Pastworld
natürlich, also ich glaube wenigstens, dass er das war. Hat sie dir nichts von ihm erzählt? Er hat sie gesucht. Ich habe seine Leiche gesehen und sie in der Leichenschauhalle identifiziert. Der Bulle glaubt, dass das Phantom ihn erwischt hat.«
Rose holte ein sauberes Handtuch und eine Schüssel mit heißem Wasser von der kleinen Anrichte im hinteren Teil ihres Wagens.
»Kommt, ihr zwei, lasst uns gehen und dem armen Jago helfen«, sagte sie leise.
Aufgeregt von den nächtlichen Gerüchen im Freien zerrte die Katze an ihrer Leine und zog ihr Frauchen über das nasse Kopfsteinpflaster. »Ist ja gut, Kitty, wir kommen ja schon«, beruhigte sie die Katzendame. Nebel waberte um sie herum. Trotz der Gaslaternen auf dem Weg würde es bald so neblig werden, dass man nicht? mehr sah. BibleMac entfernte sich von der bärtigen Rose und der Dame mit der Katze.
»Wo willst du hin?«, fragte Rose freundlich. »Komm mit uns, du musst auch verarztet werden.«
»Ich muss gehen«, erwiderte BibleMac. »Ich muss herausfinden, wo sie Eve hingebracht haben.«
»Und wie? Wo willst du suchen? Du weißt doch gar nicht, wo sie hingegangen sind.«
»Nein, das weiß ich nicht, aber ich muss sie suchen und mit Calebs und Mr Leightons Hilfe werde ich sie finden.« Er lief den Weg entlang in Richtung der Tore.
»Warte«, rief die Katzendame, »nimm das mit.« Sie wühlte in ihrer Manteltasche herum, während die Katze an der Leine zerrte. Sie holte die Visitenkarte hervor, die Catchpole ihr gegeben hatte.
»Er weiß etwas, dieser Mann. Er ist ein Detektiv und scheint ganz in Ordnung zu sein. Als ich ihn traf, machte er sich auch Sorgen um Eve.« Sie drückte BibleMac die Karte in die Hand. Er lief ein paar Schritte rückwärts.
»Danke, kümmert euch um Jago!«, rief er, drehte sich um, rannte los und war alsbald im Nebel verschwunden.
46
Die Kutsche blieb in Moorgate in der Nähe der alten U-Bahn-Station stehen. Die zerlumpten Männer trugen Eve aus dem Wagen. Nach ein paar Schritten hatten sie die Plakatwände und die Eingangstür passiert und stiegen die Treppe zur alten Schalterhalle hinunter. Eve schaute sich um. Es war eine schäbige Umgebung. Sie versuchte, sich aus den Armen ihrer Entführer zu befreien.
»Ganz ruhig«, sagte der zerlumpte Mann. »Wir sind gleich da. Er hat schon so lange auf dich gewartet -jetzt ist es gleich so weit.«
»In der Tat. Das Warten hat ein Ende, denn jetzt bin ich hier«, sagte eine Stimme aus der Dunkelheit über ihnen. »Hier bin ich, meine Eve.« Eine Gestalt kam ihnen auf der Treppe entgegen. Er schien überrascht zu sein von dem, was er sah, denn er blieb stehen und neigte den Kopf. »Ich war nicht darauf gefasst, dass du so schön sein würdest. Ich konnte mich nicht mehr gut genug erinnern und mein Gedächtnis hat dir unrecht getan. Erinnerst du dich an mich, Eve?« Bewegungslos stand er vor ihr, während ein paar zerlumpte Männer sich hinter ihm drängten, um einen Blick auf dieses sagenumwobene Mädchen zu erhaschen.
Eve sah den jungen Mann an. Er trug einen schwärzen Abendanzug und hatte ein charmantes Lächeln. Und er hatte die gleichen leuchtenden Augen wie sie. Sie war zu schockiert, um sich deutlich an ihn erinnern zu können – aber irgendetwas war da, irgendeine geheimnisvolle Anziehungskraft, die aus den Tiefen ihrer verschütteten Erinnerungen kam, eine seltsame Art von Sympathie, ja sogar von Begehren.
»Aber wo sind meine Manieren geblieben? Ich habe euch von unserer Eve hier erzählt.« Das Phantom drehte sie an den Schultern den zerlumpten Männern zu, die an den Wänden standen. Er küsste Eve zärtlich auf beide Wangen und drückte ihr Kinn nach oben.
»Ah, meine Eve, du bist es wirklich.« Das Phantom zeigte einen Anflug von Schwäche und zitterte, was die zerlumpten Männer niemals zuvor erlebt hatten. »Ich hätte dich überall erkannt, mein Engel, obwohl du schöner geworden bist, als ich es mir je hätte vorstellen können.« Er lächelte.
Der junge Mann hatte ein hübsches, ebenmäßig geschnittenes, blasses Gesicht mit den gleichen lächelnden leuchtend meerblauen Augen wie Caleb. »Und wie groß du geworden bist«, sagte das Phantom.
Dann kniete er sich vor sie hin und schaute zu ihr hoch. Unwillkürlich schenkte ihm Eve ihr geheimnisvolles Lächeln. Sie war verzückt, verzaubert. Der Mann streckte die Hand aus und berührte den kleinen silbernen Ring in Eves rechtem Ohrläppchen. Er fuhr mit der Fingerspitze über ihre Augenbrauen. »Ich habe dich
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