Pastetenlust
Frage zu klären,
Tatsächlich wollte er aber wissen, wie es ihr ging. Sie schien ihr Schicksal
gefasst zu tragen, woran wahrscheinlich auch der Optimismus ihres Anwalts Dr.
Bader Anteil hatte. Der hatte ihr versichert, sie in wenigen Tagen herausholen
zu wollen. Wallner hoffte, dass das nicht bloß eine Beruhigungspille des
routinierten Strafverteidigers war.
Der verliebte Inspektor hatte versucht, Marion klar zu
machen, dass ihm angesichts der Vielzahl an Indizien gar nichts anderes
übergeblieben war als sie in Haft zu nehmen. Er hatte sich schon mit einem
lapidaren „Ich habe nur meine Pflicht getan” entschuldigen wollen, als ihm
gerade noch rechtzeitig eingefallen war, dass diese Formulierung einem
wesentlich prominenteren Zeitgenossen vor Jahren kein Glück gebracht hatte und
seither negativ besetzt war.
So hatte er die Arme ausgebreitet und bedauernd mit den
Achseln gezuckt. Marion hatte in einer Art mit dem Kopf genickt, die Wallner
als tendenziell verständnisvoll verstehen hatte wollen. Plötzlich hatte sie ihn
mit nachdenklichem Gesicht gefragt: „Wo ist eigentlich der Preis?”
„Welcher Preis?”, Wallner hatte zunächst nicht verstanden.
„Eine rund 25 Zentimeter hohe männliche Figur aus Porzellan, die
mit der rechten Hand das bekannte Siegeszeichen macht.” Sie zeigte ihm das
durch Winston Churchill bekanntgewordene V mit dem Zeige- und Mittelfinger.
„Hübsche Arbeit von eurer, wie heißt die bekannte Manufaktur noch?”
„Meinen Sie Augarten?”, half Wallner ihr aus.
„Augarten, ja, von der Manufaktur Augarten. Wo ist der Preis,
der Viktor, den Jürgen bekommen hat?”
Gute Frage, hatte Wallner gedacht, aber nicht die geringste
Ahnung gehabt. Er war auch gar nicht sicher gewesen, ob ihn das überhaupt
interessieren musste. Doch, hatte er entschieden, denn in einem Mordfall kann
alles von Bedeutung sein. Vielleicht war der Preis ja sogar das Motiv. Wer
konnte das schon wissen. Sicher war nur, dass es sich dabei nicht um die
Mordwaffe handelte.
„Ich weiß es leider nicht, aber ich werde mich darum
kümmern.” Beruhigend hatte er die selbst nach einer Nacht in dieser Umgebung
noch immer sehr attraktive Frau angelächelt. Martin Sandegger trat ein.
„Da ist ein Herr”, er blickte auf die Visitkarte in seiner
Hand, „Dr. Wassilievits von der ›Münchner Leben‹, der Versicherung, bei der Lettenberg die Polizze über 1,5 Millionen hat. Oder
hatte.”
„Na, immer rein mit ihm in die gute Stube.” Sandegger
wunderte sich über die plötzlich gute Laune Wallners. Er konnte nicht wissen,
dass der sich eben noch an den sanften Kuss Marions auf die linke Wange
erinnerte, mit dem sie zum Abschied Versöhnung signalisiert hatte.
*
Während Dr. Wassilievits versuchte, Wallner
irgendeine Information zu entlocken, die die Möglichkeit eines Selbstmordes der
versicherten Person nicht ausschloss und damit die Versicherung zumindest
vorläufig von der Leistungsverpflichtung entbinden würde, saß ein saurer –
angefressener, wie man in Wien sagt – Dr. Schneckenburger in seinem Büro und
blickte trotzig aus dem Fenster.
Diesen Anschiss von der Sektionschefin hätte er sich wirklich
ersparen können. Aber noch schmerzhafter war, dass ihn die Alte fast ausgelacht
hatte. Seinen prompten und, wie er meinte, vorbildlichen Einsatz als ›naive
Alibihandlung zu Lasten des Steuerzahlers‹ abgetan hatte. Er würde es der
arroganten Schnepfe schon noch zeigen. Spätestens in sechs Jahren bei ihrer
Verabschiedung. Schuld an dem Schlamassel war aber vor allem die Klagenfurter
Polizei. Wären die Kollegen mit normaler Aufmerksamkeit vorgegangen, hätte
ihnen auffallen müssen, dass es sich bei dem Verhafteten Walter F. nicht um den
gefürchteten Erpresser handeln konnte. Sondern nur um einen nicht sonderlich
intelligenten, verwirrten und vor allem dank seiner Lebensumstände völlig verzweifelten
Menschen. Ein Nachahmungstäter, der mit untauglichen Mittel, ja was eigentlich
hatte machen wollen? Die Flüssigkeit in der Einwegspritze hatten sich als
einige in einem Liter Wasser aufgelöste Globuli, noch dazu ungerüttelt,
herausgestellt. Wahrscheinlich würde das Ganze, wenn überhaupt, als „Grober
Unfug” qualifiziert werden und damit wie das Hornberger Schießen ausgehen .
Man muss sich das einmal vorstellen, überlegte
Schneckenburger. Das so genannte Erpresserschreiben hatte die arme Sau noch in der
Tasche gehabt und an der
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