Pastworld
vom Kleiderständer, weiß mit Lochstickerei und kleinen Samtschleifchen.
»Alles extra für dich gemacht, Eve, ganz speziell für dich.«
Unbefangen zog sie die Unterwäsche an und schlüpfte dann in das Kleid. Das Phantom schloss die lange Reihe der Häkchen auf der Rückseite des Oberteils.
»So«, sagte er, »perfekt. Jetzt komm mit mir. Ich möchte dir jemand ganz Besonderen vorstellen.«
47
BibleMac rannte durch die nebligen Straßen und versteckten Gassen, über die eleganten Plätze und durch die Parks der Stadt. Es waren sehr viele Leute unterwegs und ein festlich geschmücktes Buckland Corp. Luftschiff schwebte durch den dunklen Himmel. Er war außer sich vor Zorn über Eves Verschwinden, über seinen verletzten Kopf und seinen verletzten Stolz. Beim Rennen ballte er immer wieder die Fäuste. Er rannte und rannte und seine Wut entfesselte seine Energie.
Er hatte keine Mühe, die Adresse, die auf der Visitenkarte stand, zu finden. Kaum hatte er den Türklopfer betätigt, als die Tür auch schon aufging. Es kam BibleMac so vor, als hätte sie sich allein durch sein Klopfen geöffnet. Zerzaust und nach Luft ringend gab er dem Mann die Karte, der die Tür geöffnet hatte. Catchpole blickte auf seine eigene Karte und zog den Jungen in die dämmrige Diele hinein.
»Tut mir leid, dass es hier so dunkel ist, ich wollte gerade gehen. Woher hast du die?«, fragte Catchpole.
»Die Frau mit der Katze hat sie mir gegeben«, antwortete BibleMac. »Sie hat mir erzählt, dass Sie auf der Suche nach Eve sind.«
»Eve?«, fragte Catchpole.
»Ja, Eve! Sie haben sie mitgenommen. Die zerlumpten Männer sind gekommen und haben sie mitgenommen!«
»Wer bist du?«, wollte Catchpole wissen.
»Ich bin Japhet McCreddie, man nennt mich Bible-Mac. Eve ist meine … eine Freundin. Ich arbeite drüben in Spitalfields für Mr Leighton.«
»Den kenne ich, ich war in seinem Haus. Ich bin Sergeant Catchpole vom Yard.« Er streckte die Hand aus und BibleMac schüttelte sie. »Als ich da war, warst du gerade zusammen mit dem Diener außer Haus.«
»Das war Caleb.«
»Ich weiß«, sagte Catchpole. »Eigentlich war ich seinetwegen da. Sein Vater und deine Eve stehen irgendwie miteinander in Verbindung. Aber ich hab jetzt keine Zeit für Erklärungen. Kommst du mit mir? Wir müssen etwas Wichtiges erledigen. Aber ich warne dich, es könnte sehr gefährlich werden.«
»Deshalb bin ich hier«, sagte BibleMac. »Für Eve tu ich alles.«
Vom Nebel umhüllt gingen sie zusammen auf die belebten Straßen hinaus.
48
Mr Leighton saß an dem großen Tisch im Versammlungsraum, während Caleb die Halfter und Patronengürtel polierte, die auf dem Tisch neben ihm aufgestapelt waren. Draußen spielte eine Drehorgel und man hörte den Lärm der Menschenmassen. Leighton lud diverse Pistolen und Gewehre mit Munition.
Mrs Boulter kam mit einem mit Essen beladenen Tablett herein.
»Stellen Sie es bitte da drüben hin, Mrs Boulter. Danke sehr«, sagte Leighton, ohne aufzusehen.
Mrs Boulter starrte überrascht auf den Haufen tödlicher Waffen auf dem polierten Tisch. »Was um alles in der Welt machen Sie beide da?«, fragte sie. »Ich dachte, Sie würden zu der Abrissparty heute Abend gehen, Sir.«
»Ich verteidige mich selbst, mein Heim und mehr, Mrs Boulter«, sagte Leighton kühl und spähte in den Lauf einer Remington Pistole. »Ich habe keine Zeit für so eine geschmacklose Abrissparty. Nach dem, was kürzlich geschehen ist, nach diesem Raubüberfall, werde ich jetzt der Angreifer sein. Die Buckland-Mitarbeiter tun gar nichts und anständige, ordnungsgemäß zugelassene Personen wie ich werden zur Zielscheibe von illegalem Abschaum wie dem Phantom und seinen sogenannten ›zerlumpten Männern‹. Das reicht jetzt, ich werde mich rächen!« Er hielt ihrem Blick stand, als sie murmelnd und kopfschüttelnd rückwärts aus dem Zimmer ging.
Leighton wartete, bis sie die Treppe hinuntergegangen war.
»Komm essen, Caleb. Ich muss mit dir sprechen.«
Gemeinsam aßen sie Hammelpastete mit Salzkartoffeln, Erbsen und Soße.
»Ich habe Erkundigungen über deinen Vater eingezogen.« Über den Tisch hinweg sah er Caleb an. »In der Geschichte dieses Ortes war er ein sehr wichtiger Mann, ist er ein sehr wichtiger Mann. Ich glaube nicht, dass der Überfall zufällig geschehen ist. Diese zerlumpten Männer hatten einen Grund, deinen Vater zu entführen. Ich bin so gut wie sicher, dass sie ihn nicht umgebracht haben. Sie halten ihn als Geisel
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