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Pastworld

Pastworld

Titel: Pastworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Beck
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Samtkissen hervor, legte es in die Mitte des Wagens und setzte sich darauf.
    »Setz dich neben mich, Eve. Ich tu dir nicht weh. Hast du gedacht, ich wollte dir wehtun? Willst du mir wehtun?«
    »Nein«, antwortete ich. »Ich glaube nicht, dass du mir wehtun willst. Ich weiß auch nicht, warum ich das getan habe, Caleb. Ich habe keine Ahnung.«
    Ich ließ mich neben ihn auf das Kissen fallen. Ich roch den intensiven Geruch nach Erde, Gras und Blättern, legte mich auf den Rücken und schaute zu Caleb hoch, wie er mit seiner schmalen Brust und seiner bläulich weiß schimmernden Haut in der Dunkelheit saß.
    »Hinter deinem Kopf ist ein Mond an den Himmel gemalt. Du siehst aus wie der Mann im Mond in einem von Jacks Bilderbüchern«, sagte ich. Er legte sich neben mich. Ich nahm seinen Kopf in beide Hände, sah ihm in die Augen und sagte: »Irgendwie empfinde ich etwas für dich, weißt du, aber es sind ganz andere Gefühle als die für BibleMac. Ich will dich nicht küssen oder so etwas.«
    »Ja, ich weiß«, entgegnete er, »weil ich dir gegenüber dieselben Gefühle habe.«
    Caleb sah mir in die Augen und wieder legte ich mir seine Hände um den Hals. Ich fühlte, wie seine Daumen zudrückten. »Genau so«, flüsterte ich.
    Ich schloss die Augen und seine Hände blieben, wo sie waren. Allmählich lockerte sich sein Griff. Dann legte er seinen Kopf auf meine Brust und lauschte meinem Herzschlag. Er zog die warme Samtdecke über uns, ich kuschelte mich an seine Schulter. Dann lagen wir als zwei seltsame neue Freunde in der warmen Dunkelheit unter den Bäumen still nebeneinander. Das war alles, was zwischen uns vorging. Als ich behaglich in seinen Armen einnickte, dachte ich an BibleMac, an sein bereitwilliges Lachen und seine lächelnden Augen. Plötzlich erinnerte ich mich an etwas anderes, und zwar ganz deutlich. Ein anderer Wald und ein Lagerfeuer, der Geruch nach vermodertem Laub und Raketen und Feuerwerkskörpern, die über den Baumkronen explodierten, und eine Reihe von Leuten, die mir zusah, wie ich über die Funken und das erlöschende Feuer sprang, und ich sah Jack, wie er in die Hände klatschte und lachte, als ob es etwas zu feiern gäbe. Aber was?
    Wir blieben zwei weitere Tage und Nächte im Wald. Caleb kam nicht wieder zu mir in den Wagen, sondern blieb nachts bei Jago im Zelt. Wir fühlten uns miteinander außerordentlich wohl. Den größten Teil unseres letzten Tages verbrachte ich dösend und träumend. Ich saß oder besser gesagt rekelte mich hoch oben in einer großen Eiche. Niemand störte mich, selbst dann nicht, als ein heftiger Sturm aufkam. Über dem Wald ballten sich dunkle Gewitterwolken zusammen.
    »Ein seltenes Ereignis«, sagte Jago, »in einem Zeitalter, in dem der Regen sorgfältig geplant wird.«
    Ich blieb auf meinem Baum, versteckt zwischen den dichten Blättern. Ich wollte den Sturm erleben, die echte, wilde Natur spüren.
    Das über dem Wald hereinbrechende Unwetter erregte mich und machte mir Angst. »Oh, du wunderbarer Baum, beschütze mich«, sagte ich lautlos und meine Hand fuhr unwillkürlich an meinen Hals, wo ich Calebs Hände hingelegt hatte. Hoch über den Bäumen fuhren riesige Blitze durch den Regen. Unten beschäftigte sich Jago offensichtlich unbeeindruckt mit seinen Seilen. Der Regen fiel in Sturzbächen auf die Blätter, sodass sie auseinanderstoben. Ich hielt mein Gesicht aus meinem Versteck heraus, ließ mir den Regen auf die Haut prasseln und lauschte, wie er um mich herum auf die Blätter rauschte.
    Ich blieb oben im Baum und wartete, bis der Regen nachließ. Auch der Sturm verlor an Kraft und Wolkenfetzen aus dem gerade noch kochenden Himmel wehten mir durch die Lücken im Laub ins Gesicht. Das Pfeifen des Windes durch die gelben und orangefarbenen Blätter machte mir großes Vergnügen. Hin und wieder fiel ein Tropfen durch die Blätter und landete auf meinem Nacken. Ich fröstelte.
    Ich entdeckte, dass ich, wenn ich mich stark genug konzentrierte, die Regentropfen langsamer auf die Blätter fallen lassen konnte. Ich konnte zuschauen, wie sie fast bedächtig herunterfielen, und ich sah, wie sich in jedem Tropfen das Licht brach. Überall entstanden kleine Regenbogen. Das war ein neues Wunder. Ich beschloss sofort, es tief in meinem Inneren wegzuschließen, es sogar vor BibleMac, Caleb und Jago geheimzuhalten. Ich habe das Bild in einem stabilen, schwarzen Kästchen in meinem Kopf eingeschlossen. Mir ist instinktiv klar, dass ich es beschützen muss. Was einmal

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