Patria
dass ich eine so einleuchtende Bitte abschlagen könnte?«
Haddad trat zu einer Wandkommode und streckte die Hand nach einer Schublade aus. »Da drin liegt ein Kissen, auf das ich mich beim Beten knie. Darf ich es herausnehmen?«
Adam zuckte die Schultern.
Haddad zog die Schublade langsam auf und holte mit beiden Händen ein hochrotes Kissen heraus. Damit trat der alte Mann an eines der Fenster und ließ das Kissen zu Boden fallen.
Dann war die Pistole zu sehen.
Fest umklammert von Haddads rechter Hand.
Stephanie wartete noch immer auf die Antwort auf ihre Frage.
»Haddad bedroht Israels Sicherheit«, sagte Dixon. »So war es vor fünf Jahren, und so ist es immer noch.«
»Können Sie das genauer erklären?«
»Warum fragen Sie das denn nicht Ihre eigenen Leute?«
Stephanie hatte gehofft, dieser Art von Fragen ausweichen zu können, entschied sich nun aber für eine ehrliche Antwort. »Es gibt da gewisse Differenzen.«
»Und worum geht es Ihnen?«
»Einer meiner ehemaligen Agenten ist in Schwierigkeiten geraten. Ich bin entschlossen, ihm zu helfen.«
»Cotton Malone. Wir wissen Bescheid. Aber Malone wusste, auf was er sich einlässt, als er Haddad versteckte.«
»Sein Sohn aber nicht.«
Dixon zuckte die Schultern. »Mehrere meiner Freunde sind bei Terroranschlägen ums Leben gekommen.«
»Das kommt mir ein bisschen scheinheilig vor, finden Sie nicht?«
»Überhaupt nicht. Die Palästinenser lassen uns kaum eine Wahl.«
»Sie tun genau dasselbe wie die Juden 1948«, ließ Stephanie sich hinreißen zu sagen.
Dixon lächelte affektiert. »Hätte ich gewusst, dass wir schon wieder mit dieser Diskussion anfangen, wäre ich nicht gekommen.«
Stephanie wusste, dass Dixon nichts über den Terrorismus der späten Vierzigerjahre hören wollte, der ursprünglich stärker von den Juden als von den Arabern ausgegangen war. Doch so schnell würde sie nicht lockerlassen. »Wir können uns gerne wieder über das King-David-Hotel unterhalten, wenn Sie Lust haben.«
Diese Örtlichkeit in Jerusalem hatte den Briten als Hauptquartier des Militärs und der Kriminalpolizei gedient. Nach dem Überfall auf das Jerusalemer Büro einer jüdischen Organisation, bei dem vertrauliche Dokumente beschlagnahmt und ins Hotel gebracht worden waren, rächten sich militante Kämpfer im Juli 1946 mit einem Bombenanschlag. Es hatte einundneunzig Tote und fünfundvierzig Verletzte gegeben. Fünfzehn der Getöteten waren Juden gewesen.
»Die Briten wurden gewarnt«, entgegnete Dixon. »Was können wir dafür, dass sie die Warnungen ignorierten?«
»Was spielt es für eine Rolle, ob sie vorher einen Anruf erhielten oder nicht?«, fragte Stephanie. »Es war jedenfalls ein terroristischer Akt – Juden gegen Briten –, mit dem ihr euer Anliegen gewaltsam durchsetzen wolltet. Die Juden wollten, dass die Briten und Araber Palästina verlassen, und sie waren dabei in der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich. Sie haben genau dasselbe getan, was die Palästinenser seit Jahrzehnten versuchen.«
Dixon schüttelte den Kopf. »Ich habe die Nase voll von diesen beschissenen Beschuldigungen. Die nakba ist ein Witz. Die Araber haben Palästina in den Vierzigerjahren aus freiem Willen verlassen, weil sie Angst hatten. Die Reichen gerieten in Panik, und der Rest der Menschen ging, weil sie von den arabischen Führern dazu aufgefordert wurden. Alle waren fest überzeugt, dass man uns innerhalb weniger Wochen plattmachen würde. Wer ging, wanderte nur ein paar Meilen weiter in einen der benachbarten arabischen Staaten. Und keiner, auch Sie nicht, sprach jemals von den Juden, die mit Gewalt aus ebendenselben arabischen Staaten vertrieben wurden.« Dixon zuckte die Schultern. »Da denkt anscheinend jeder: Was soll’s? Was gehen die uns an? Aber die armen, bemitleidenswerten Araber. Was für eine Tragödie.«
»Nimm jemandem sein Land weg, und er wird dich für immer bekämpfen.«
»Wir haben niemandem etwas weggenommen. Wir haben das Land gekauft, und der größte Teil davon war unkultiviertes Sumpfgebiet oder Buschland, das keiner wollte. Außerdem waren achtzig Prozent der Araber, die von dort weggingen, Bauern, Nomaden oder Beduinen. Und die Landbesitzer, die das ganze Theater machten, lebten weit weg in Beirut, Kairo und London.«
Diese Argumente kannte Stephanie schon. »Die israelische Parteilinie ändert sich wohl nie.«
»Die Araber hätten damals nur die UN-Resolution von 1947 akzeptieren müssen, in der zwei unabhängige Staaten gefordert
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