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Pastetenlust

Pastetenlust

Titel: Pastetenlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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Tatortgruppe ein weiteres Mal zu Hand.
    Hier stand es schwarz auf
weiß. Die beiden Fingerabdrücke auf dem schwarzen Rauledereinband des
Notizbuches, das unter dem Bett gefunden worden war, stammten eindeutig von
Marion Waldmeister. Jetzt blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als die Frau
wegen Mordverdachtes festzunehmen. Schweren Herzens stand er auf, um die
unangenehme Verpflichtung hinter sich zu bringen.
    Willi Wanderer hatte das Kommissariat inzwischen bereits
verlassen. An der nächsten Ecke blieb er stehen und klopfte zufrieden auf seine
Brusttasche. In der befanden sich die drei Zehner und die beiden Zwanziger, die
er in der linken Sakkotasche des Toten gefunden und nach denen der Inspektor
nicht gefragt hatte. Das Leben konnte doch wirklich schön sein.

     
    *

     
    Im Verlauf des Vormittags trafen unabhängig
voneinander sowohl Sophie Lettenberg-Birkweiler in Begleitung ihrer Mutter als
auch der pensionierte Schuldirektor Frank Lettenberg, der Vater des Mordopfers
in Wien ein.
    Während die junge, ganz in Schwarz gekleidete Witwe im
Grandhotel abstieg, nahm sich Lettenbergs alter Herr ein Zimmer in der
hübschen, aber ungleich preisgünstigeren Pension ›Weinberg‹”.
    Wahrscheinlich war Sophies bevorstehende Ankunft ihn Wien
schon im Voraus durchgesickert, denn im Hotel warteten bereits die Vertreter
zahlreicher Medien. Trotz ihres deutlich zum Ausdruck gebrachten Abscheus vor
dem Mangel dieser Leute an jeglicher Pietät stimmte sie schließlich einer
improvisierten Pressekonferenz in der Halle zu. „Als Witwe eines Weltstars hat
man eben Verpflichtungen”, meinte sie zu ihrer Mutter. Resignierend und mit
Tränen in der Stimme.
    Ohne eigentlich danach gefragt worden zu sein, erzählte sie
den aufmerksam lauschenden Journalisten, dass sie gegen den Rat der Ärzte hier
sei. Die hätten ihr empfohlen, ihren vor zwei Wochen begonnenen Aufenthalt in
einer Privatklinik am Thalgauberg nicht zu unterbrechen. Noch dazu mit ihrer
Kopfverletzung, die sie sich bei einem Sturz zugezogen hatte. Sie bewies ihren
Sinn für dramatische Effekte durch die Abnahme ihres kunstvoll und modisch
geknüpften Kopftuches, das sie fast wie eine gläubige Muslimin aussehen hatte lassen. Darunter kam ein weißer, ihr gesamtes
Haar bedeckender Verband zum Vorschein. Ein Raunen ging durch die Schar der
versammelten Pressevertreter und das eben erst abgeflaute Blitzlichtgewitter
setzte neuerlich ein.
    Dennoch wäre sie schon gestern angereist, aber kurz vor der
Nachricht vom Tode ihres Mannes hätte sie erfahren, dass eine ihrer besten
Freundinnen, die berühmte Turnierreiterin Martina Tessler einem Autounfall zum
Opfer gefallen war. „Und das, nachdem sie mich noch eine halbe Stunde zuvor
besucht hat.”
    Jetzt konnte sich die zierliche Frau mit der milchweißen, wie
durchsichtig wirkenden Haut des Mitgefühls selbst des hartgesottensten Medienvertreters
sicher sein. Die Nachricht vom Tod zweier geliebter Menschen innerhalb zweier
Stunden war einfach zu viel für sie gewesen. Voll gepumpt mit
Beruhigungsmitteln hätte sie den Rest des Tages vor sich hin gedämmert und wäre
zu nichts in der Lage gewesen.
    „Aber jetzt bin ich hier”, verkündete sie mit großer Geste,
„um die Polizei bei der Aufklärung dieses Verbrechens zu unterstützen.”
    Wäre es nicht so unpassend gewesen, die Umsitzenden wären
jetzt wohl in Applaus ausgebrochen. So aber klatschte nur eine Person, die
Korrespondentin eines deutschen Massenblattes. Nicht hingerissen, begeistert
von dem Gesagten, sondern langsam und provokativ.
    Alle Anwesenden drehten sich zu
Karin
Bergmann um, die aufstand, um ihr demonstratives Verhalten zu rechtfertigen.
    „Mein aufrichtiges Beileid zu Ihren Verlusten, Frau
Lettenberg. Ich muss aber das Bild, das Sie hier in der Öffentlichkeit
entwerfen, etwas hinterfragen. Nach unseren Informationen hat sich Ihr
verstorbener Mann schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken einer Scheidung
getragen. Als Sie davon erfuhren, hatten Sie einen Nervenzusammenbruch und sich
daraufhin in diese Privatklinik begeben.”
    Den anwesenden Vertretern der weniger investigativen Blätter
war das alles bisher unbekannt gewesen. Jetzt witterten sie allerdings eine
Sensation. Die ursprünglich als langweiliger Pflichttermin angesehene Ankunft
der prominenten Witwe schien doch noch interessant zu werden.
    Das konnte Sophie Lettenberg natürlich nicht unwidersprochen
lassen. „In jeder Ehe gib es

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