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Patria

Patria

Titel: Patria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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zusammen waren. Er hatte seinen Vater zwar in jungen Jahren verloren, war aber unter der Obhut einer Mutter aufgewachsen, die ihn sehr geliebt hatte. Pams Kindheit war dagegen das reine Chaos gewesen. Ihre Mutter war eine launische Frau voller widersprüchlicher Gefühle gewesen, die eine Tagesstätte geführt hatte. Sie hatte das Familienvermögen gleich zweimal auf den Kopf gehauen und war eine leichte Beute für Hellseher gewesen. Sie konnte ihnen einfach nicht widerstehen, und sie lauschte immer begierig, wenn sie ihr genau das sagten, was sie hören wollte. Pams Vater war ebenfalls ein labiler, haltloser Mensch gewesen, der sich mehr für seine ferngesteuerten Modellflugzeuge interessiert hatte als für seine Frau und die drei Kinder. Vierzig Jahre lang hatte er als Angestellter in einer Eiswaffelfabrik gearbeitet und es dort nur zum Abteilungsleiter gebracht. Loyalität und mangelnder Ehrgeiz waren die Eigenschaften, die für Malone seinen Schwiegervater ausgemacht hatten, bis zu dem Tag, als die Tagesration von drei Päckchen Zigaretten bei diesem schließlich zum Herzstillstand geführt hatten.
    Bis zur Begegnung mit Malone hatte Pam kaum Liebe oder Geborgenheit erfahren. Sie geizte mit Gefühlen, verlangte aber Hingabe vom anderen, und sie hatte immer weit weniger gegeben als sie selbst forderte. Doch es hatte nur Ärger gebracht, wenn er sie darauf hinwies. Als er dann in den ersten Jahren ihrer Ehe fremdgegangen war, hatte das nur ihre Überzeugung bestätigt, dass sie sich auf nichts und niemanden verlassen konnte.
    Nicht auf Mütter, Väter, Geschwister und erst recht nicht auf Ehemänner.
    Alle hatten versagt.
    Deswegen hatte auch sie versagt.
    Sie bekam ein Kind nach einem Seitensprung und schaffte es nicht, ihrem Mann zu erzählen, dass er nicht der Vater war. Und anscheinend bezahlte sie immer noch für dieses Versagen.
    Vielleicht sollte er nicht so hart zu ihr sein. Aber um etwas zu verändern, brauchte es beide Seiten, und Pam schien – bis jetzt zumindest – kein gesteigertes Interesse daran zu haben, sich mit ihm zu arrangieren.
    Der Mörder verschwand von seinem Fensterplatz im Café.
    Sofort war Malone wieder ganz bei der Sache.
    Er beobachtete, wie der Mann aus dem Café kam, zu seinem geparkten Wagen ging, einstieg und losfuhr. Malone verließ seinen Platz, rannte durch die Gasse und erblickte Pam.
    Er überquerte die Straße und sprang auf den Beifahrersitz. »Schnell, starte den Motor, es geht sofort los.«
    »Ich? Warum fährst du denn nicht?«
    »Keine Zeit. Da kommt er schon.«
    Er sah, wie der Volvo auf die Küstenstraße einbog und vorbeiflitzte.
    »Los«, drängte er.
    Da folgte sie ihm.

    George Haddad betrat seine Londoner Wohnung. Wie immer nach dem Besuch in Bainbridge Hall war er frustriert, und so achtete er nicht darauf, dass sein PC neue E-Mails anzeigte, und setzte sich an den Küchentisch.
    Seit fünf Jahren galt er als tot. Zu wissen, aber gleichzeitig nicht zu wissen. Zu verstehen, aber gleichzeitig verwirrt zu sein.
    Er schüttelte den Kopf.
    Was für ein Dilemma.
    Er sah sich um. Seine Wohnung hatte immer beruhigend auf ihn gewirkt, doch damit war es nun vorbei. Es war eindeutig Zeit. Andere mussten Bescheid wissen. Diese Enthüllung schuldete er jedem Menschen, der in der nakba gefallen war, jedem, dessen Land gestohlen und dessen Haus enteignet worden war. Und er schuldete sie den Juden.
    Jeder hatte ein Recht auf die Wahrheit.
    Sein erster Versuch vor einigen Monaten war anscheinend fehlgeschlagen. Darum hatte er es gestern noch einmal versucht.
    Und jetzt wählte er zum dritten Mal eine ausländische Nummer.

    Malone beobachtete die Straße vor ihnen, während Pam über die Küstenstraße südwärts in Richtung Kopenhagen raste. Der Volvo war knapp einen Kilometer vor ihnen. Malone hatte mehrere Wagen überholen lassen, um Sichtschutz zu haben, Pam aber mehrmals ermahnt, nicht zu weit zurückzufallen.
    »Ich bin keine Agentin«, sagte Pam, den Blick starr auf die Windschutzscheibe gerichtet. »Ich hab so was noch nie getan.«
    »Habt ihr das beim Jura-Studium nicht gelernt?«
    »Nein, Cotton. Hast du das beim Spion-Studium gelernt?«
    »Ich wünschte, es hätte so ein Studium gegeben. Aber für mich gab’s nur die harte Schule der Praxis.«
    Der Volvo beschleunigte, und Malone fragte sich, ob sie entdeckt worden waren. Doch dann sah er, dass der Wagen einfach nur überholte. Er bemerkte, dass Pam ebenfalls zum Überholen ansetzte. »Nicht. Falls er nach

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