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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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konzentrierte sich erneut auf das, was er sah, sagte aber ebenfalls nichts mehr. Seine Laune hatte sich nicht
gebessert. Vielleicht erdrückten ihn auch die Dimensionen und das Ausmaß der Katastrophe, mit der wir es hier zu tun hatten.
    Schließlich meinte er: »Das wird noch einen Augenblick dauern, Joe. Ich möchte alleine arbeiten. Okay?«
    »Klar, Jerry.«

74
    Crisfield, Maryland Mittwoch, 1. Juli / 11:54 Uhr
     
    Ich setzte mich Ollie Brown gegenüber an einen Klapptisch. Zwei Minuten lang sah ich ihm in die Augen, ohne ein Wort zu sagen. Er wich meinem Blick nicht aus. Ich erwartete eigentlich, dass er zu schwitzen anfangen, die Augen abwenden oder sich sonst wie herauswinden würde. Doch er tat nichts dergleichen.
    Wir befanden uns in einem kleinen DMS-Wohnwagen. Ollies Gesichtsfarbe war grau vor Erschöpfung, und er hatte tiefe Schatten unter den Augen.
    »Captain, Sie sehen mich so seltsam an«, meinte er schließlich.
    »Und?« »Sie sehen mich so an, als ob Sie ein Problem mit mir hätten.«
    »Und? Habe ich das?« »Was erwarten Sie von mir? Ich gebe ja zu, dass ich Scheiße gebaut habe. Ich weiß, ich habe Scheiße gebaut.«
    Ich wartete.
    Er stöhnte auf. »Ich habe mich überrumpeln lassen. Wenn Sie erwarten, dass ich mich jetzt erkläre oder herausrede, dann vergessen Sie es! Falls Sie mich aus dem Team werfen wollen, dann tun Sie es.«

    »Glauben Sie, dass wir deswegen hier sitzen?« »Wieso denn sonst? Sie lassen mich eine Stunde warten, ehe Sie sich die Mühe machen, zu kommen. Dann setzen Sie sich mir gegenüber und starren mich an. Worum könnte es sonst gehen? Oder … Oder wollen Sie sich etwa an mir rächen, weil ich Ihnen beinahe ein Ohr abgenommen habe?« Ich sagte nichts. »Mist. Hören Sie … Sir … Diese ganze Zombie-Sache lässt Sie vielleicht kalt, aber ich mache mir fast jedes Mal in die Hose, wenn so ein Monster auf mich zukommt. Wir waren drauf und dran, den Kampf da drinnen zu verlieren, und ich malte mir aus, was passieren würde, wenn … Wenn ich gebissen werden würde. Und nach den Kindern gestern in Delaware kann ich diese Bilder nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Also, ja … Da habe ich mich nicht mehr so gut unter Kontrolle. Meine Hände zittern immer noch. Und dann sah ich einen dieser Wiedergänger auf uns zustürzen, und ich drückte ab. Sie bewegten sich in genau dem gleichen Augenblick, und die Kugel hat Sie haarscharf verfehlt. Es war ganz schön brenzlig da drinnen, und ich habe vor Angst nur so geschlottert. So – jetzt habe ich mich total blamiert. Sind Sie jetzt zufrieden?«
    Nein, dachte ich. Und das war ich in der Tat nicht. Ich hatte nicht gewollt, dass sich unsere Unterhaltung in diese Richtung entwickeln würde.
    »Erzählen Sie mir noch einmal, wie Sie überrascht wurden.«
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt! Ihnen zweimal und Dr. Sanchez viermal. Sergeant Dietrich wollte es sogar fünfmal hören. Meine Geschichte wird sich nicht ändern – egal, wie oft ich sie wiederhole. Außerdem ist sie dazu viel zu kurz. Also: Ich spürte ein Brennen im Nacken, und als ich wieder zu mir kam, war ich gefesselt. Ich saß auf einem Stuhl, und irgendein Kerl mit einem Handtuch auf dem Kopf schlug wie wild auf mich ein. Dann
sind Sie, Top und Bunny erschienen. Und den Rest wissen Sie selbst.«
    Ich wartete, aber Ollie machte nicht den Eindruck, als ob er weiterreden würde. Wenn das alles gespielt war, dann verdiente er gehörigen Beifall.
    »Raum zwölf«, sagte ich.
    Ein schlechter Schauspieler wäre jetzt aufgebraust, hätte einen Stuhl durch die Gegend geschleudert und gebrüllt. Ollie jedoch legte seinen Kopf zur Seite und warf mir einen langen Blick zu.
    »Aha«, murmelte er leise und lächelte beinahe. »Darum geht es also.«
    »Genau. Darum geht es.«
    Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Nein«, erwiderte er und sagte kein weiteres Wort.

75
    Crisfield, Maryland Mittwoch, 1. Juli / 12:44 Uhr
     
    Skip war von den Geschehnissen in der Krebsfabrik noch immer mitgenommen. Die Trümmer, die bei Dietrichs Rettungseinsatz auf uns herabgefallen waren, hatten ihre Spuren hinterlassen. Sein Gesicht war voller Wunden, von denen manche so groß waren, dass sie genäht werden mussten. Während er darauf wartete, dass ich endlich anfing, spielte er nervös mit seinen Händen und fuhr immer wieder die Tischkante auf und ab.
    »Mann, das war ein großer Haufen Scheiße – oder?«, meinte er schließlich und lachte unsicher.
    »Wohl wahr«, stimmte

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