Patria
»Alles hier kommt mir vor wie eine Fahrt in einem Güterzug.«
Malone lächelte. »Das trifft es ziemlich genau.«
»Bist du früher oft mit solchen Maschinen geflogen?«
»Andauernd.«
»Du hattest einen ganz schön harten Job.«
Es war das erste Mal, dass sie Verständnis für seinen früheren Beruf zeigte. »Ich wollte es so.«
»Ich fange erst allmählich an, das zu verstehen. Diese verwanzte Uhr macht mich immer noch ganz verrückt. Ich Idiotin hatte doch tatsächlich geglaubt, dass der Typ mich mochte.«
»Vielleicht mochte er dich ja wirklich.«
»Klar. Er hat mich benutzt, Cotton.«
Dieses Eingeständnis schien ihr wehzutun. »Leute zu benutzen gehört zu diesem Job.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Doch ich habe es nie gerne getan.«
Sie trank noch einen Schluck Wasser. »Ich hab dich auch benutzt, Cotton.«
Sie hatte recht. Sie hatte ihn wirklich benutzt.
»Ich hätte dir von Gary erzählen sollen, doch ich habe es nicht getan. Darf ich da den Stab über andere Leute brechen?«
Jetzt war kein guter Zeitpunkt für dieses Gespräch. Aber er sah ihr an, dass das Geschehene sie tief beunruhigte. »Mach dich nicht verrückt. Jetzt bringen wir erst einmal das hier zu Ende, und danach reden wir in Ruhe über alles.«
»Ich mach mich nicht verrückt. Ich will nur, dass du weißt, was ich empfinde.«
Auch das war neu.
Hinten im Flugzeug öffnete sich die Laderampe mit einem nervtötenden Kreischen, und ein kalter Luftzug strömte in die Maschine.
»Was ist los?«, fragte Pam.
»Sie müssen etwas erledigen. Vergiss nicht, sie haben uns nur so nebenbei mitgenommen. Geh ein Stück zurück, und bleib neben dem Lademeister stehen.«
»Warum?«
»Weil man uns darum gebeten hat. Ich komme mit.«
»Wie geht es unserem Freund?«, fragte sie.
»Er ist ganz schön neugierig. Wir müssen beide ein Auge auf ihn haben.«
Er sah zu, wie sie nach hinten ging. Dann ging er zur anderen Seite des Rumpfs und forderte McCollum auf: »Zeit zum Aussteigen.«
Ihm war aufgefallen, dass McCollum Pam und ihn bei ihrem Gespräch beobachtet hatte.
»Weiß sie Bescheid?«
»Noch nicht.«
»Finden Sie das nicht ziemlich hart?«
»Wenn Sie Pam besser kennen würden, würden Sie das nicht denken.«
McCollum schüttelte den Kopf. »Ich glaube, mit Ihnen legt man sich besser nicht an.«
»Das sollten Sie sich für die Zukunft unbedingt merken.«
Malone spürte, dass McCollum verstanden hatte. »Aber sicher, Malone. Ich bin einfach nur der Typ, der Ihnen das Leben gerettet hat.«
»Deswegen sind Sie ja jetzt auch hier bei uns.«
»Wie großzügig von Ihnen, wenn man bedenkt, dass nur ich den Wortlaut des Rätsels kenne.«
Malone nahm seine Outdoor-Tasche, in die er George Haddads Hinterlassenschaft und das Buch über den Heiligen Hieronymus gesteckt hatte. Sie hatten die Sachen am Flughafen abgeholt, bevor sie Lissabon verlassen hatten. Er klammerte das Bündel an seiner Brust fest. »Und das hier haben wir mitgebracht. Wir sind also quitt.«
Auch McCollum klammerte eine Tasche voller Dinge, die sie vielleicht brauchen konnten, an seiner Brust fest. Wasser, Essensrationen und ein GPS-Gerät. Auf der Landkarte war etwa drei Meilen von ihrem Ziel entfernt ein Dorf eingezeichnet. Wenn sie nichts fanden, konnten sie zu Fuß dorthin marschieren und von dort aus irgendwie die zwanzig Meilen zum nächsten Flughafen zurücklegen, der in der Nähe des Mosesbergs und des Katharinenklosters lag, die beide beliebte Sehenswürdigkeiten waren.
Sie setzten Schutzbrillen und Helme auf und gingen nach hinten.
»Was machen die?«, fragte Pam, als er zu ihr trat.
Er musste zugeben, dass sie in dieser Kampfuniform richtig knackig aussah. »Sie müssen mit Fallschirmen etwas abwerfen.«
»Diese Fracht hier? Die werfen sie einfach irgendwo raus?«
Das Flugzeug verlangsamte seine Geschwindigkeit auf 120 Knoten, wenn er es noch richtig in Erinnerung hatte, und zog die Spitze nach oben.
Er setzte Pam einen Kevlarhelm auf und schloss eilig den Kinnriemen.
»Was machst du da?«, fragte sie verwundert.
Während er ihr eine Schutzbrille aufsetzte, sagte er: »Die hintere Rampe ist offen. Deswegen müssen wir das machen. So lauten die Sicherheitsanweisungen.«
Er überprüfte ihr Geschirr und vergewisserte sich, dass alle vier Gurte in der Auslösekappe steckten; den Sicherheits-Check seines eigenen Fallschirms hatte er schon erledigt. Dann hakte er sowohl sich als auch Pam an der Aufziehleine des Flugzeugs fest.
Er sah,
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