Pastetenlust
„Und die Chefin hasst Hunde. Jetzt hat sie
den Auftrag gegeben, dass er weg muss. Ich tät ihn ja nehmen, aber mit meiner
Zwei-Zimmer-Wohnung geht das einfach nicht.”
Palinski blickte den Hund an und der Hund ihn, stand auf und
kam freundlich wedelnd näher. Plötzlich war sich Palinski völlig sicher, für
eine neue Beziehung der vierbeinigen Art wieder bereit zu sein.
„Ich nehme ihn mit”, platzte er heraus, ohne groß darüber
nachgedacht zu haben.
„Na, das freut mich aber für den Maximilian”, das Fräulein
schien wirklich zu meinen, was sie sagte. Wischte sich doch tatsächlich eine
Träne aus dem Augenwinkel. „Da müssen Sie aber mit dem Herrn Falbe sprechen.
Der ist jetzt sicher in seinem Büro.”
„Wieso heißt der Hund denn Maximilian”, er fand den Namen zwar
schön, für einen Vierbeiner aber etwas ungewöhnlich. Den Namen des Mannes, mit
dem er sprechen sollte, fand er in diesem Umfeld dagegen geradezu lächerlich.
„Der Mann von unserer Chefin ist der Jürgen Lettenberg”, sie
betonte das ›der‹ mit einem stolzen Unterton, „ein bekannter Schauspieler.
Vielleicht haben Sie es eh schon gehört, den hat man vor ein paar Tagen in Wien
tot aufgefunden.”
„Was s ie nicht
sagen”, Palinski stellte sich blöd. Manchmal war das das Beste, jetzt zumindest
das Einfachste.
„Und das große Vorbild
vom Herrn Lettenberg ist der Maximilian Schell ... gewesen”, fügte sie nach
einer kurzen Pause dazu.
„Kann man hier etwas essen?”, Palinskis Magenknurren zwang
ihn zum abrupten Themenwechsel.
„Wenns nach der Chefin ginge, hätten wir schon lang ein
Spitzen-Restaurant. Aber so kann ich Ihnen nur Würsteln anbieten, oder eine
Eierspeis. Auch eine Gulaschsuppe habe ich da. Wenns noch nicht sauer geworden
ist.”
„Ich denke noch darüber nach”, beschied er der Guten. Etwas
anderes interessierte ihn mehr.
„Und warum gibt es das tolle Restaurant noch nicht?”
„Na ja, das liebe Geld fehlt vorne und hinten. Das Geschäft
geht in den letzten Monaten nicht mehr so recht. Die Chefin hat keines und ihr
Mann hat zwar tolle Gagen kassiert, aber alles gleich wieder verspielt. Es ist
eine Schande.”
Palinski blickte sich um.
Alleine für die notwendigsten Instandhaltungsarbeiten würde man zwei- bis
dreihunderttausend Euro benötigen. Und danach nicht einmal viel davon sehen.
„Ja, sie ist überhaupt größenwahnsinnig. Spinnt von einem
Luxushotel, einem Golfplatz und was weiß ich noch.”
Die junge Dame schien auf ihre Chefin nicht sehr gut zu sprechen sein. Palinski
war ihre Offenherzigkeit aber durchaus recht. Selten hatte er soviel erfahren,
ohne seinen alten Presseausweis strapazieren zu müssen.
„Können Sie mir eine Brettljause machen?”, kam er erneut auf
die gastronomischen Möglichkeiten des Hauses zu sprechen.
„Aber freilich, gerne”, das Fräulein freute sich, dass sich
der nette Herr endlich für etwas entschieden hatte.
„Ich gehe inzwischen zum Herrn Schimmel, wegen des Hundes”,
Palinski stand auf und ging in die von der Serviererin gezeigte Richtung.
„Falbe, der Herr heißt Falbe und nicht Schimmel”, rief sie
ihm nach.
„Macht nichts”, murmelte er vor sich hin, „Hauptsache, er
wiehert nicht.”
Falbe hatte angeblich schon andere
Pläne mit Maximilian, aber nichts, was nicht mit einhundert Euro aus der Welt
zu schaffen gewesen wäre. Dafür bekam Palinski sogar noch das Halsband, die
Leine und einen Beißkorb. Alles in allem gar kein so schlechtes Geschäft, fand
er.
Während Falbe die Accessoires zusammensuchte ,
blickte sich Palinski in dem kleinen Raum um, dessen Wände mit Dutzenden
Fotografien und alten Plakaten von Reitturnieren förmlich tapeziert waren.
Pferde mit Reitern, Pferde ohne Reiter und gelegentlich auch nur Reiter. Bei
zwei der Aufnahmen erkannte er den Ort des abgebildeten Geschehens, Es war der
Reiterhof ›Hellertalmühle‹ in der Nähe von Deutsch-Wagram nordöstlich von Wien.
Als Teenager war Tina häufig dort zum Reiten gewesen. Einmal hatte die Familie
sogar Silvester dort verbracht. In der Mühle gefeiert und in einem Blockhaus im
nahen Wald wieder ausgeschlafen.
Falbe war wieder zurück. „Ist das
nicht die Heller-talmühle?”, wollte Palinski sich vergewissern. Der Mann nickte
„Gute Freunde von der Chefin. Besucht sie immer, wenn sie in Wien ist.”
Später, beim Verzehren
der Brettljause vertiefte das neue Herrl seine aufkeimende Freundschaft mit
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