Patria
sind schon seit einer Weile hinter uns her. Aber Sie haben ihn ja selbst erlebt. Er ist aus eigenem Antrieb hier. Und nicht für den Orden. Wenn es uns gelingt, ihn zu stoppen, ist die ganze Sache ausgestanden.«
»Was wollen Sie tun?«
»Nicht ich. Sie müssen mitmachen.«
»Ich?«
»Cotton braucht sie. Wollen Sie ihn im Stich lassen?«
Er beobachtete sie, während sie sich die Frage durch den Kopf gehen ließ. Er wusste, dass sie intelligent, impulsiv und draufgängerisch war. Aber auch verletzlich. Und sie machte viele Fehler. Er hatte ein ganzes Leben lang an seiner Menschenkenntnis gearbeitet, und er hoffte, dass er Pam Malone richtig eingeschätzt hatte.
»Auf gar keinen Fall«, sagte sie.
Sabre verließ den Saal der Provinz und machte sich auf den Weg zum Lesesaal, in dem mehr Tische standen und weniger Schriften lagerten. Vom ersten Rundgang wusste er, dass der nächste Saal, der Saal der Ewigkeit, der vorletzte in der hufeisenförmigen Anlage war. Die Malereien an den Fenstern, die Landschaftsgemälde an den Wänden und die speziellen Lichteffekte ließen fast den Eindruck entstehen, im Freien zu sein. Er musste sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass er hier unter der Erde war.
Als er im Lesesaal angekommen war, blieb er stehen.
Es wurde Zeit, sich etwas zunutze zu machen, was ihm vorhin aufgefallen war.
Mit gezückter Waffe drang Malone vor. Er hatte das letzte Magazin eingesetzt, aber darin waren immerhin neun Schuss. In dem Magazin in seiner Jackentasche waren noch drei Patronen, so dass er insgesamt zwölfmal die Chance hatte, McCollum zu stoppen.
Mit hellwachen Sinnen ließ er seinen Blick von Wand zu Wand und vom Boden zur Decke schießen. Seine Brust und sein Rücken waren schweißnass, und er fröstelte in der kühlen unterirdischen Luft. Er ging durch den zweiten Saal und betrat den Gang, der zum nächsten erleuchteten Saal führte, der hinter einer Biegung lag. Währenddessen hörte er nicht das Geringste, und die Stille zermürbte ihn. Doch das Wissen, dass McCollum Gary entführt hatte, trieb ihn weiter. Dieser Drecksack hatte seinen Sohn in Gefahr gebracht. Ihn einfach entführt. Und Malone dadurch gezwungen, einen Mann zu töten. Das durfte nicht ungesühnt bleiben. McCollum wollte den Kampf. Und er sollte ihn bekommen.
Er erreichte den Eingang des dritten Saals.
Er war am Lesesaal angekommen.
Rund zwanzig dunkle abgenutzte Tische aus groben, roh behauenen Brettern standen zwischen den Magazinreihen im Raum.
Malone sah den Ausgang an der gegenüberliegenden Wand.
Der Saal war rechteckig und größer als die vorhergehenden. Seine Längsseite maß etwa zwanzig Meter. Byzantinische Fliesen und Wandsockel und Mosaike schmückten die Wände. Die Mosaike zeigten Frauen beim Spinnen, Weben und Sport. Er riss seinen Blick von den Kunstwerken los und konzentrierte sich auf sein Problem. Er erwartete, dass McCollum jeden Moment zwischen den Tischen aufspringen würde. Er war darauf vorbereitet. Aber nichts geschah.
Malone blieb stehen.
Irgendwas stimmte da nicht.
Dann sah er, wie sich auf der anderen Seite des Saals am Fuße der Wand ein dunkler Schatten in dem glänzenden, roten Granit spiegelte. Das Bild war verzerrt, als ob man jemanden durch eine Limonadenflasche anschaut.
Der Schatten war unten am Boden.
Unter den Tischen.
Und dann begriff er.
84
Washington DC
Stephanie hörte den Schuss, wurde aber von keiner Kugel getroffen. Dann sah sie das Loch in Brent Greens Kopf und begriff, was geschehen war.
Sie drehte sich um.
Hinter ihr stand Heather Dixon mit einer Waffe in der Hand.
Greens Körper schlug dumpf auf dem Parkettboden auf, doch Stephanie starrte weiterhin Dixon an, die ihre Waffe senkte.
Hinter der Israelin tauchte jetzt Cassiopeia auf.
»Das wär’s«, sagte Dixon.
Stephanie wandte sich an Cassiopeia. »Was ist passiert?«
»Als du mit Green in Daleys Büroraum gingst, ist sie plötzlich aufgetaucht. Wir hatten recht. Green hat ein paar Freunde bestochen, die draußen warteten. Der Geheimdienst hat sie sich geschnappt, und dann« – Cassiopeia zeigte auf Dixon – »ist sie reingekommen.«
Stephanie verstand. »Sie arbeiten mit dem Präsidenten zusammen?«
»Ich musste Green töten. Dieser Drecksack hätte uns am liebsten alle verkauft. Er und euer Vizepräsident hätten mit ihren Plänen ohne weiteres einen Weltkrieg auslösen können.«
Stephanie hörte einen gewissen Unterton aus ihrer Stimme heraus und fragte: »Was war mit Ihnen und
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