obwohl noch die eine oder andere
Frage offen geblieben war. Vor allem die, wie Josef Marklers alias Bartuleks
Fingerabdruck auf den silbernen Bilderrahmen in Valerias Wohnung hatte kommen
können, während der Mann nachgewiesenermaßen in Tunesien in der Sonne gelegen
war?
Beatrix Arenbach war mit einem Nervenzusammenbruch ins
Krankenhaus eingeliefert worden und nach Aussage der behandelnden Ärzte derzeit
nicht vernehmungsfähig. Also auch nicht in der Lage, sich mit den letzten
Worten ihres Mannes auseinanderzusetzen. Gut, das musste eben warten.
Schön, dachte Helmut Wallner, der berufsbedingt auch mit der
Psyche eines Fleischerhundes aufwarten konnte, zumindest bei Bedarf, dann
bestanden ja gute Chancen auf ein relativ ruhiges Wochenende. Falls nicht
wieder etwas in letzter Minute dazwischenkam.
*
Die Premiere der Döblinger Fledermaus war für 19
Uhr angesetzt. Allerdings wurde bereits seit den frühen Nachmittagsstunden bei
der Villa und im Park gearbeitet. Es waren aber weniger die Mitarbeiter und
Techniker der Theatercompany, die so zahlreich und fleißig ihre Arbeit
verrichteten, sondern vor allem Karl Heinz Kracherl und seine
Cateringmannschaft.
Immerhin wurden für heute Abend insgesamt zwölf
Getränkestände aufgebaut, davon sechs Sektbars, vier Biertheken und zwei
Stände, die vor allem Alkoholfreies verkauften. Und das gesamte Angebot musste
natürlich auch irgendwie gekühlt werden. Das ging zum Teil über
Stromzuleitungen, zum Teil aber nur mit Trockeneis. Dazu würden im zweiten Akt,
also während des berühmten Fests beim Prinzen, mehr als 20 entsprechend
kostümierte junge Damen und Herren mit Tabletts herumgehen und den Ehrengästen
und Akteuren Getränke anbieten. Dazu kamen jede Menge Tabletts mit Kanapees,
kleinen Appetithappen, Würstel im Schlafrock und dergleichen mehr. Auf drei
gewaltigen Grills würden Gustostücke von Schwein, Rind, Huhn und Pute
gebrutzelt und mit leckerem Knoblauchbrot und herrlich frischen Salaten
angeboten werden. Für den Eintritt zur Fledermaus inklusive essen und trinken,
so viel das Herz begehrt, musste der erwachsene Besucher 26, Kinder und
Jugendliche bis 14 Jahre 15 Euro bezahlen.
Dafür erhielt der Gast beim Eintritt eine Art Ausweis, in den
ein direkt am Eingang gemachtes Sofortbild eingeschweißt wurde. Um so den
Missbrauch des skipassmäßig um den Hals zu tragenden ›Sesam-öffne-dichs‹
zumindest zu erschweren.
Karl Heinz Kracherl, der natürlich ständig auf sämtlichen
Handlungsschauplätzen in Erscheinung treten können musste, um sein Geschäft im
Auge zu behalten, hatte sich ein Kostüm zugelegt, das dem des Dieners Ivan,
gespielt von Mario Palinski, sehr ähnlich war. Kracherl mimte sozusagen den
Kollegen Ivans ohne Text. Nicht, dass Ivan auf der Bühne viel zu sagen gehabt
hätte, aber gegen Oleg, den Namen hatten sie Kracherl intern angehängt, war er
geradezu gesprächig.
Prinzipal Helmut Ondrasek telefonierte wieder, was das Zeug
hielt. Er hatte sich vorgenommen, die alte Silvestertradition wiederzubeleben
und auf dem Fest auch einige prominente Gäste auftreten zu lassen. Fix zugesagt
hatte ihm beispielsweise der alternde Austro-Pop-Barde Wolf Georg Reinhard, der
sein berühmtes ›Ich bin aus Österreich‹ zum Besten geben wollte. Aber auch der
Wiener Bürgermeister hatte zugesagt. Vorbehaltlich, sein Flug aus London hatte
keine Verspätung, würde er sich von einem Pferdefuhrwerk in den Park fahren
lassen und das berühmte Fiakerlied von Gustav Pick darbieten.
Vor allem aber hoffte er, und er wagte gar nicht, es
auszusprechen, dass vielleicht doch …, aber das wäre wohl zu viel des
Glücks.
Aber immerhin, hoffen durfte man doch, dachte Ondrasek.
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