Pastworld

mehr beweist, dass ich nicht so bin wie andere.
    Dann fiel mir noch etwas ein zu jenem ersten Aufenthalt in einem Wald. Als die Rauchwolken von dem Lagerfeuer aufstiegen und ich den Geruch nach brennendem Holz und nassem Waldboden einatmete, sah ich Kadetten in roten Uniformen aufgereiht, die mich beobachteten, wie ich über das Feuer sprang. Vielleicht mochte ich deshalb den Geruch von Jagos Holzfeuer so sehr. War es dieser Geruch, der die Erinnerung wachgerufen hatte? Wann mochte sich diese Szene abgespielt haben? Es schien mir sehr lange her zu sein, aber das konnte eigentlich nicht sein.
    Ich entschied, dass es Zeit wurde, zu Caleb und Jago hinunterzusteigen.
    Ich schlüpfte um den nassen Stamm herum und lief über das Seil. Die Seile waren alle an kleineren, jüngeren Bäumen befestigt, sodass diese alte Eiche der Mittelpunkt einer Baumstadt war.
    Ich kletterte die Leiter hinunter. Unten angelangt, rannte ich mit weit ausgebreiteten Armen und wehendem langen Rock los und platschte mit den Füßen durch das saubere Regenwasser.
    Ich landete in den Armen von Jago, dem wunderbaren, freundlichen Jago. Er schwang mich hoch im Kreis herum und lachte über meine nassen Haare und mein nasses Gesicht.
    Es wurde Zeit zurückzukehren. Jago musste zurück. Die Feierlichkeiten zu Pastworlds zehnjährigem Jubiläum standen bevor: ein großes Feuerwerk und ein Abriss. Jago wollte es sich nicht entgehen lassen, innerhalb weniger Stunden eine Menge Geld zu verdienen. Diese Gelegenheit musste er nutzen.
    »Ich habe mich an etwas erinnert«, sagte ich. »Ich bin schon einmal in einem Wald wie diesem gewesen, vielleicht in meiner Kindheit, und die Blätter waren ebenso leuchtend gelb und orange wie jetzt. Es gab ein Lagerfeuer und ich bin über die Flammen gesprungen. Irgendetwas wurde gefeiert und es gab ein Feuerwerk.« Unvermittelt drehte ich mich um mich selbst und breitete die Arme aus. »Du hättest dich nicht vor dem Sturm verstecken sollen. Er war ein Segen des Himmels. Wir hätten unsere Gesichter in den Himmel heben und den Regen freudig auf uns niederfallen lassen sollen! Wir hätten ihn schmecken und trinken sollen, solange es möglich war! Hör nur diese Musik, wie der Rest des Sturms sich entfernt.«
    Jago ging Pelaw holen und Caleb sagte: »Eve, wegen neulich nachts, das tut mir leid. Ich hätte das nicht zulassen sollen. Ich verstehe es nicht, ich wollte dir bestimmt nicht wehtun, Eve. Aber das weißt du ja.«
    »Ich weiß. Du musst dich nicht entschuldigen«, antwortete ich.
    »Dann verzeihst du mir also«, sagte er und lächelte so strahlend, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte.
    »Es gibt nichts, was ich dir verzeihen müsste, Caleb Brown.«
    »Sieh dir nur deine nassen Sachen an. Du bist verrückt«, sagte Caleb und lachte.
    »Ja«, sagte ich, »ich bin verrückt, verrückt vor Liebe nach all dem Leben um uns herum.«
    Wir fuhren dieselbe Strecke in die Stadt zurück, die wir wenige Tage zuvor gekommen waren, und stellten unseren Wohnwagen neben die der anderen Familienmitglieder. Caleb kehrte ins Haus von Mr Leighton zurück. Der liebe BibleMac kam zu Besuch. Er ist hiergeblieben und jetzt schläft er tief und fest neben mir, während Jago hinten zwischen den Kulissen ist. Ich liege schon eine ganze Weile wach und schreibe langsam in mein Tagebuch. Es macht mir Spaß, die Buchstaben zu Worten zu formen. Ich stelle mir vor, mit Caleb und Jago wieder im Wald unter den Bäumen zu sein. Ich würde gern mit BibleMac dahin gehen, aber irgendwie kann ich ihn mir zwischen all den Bäumen nicht vorstellen. Es war so rein und seltsam da draußen und so wunderschön, so ganz anders als in der Stadt.

44
     
    Catchpole blieb ein paar Tage lang ohne Nachrichten und wartete ungeduldig auf Hudsons Antwort. Endlich kam mit der Morgenpost ein brauner Umschlag vom Comms Centre. Mit einer Büroklammer war an der Akte eine hastig gekritzelte Nachricht befestigt.
    Hallo Charlie,
    hier kommt die Akte, die du haben wolltest. Anhang A. Tut mir leid, dass sie so spät kommt, aber ich musste sie stehlen. Es war ausgeschlossen, dass das Buckland Archiv sie freiwillig herausgeben würde. Mit einem kleinen Ablenkungsmanöver und einem raschen Austausch gelang es mir jedoch, sie für dich zu kopieren. Für dich schien es um Leben und Tod zu gehen. Was du damit anfängst, ist dir überlassen.
    Ich habe nicht einmal hineingeschaut. Ich möchte lieber nicht wissen, was drinsteht. Sie wurde streng unter Verschluss gehalten. Und glaub mir,