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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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erklärt hatte, dass er der Beste sei. Wir hatten nicht nur beim Einsatzkommando zusammengearbeitet, sondern auch bei diversen anderen Fällen zwischen Washington und Baltimore. Ohne mich selbst loben zu wollen: Ich war nicht schlecht an diversen Tatorten. Jerry hingegen ist unglaublich – besser als jeder, der mir jemals begegnet war. Wenn auch nur der Funken einer Chance bestand, ihn als Leiter der DMS-Forensik zu bekommen, wollte ich alle Hebel in Bewegung setzen. Schließlich hatte Church gesagt, ich könne jeden haben, den ich wollte.
    Jerry betrachtete die Reihe von Spinden, hinter der sich Skip versteckt hatte. »Hier hat ein Kampf stattgefunden.« Er ging vorsichtig in die Hocke und musterte den Boden. Dann holte er eine Taschenlampe heraus und richtete den Strahl von verschiedenen Winkeln auf eine Stelle, um die
Schichten aus Staub und Trümmern genauer untersuchen zu können. Er bat Simchek nach Markierern und nahm eine Handvoll kleiner orangefarbener Fähnchen entgegen, von denen er vier auf den Boden vor sich stellte. Er wollte schon aufstehen, als er sich das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen ließ und dann in der Hocke blieb. Nachdenklich kniff er die Augen zusammen. »Nicht schlecht.«
    Simchek und ich blickten einander verständnislos an. Jerry runzelte die Stirn, nahm ein fünftes Fähnchen und platzierte es direkt zwischen der ersten und der zweiten Reihe der Spinde. Erst jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich konnte nicht behaupten, dass ich es auch ohne Jerry bemerkt hätte, aber genau deswegen war Jerry hier. Simchek – ganz so dumm war er wohl doch nicht – hatte es inzwischen auch gesehen.
    »Ist das eine Tür?«, fragte er.
    »Ja«, meinte Jerry geistesabwesend und richtete sich auf. »Du hast gesagt, dass einer deiner Jungs hier am Eingang verschwunden ist. Es gibt keine anderen Zugänge außer den Gang und das Loch, das ihr in die Wand gesprengt habt. Kratzspuren verraten uns, dass er sich hinter der ersten Reihe hier verschanzt haben muss. Trotzdem ist er überwältigt worden. Aber wie? Nun, nehmen wir einmal an, dass er nicht völlig verblödet ist. Er hat sich hinter diesen Spinden verschanzt, weil man von hier aus die beiden Zugänge gut im Auge behalten kann. Also kam ich auf die Idee, dass es noch einen weiteren Zugang geben muss. Und dafür bietet sich wohl eine Tür am besten an. Und voilà ! Aber wir sollten sie auf keinen Fall öffnen, bis die Bombenexperten sie überprüft haben.«
    Ich veranlasste also das Notwendige. Dann gingen wir weiter. Jerry und Simchek blieben allerdings abrupt stehen, als sie einen ersten Blick in den Gang warfen. Die vielen Fliegen versperrten einem beinahe die Sicht, aber man konnte trotzdem die Leichen ausmachen, die wie nach
einem bizarren Tanz auf dem Boden verstreut lagen. Einige waren gegen die Wände gesackt, und Gliedmaßen waren überall verstreut. Im Hintergrund türmte sich ein wahrer Leichenberg auf.
    »Mein Gott …« Simchek verschlug es die Stimme, und er schloss für einen Moment die Augen. Jerrys Knie wurden offensichtlich weich, denn er musste sich gegen eine Wand lehnen. Nach einer kurzen Verschnaufpause nahm er ein Döschen Mentholcreme aus seiner Tasche, schmierte sich ein wenig davon unter die Nase und reichte es dann wortlos an mich weiter. Ich tat es ihm nach und gab die Dose Simchek. Selbst mit dem starken Mentholgeruch direkt unter der Nase war der Gestank beinahe unerträglich. Wir mussten wortwörtlich über die Leichen klettern, um an das andere Ende des Korridors zu gelangen. Das war eine Erfahrung, die ich nie vergessen würde.
    Als wir zu der Stelle kamen, wo die Bombe hochgegangen war, sah ich, dass die meisten Beweismittel wie die Kleidung und die Spielsachen zusammen mit der Hälfte des Alpha-Teams in die Luft gejagt worden waren. Überreste gab es keine. Das Einzige, was man noch ausmachen konnte, waren rote Flecken sowie hier und da ein Fetzen Kevlar. Jerry stand einfach nur da und ließ die Szene vor seinen Augen auf sich einwirken. Er schürzte die Lippen, als ob er pfeifen würde, gab aber keinen Ton von sich.
    Simchek lehnte sich zu mir und flüsterte: »Was ist los? Weiß er nicht weiter?«
    Ohne sich zu uns umzudrehen, meinte Jerry: »Wollen Sie etwa einer Henne erklären, wie sie ein Ei legen soll?«
    Simchek runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
    »Er meint, dass Sie den Mund halten sollen«, übersetzte ich. Simchek sah mich beleidigt an, gab aber keinen weiteren Ton mehr von sich.
    Jerry

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