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Patria

Patria

Titel: Patria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Berry
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eckigen Gesicht. Die braunen Augen leuchteten auf, als er seinen Gast erblickte, und Malone bemerkte in dem breiten Begrüßungslächeln einen Anflug unterdrückter Erregung.
    »Cotton. Was für eine Überraschung. Ich habe erst vor kurzem an dich gedacht.«
    Sie wechselten einen herzlichen Händedruck, dann stellte Malone Pam vor. Haddad bat sie herein. Das Tageslicht wurde von dicken Spitzenvorhängen gedämpft, und Malone betrachtete die Einrichtung, die wild zusammengewürfelt wirkte. Es gab ein Klavier, mehrere Regale, Sessel, Lampen mit gefältelten Seidenlampenschirmen und einen Eichentisch, auf dem zwischen Büchern und Stapeln von Papieren ein Computer stand.
    Haddad breitete die Arme aus, als wollte er dieses Durcheinander umarmen. »Meine Welt, Cotton.«
    Die Wände waren mit so vielen Landkarten gespickt, dass die salbeigrüne Tapete kaum noch zu sehen war. Malone, der die Karten rasch, aber aufmerksam überflog, stellte fest, dass sie das Heilige Land, Arabien und den Sinai abbildeten, und zwar von der Antike bis heute. Manche Karten waren Kopien, andere Originale, doch alle waren sehr interessant.
    »Noch eine meiner Obsessionen«, sagte Haddad.
    Nachdem sie eine Weile geplaudert hatten, beschloss Malone, zur Sache zu kommen. »Die Lage hat sich geändert. Deswegen bin ich hier.« Er berichtete von den Ereignissen des Vortags.
    »Ist mit deinem Sohn alles in Ordnung?«, fragte Haddad.
    »Es geht ihm gut. Vor fünf Jahren habe ich keine Fragen gestellt, weil das zu meinem Auftrag gehörte. Heute stellt die Lage sich für mich völlig anders dar, und ich möchte wissen, was los ist.«
    »Du hast mir das Leben gerettet.«
    »Und damit sollte ich mir die Wahrheit verdient haben.«
    Haddad führte sie in die Küche, wo sie sich an den ovalen Küchentisch setzten. Die abgestandene Luft roch nach Wein und Tabak. »Die Sache ist kompliziert, Cotton. Ich selbst verstehe sie auch erst seit einigen Jahren.«
    »George. Ich muss alles wissen.«
    Ein unbehagliches Schweigen trat ein. Alte Freunde konnten sich auseinanderleben. Menschen änderten sich, und was zwei Menschen einmal verbunden hatte, konnten sie später als trennend empfinden. Aber Malone wusste, dass Haddad ihm vertraute und dass er ihm etwas zurückgeben wollte. Schließlich fing der alte Mann an zu reden. Malone hörte zu, wie Haddad ihnen von 1948 erzählte, als er als neunzehnjähriger palästinensischer Widerstandskämpfer versucht hatte, das Vordringen der Zionisten aufzuhalten.
    »Ich habe viele Menschen erschossen«, berichtete Haddad. »Doch es gab einen unter ihnen, den ich niemals vergessen werde. Er wollte meinen Vater aufsuchen, der sich unglückseligerweise kurz zuvor das Leben genommen hatte. Wir ergriffen also diesen Mann, den wir für einen Zionisten hielten. Ich war jung, voller Hass und ungeduldig, und dieser Mann erzählte nur Unsinn. Also erschoss ich ihn.« Haddads Augen wurden feucht. »Er war ein Hüter, und ich habe ihn getötet, ohne etwas von ihm zu erfahren.« Der Palästinenser stockte. »Und dann, gut fünfzig Jahre später, geschieht das Unglaubliche, und ein anderer Hüter sucht mich auf.«
    Malone fragte sich, was das zu bedeuten hatte.
    »Er kam zu mir nach Hause, stand im Dunkeln vor mir und sagte mir dasselbe wie damals jener Mann im Jahr 1948.«

    »Ich bin ein Hüter.«
    Hatte Haddad richtig gehört? Die entscheidende Frage schoss ihm sofort durch den Kopf: »Von der Bibliothek? Werde ich eingeladen?«
    »Woher wissen Sie davon?«
    Er erzählte dem Boten, was sich vor langer Zeit zugetragen hatte, und während er sprach, versuchte Haddad, sich ein Bild von seinem Gast zu machen. Er war ein drahtiger Mann mit rabenschwarzem Haar, einem mächtigen Schnauzbart und gegerbter, sonnenverbrannter Haut. Er war geschmackvoll, aber unauffällig gekleidet, und sein Benehmen passte zu seinem Äußeren. Ähnlich wie damals bei dem ersten Boten.
    Der jüngere Mann saß schweigend da, und Haddad beschloss, diesmal auch die Ruhe zu bewahren. Schließlich sagte der Hüter: »Wir haben Ihre Artikel und Ihre Forschungsberichte gelesen. Ihr Wissen über die alten Bibeltexte ist ebenso beeindruckend wie Ihre Fähigkeit, die hebräischen Ursprungstexte zu interpretieren. Auch Ihre Argumente gegen die allgemein anerkannten Übersetzungen sind überzeugend.«
    Haddad wusste die Komplimente zu schätzen. In der West Bank äußerte man sich nur selten anerkennend über seine Arbeit.
    »Wir sind eine uralte Gruppe. Vor langer Zeit rettete

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