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Pastworld

Pastworld

Titel: Pastworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Beck
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gibt es frisches Wasser. Es ist, als wären wir in einem anderen Land, in unserem ganz privaten Baumland.« Jago blickte zu Caleb hinüber. »Du scheinst dich mit diesem verlorenen Jungen, mit diesem Caleb, ja gut zu verstehen, oder?«
    »Ja«, sagte Eve. »Es ist komisch, weil ich das Gefühl habe, dass ich ihn schon ewig kenne.«
    Die Luft war süß hier im Wald. Sie waren umgeben von lauter freundlichen Bäumen, von großen Lebewesen, die ihre Arme hoch in den natürlichen Himmel streckten.
    Sie saßen neben dem Wagen an einem munter brennenden Feuer, aßen Safranreis mit Fisch und Früchten und hatten sogar eine Flasche Wein aus Mr Leightons Keller, die Jago im Bach gekühlt hatte. Nach dem Essen sahen sie zu, wie es allmählich dunkler wurde, eine echte Abenddämmerung. Im Zwielicht hörten sie Eulen rufen und verschiedene Vögel singen.
    Als es richtig dunkel war, nahm Jago eine Laterne und ging sich im Bach waschen. Caleb und Eve saßen nebeneinander, rochen die Blätter und die kühle Nachtluft, und schauten in den Himmel. »Echte Sterne«, sagte Eve, »und nicht etwas, was in die Kuppel projiziert wird. Echte Welten, die Hunderte von Lichtjahren von uns entfernt sind.«

43
     
    Aus Eves Tagebuch
     
    Seit Kurzem erlebe ich immer wieder merkwürdige Momente, in denen ich das Gefühl habe, als würde mein Verstand durchdrehen und kurz aussetzen. Das macht mir Angst. Einmal hatte ich Jago erzählt, dass ich ungebetene Bilder vor mir sähe. Das hatte ich vorher noch nie jemandem erzählt. Ich bin inzwischen sicher, dass mich meine Erlebnisse aus der Zeit, bevor ich mit Jack in dem Dachzimmer hauste, einholen. Dass dieses Etwas, dieses Geheimnis, das meinen Gedächtnisverlust hervorgerufen hat, zurückkommt und mich quält.
    In der ersten Nacht im Wald schlief ich im Wagen, während Jago und Caleb die Nacht im Freien unter einem Zeltdach verbrachten. Ich lag lange wach, lauschte den nächtlichen Geräuschen und dachte über BibleMac und Caleb nach. Caleb gegenüber war ich schüchtern gewesen, hatte mich aber auch wohlgefühlt. Jetzt lag jeder für sich, auf seinem Lager, umgeben von den Geräuschen der Nacht, den Sternen und dem weiten Himmel.
    Ein berauschender Duft lag in der Luft, der Geruch nach vermoderten Blättern und nach dem Rauch des verlöschenden Feuers. Der Wagen wackelte, als wäre jemand auf das Treppchen vor der Öffnung in der Zeltplane gestiegen. Ich setzte mich auf. Ein Windstoß bewegte die Plane und fuhr mir durch die Haare. Es war Caleb. In einen der Samtvorhänge gewickelt stand er vor mir. Er fröstelte. Auf seinen bleichen Schultern und seinen Oberarmen konnte ich eine Gänsehaut sehen. Ich stand auf und zog ihn in den Wagen hinein.
    »Geht es dir gut, Caleb?«
    »Es tut mir leid«, sagte er, »ich musste dich einfach sehen.«
    Sein Gesicht war nah an meinem und ich sah, wie er zitterte.
    »Ich verstehe, Caleb. Es muss dir nicht leidtun.«
    »Ich kann dein Herz schlagen hören.«
    »Und ich deins«, sagte ich.
    Ich nahm seine beiden Hände in meine, erhob sie und drückte sie so gegen meine Kehle, dass sie meinen Hals fest umschlangen. Er hielt ganz still, seine Hände wärmten meine Haut. Ich schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und wartete. Ebenso wie er.
    »Fester«, sagte ich leise.
    Er lockerte seinen Griff und ließ meinen Hals los.
    »Ich verstehe nicht«, sagte er, »tut dir das nicht weh?«
    »Ich verstehe es auch nicht«, erwiderte ich. »Irgendwie muss es so sein, dass du mich an dieser Stelle ganz fest hältst. Es ist fast so, als ob …«
    »Als ob du willst, dass ich dir wehtue? Das will ich aber nicht, Eve«, sagte Caleb.
    Er sah mir in die Augen.
    »Du hast ungewöhnlich leuchtende Augen, Eve«, sagte er. »Mir wird auch häufig gesagt, wie sehr meine Augen leuchten.«
    »Es stimmt, deine Augen sehen aus wie meine«, sagte ich, »und wenn du lächelst, kräuseln sich die Augenwinkel, das ist selten.«
    »Ich hab nicht viel, worüber ich lächeln könnte«, sagte er.
    Ich streckte die Hand aus und streichelte die weiche Haut an seinen Augenwinkeln. Dann legte ich aus unerklärlichen Gründen seine Hände über meinen Mund und rief plötzlich »Nein« und stieß ihn von mir weg. Hier ging etwas sehr Seltsames vor und ich verspürte den Drang, es geschehen zu lassen, was auch immer es sein mochte.
    Erschrocken machte er einen Schritt rückwärts. Ich war selbst erschrocken. Er verzog das Gesicht, das Lächeln war aus seinen Augen verschwunden.
    Er zog ein

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